Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Nur der Mann…
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Dann waren da die anderen.
— Eine Privatgruppe und mithin ein paar waschechte New Age-Veteranen mit ihren fresh-hippen Padawans im Schlepptau.
Jenem illustren Ensemble schlossen Alan, Dennis, Patricia und ich uns an, da sie wie auch wir einen Tag mehr Wandern gebucht hatten, während der Rest unserer anfänglichen Homies den gleichen Weg wieder zurückdackelten, diese bekackten Amateure.
WIR dagegen besuchten noch zwei weitere Maya-Stätten: Nakbe und La Florida, die nach El Mirador jedoch etwas antiklimaktisch wirkten.
Aber das war mir egal. Auch wenn nur Idioten mit dabei gewesen wären, das alles wäre mir gleich gewesen, solange zumindest Patricia am Start gewesen wäre. Gewesen. Wäre.
Was für ein Deutsch.
Gestudierte Chemikerin, angehend studierende Physikerin, hoffentlich ewige Studentin, Segelfliegerin, ehemalige Bauch- und Pole-Dancerin, hmm eine Kampfsportart war da auch dabei, das Ganze serviert mit einer kurios nervösen Energie, ganz kurzen Haaren und einer so offenen Attitüde, wie das Fenster Läden hat. Was braucht man mehr für einige kurzweilige Stunden der angeregten Unterhaltung im Busch?
In Wirklichkeit zerlegten wir in den paar Tagen die Welt und setzten sie wieder zusammen, entdeckten Gemeinsamkeiten und was man halt so macht beim ernsthaften Schnacken. Das ging so weit und so schnell, dass Omida mit ihrem süßen estländischen Akzent nicht darüber hinweg kam, dass wir beide uns erst seit drei Tagen kannten und beäugte uns die ganze Zeit verstohlen und in einer Art wohlwollend misstrauisch.
Außerdem wohnt sie in Wuppertal, und das ist grandios, weil da muss ich immer an Loriot denken und den glücklichen, etwas konfusen Lottogewinner, der mit seinem Geld in Wuppertal eine Herrenboutique eröffnen will. Ich war noch nie dort, aber jetzt habe ich das Gefühl, die Stadt besser zu kennen als München.
Trotzdem und gerade deswegen gefielen mir jedoch auch unsere „silent walks“ durch’s Dickicht entlang der schmalen Pfade, die nur spärlich, doch dafür einen umso kostbareren Schatz aus Sonnenlicht zu Gesicht bekamen.
Ich kann sowieso nicht allzu lange Konversation betreiben, Pausen sind mir wichtig, sonst wird der Hals schnell rau und die Birne matschig.
Aber das kollektive und demonstrative Treehuggen an einem besonders stolzen Ceiba-Exemplar war mir dann wohl etwas zuviel. Nichtsdestotrotz gefiel uns die Zeit mit den Hippies sehr gut, trotz anfänglicher Missverständnisse und einiger weniger erbaulicher Momente, als die Gruppen noch getrennt waren.
Obwohl jene unrühmlichen Vorkommnisse ein paar Leuten in unserer ersten Gruppe, die etwas fester auf dem Boden der scheinbaren Tatsachen standen, gehörig auf den Zeiger und gegen den Strich gingen und es zu einigen heimlichen Frotzeleien und verstohlenen Blicken kam, stellte sich am Ende heraus, dass sie doch ganz umgängliche und geradezu famose Zeitgenossen waren mit soviel Liebe und Freundlichkeit, dass sie damit eine ganze Kleinstadt mit Zuneigung versorgen könnten.
Man muss eben gut auf die energetische Balance in einer Gruppe aufpassen, was auch irgendwo durchaus einsehbar ist. Nur sollte man es halt gut und einfühlsam kommunizieren, vor allem mit Leuten, die bei dem Wort „Energie“ eher an Vattenfall und Gundremmingen denken.
Selbst Patricia war zu Beginn verständlicherweise aufgebracht, als sie den Bus wechseln musste, da sie es in ihrer arroganten Frechheit gewagt hatte, das geweihte Vehikel der Privatgruppe zu besteigen. Wie konnte sie nur?
Und das um fünf Uhr morgens, wo noch nicht mal die Hähne krähen. Das kann einem schon mal das Frühstück versauen.
Und subtile Bemerkungen wie „Was? Die bekommen das gleiche Essen wie wir?“ helfen da nicht unbedingt, wobei mir dies lediglich als übles Gerücht zu Ohren kam.
Ja, es kann durchaus schwierig sein mit Leuten, die es schwer mit sich haben. Solcher Art ist leider oft die Problematik mit spirituellen Menschen.
Ich denke schon, dass viele auf diesen höchsten und bedeutendsten aller Pfade allein durch eine gehörige Portion aus Schmerz und Leid geraten, ich selbst nicht ausgenommen zu Zeiten. Die Armen werden sozusagen emotional zu ihrer eigenen Göttlichkeit geprügelt: ohne Motivation kein Handeln, ohne Ursache keine Wirkung.
Da kann es schon mal sein, dass man entnervt mit den Augen rollt und sich denkt: „Freak!“. Die Ironie aber ist, dass man ja genau das am anderen Menschen nicht ausstehen kann, ja mit Haut und Haaren ekelhaft findet, was er einem spiegelt, nämlich die höchst eigenen Charakterzüge, die man wie einen Schandfleck an sich empfindet, die man weg haben will und sie deshalb mit aller Gewalt abstößt, sie – isoliert.
Und das kann nur in Schizophrenie und Verbitterung enden, wenn man nicht einen satten U-Turn hinlegt und endlich anfängt, genauer hinzuschauen, auch wenn es sich erst mal anfühlt, als ob man recht unbeholfen an einem eingewachsenen Zehennagel herumfingert.
Das wiederum muss man ihnen lassen, egal wie durchgebraten und abgedeichselt, egal wie asozial und inkonform sie einem manchmal vorkommen.
Denn im Gegensatz zu den zahlreichen, ja mannigfaltig verklemmten Stirnrunzlern und Hohlhandtuschlern haben sie immerhin den niemals zu unterschätzenden Mut, sich selbst schonungs- und wehrlos gegenüber zu treten.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht