Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Vom Atem…
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Neue und schöne Menschen lernte ich da kennen im Funky Dodo, nicht zuletzt jenes schreckliche und bezaubernde Pärchen aus San Francisco. Zu wild waren sie, ihre Kraft und strotzende Energie drohten mich hinweg zu fegen, nur schwankend hielt ich Stand. Mit aller Macht entging ich dem Untergang, strampelte prustend an die Oberfläche eines tobenden Meeres, das ihre Herzen entzündet hatten.
Ich dachte doch glatt, ich hätte dort auch die Schwester der zuckersüßen Engländerin getroffen, die ich während jener glorreichen Zeit im Om Santi kennengelernt hatte, sie sahen sich so ähnlich. Aber das war auf einem anderen Kontinent, in einem anderen Leben.
Ich wanderte durch den Dschungel, vorbei an frühlingsgrünen Farnhängen, stieg achtsam über grün wackelnde Ameisenboulevards, um sie nicht zu stören in ihrem Fleiß. Ihr unablässiges Schaffen hatte breite Furchen geschlagen im fruchtbaren und dunkelschwangeren Erdboden des Urwalds. Sonnenlicht drang durch das allgegenwärtige Blätterreich, das einem Gemälde von M.C Escher glich.
Palmen fächerten majestätisch ihre stolzen, vielfingrigen Arme in die Luft, immer weiter, immer frecher stachen sie ins flirrende Blau des Himmels, der besudelt war mit Unheil verkündeten Bastionen aus Regenwolken, die den Tag verdunkelten.
Ich fühlte mich sichtlich besser und leichter im Verlauf dieser Tätigkeiten, doch sind sie nur Ablenkungen, Zerstreuungen von der entsetzlichen Schönheit der Wirklichkeit.
Nichts als Täuschungsmanöver, um dem sengenden Leben zu entgehen wie ein Fisch, der verzweifelt versucht, an Land zu springen und erst zu spät merkt, dass der scheinbar feste und sichere Erdboden nur eine weitere Maske, eine weitere Verkleidung des einen, altvorderen Elements darstellt.
Doch all jene Zweifel und zermürbenden Gedanken verwehten wie trockene Blätter im Wind in dem einen kristallenen Moment unter dem klatschenden und nasskalten Inferno des Wasserfalls irgendwo in den Niederungen von Cocks Coomb, als ich vor lauter Liebe und sprudelndem Glück den herrlich rauen und doch bitterzarten Fels vor mir innig und aufrichtig küsste, während das kalte, frische Quellwasser meine Lippen belebend umspülte.
Hell erklang da mein Lachen, und meine Seele breitete machtvoll ihre Flügel aus und flog wie ein klar funkelnder Pfeil davon in purem Gleichklang mit der Schöpfung. Um mich toste und brandete die Erde, die Bäume und Sträucher in der feuchtgrünen Wildnis standen stumm dabei und schauten zu.
Weiter oben stemmten sich Victoria Peak und der Outlier, steinerne Bundesgenossen, hünenhaft gegen das alles verschluckende Ästermeer des Dschungels. Doch Wurzel und Stamm hatten diesen Kampf vor langer Zeit bereits gewonnen. Wie geschlagene und eroberte Riesen erhoben sie ihre begrabenen Knochen wie ein Denkmal der Kapitulation flehend zum Himmel.
Der Ausblick über die geschwungenen Kämme des Hügellandes war wunderschön. Sinnliche Kurven aus fraktaler Geometrie erzählten Geschichten aus weiter Ferne, erinnerten mich erneut an meinen ehernes Abkommen.
Leider vergaß ich das aktuellere, drängendere mit dem Funky Dodo zu verlängern, weshalb ich meine letzte Nacht in Hopkins gemütlich im Sand des Innenhofs verbrachte, da mir die Hängematte nicht so recht schmecken wollte.
Das war am Abend der verhinderten Garifuna-Trommeln, stattdessen umflatterte uns in der Strandbar solider und altschöner Reggae, live und lebendig.
Die Zwei aus San Fran so frei, so ganz, in meiner Schau beneidete ich sie. Sie waren wunderschön, perfekt.
Gerne werde ich mich der wärmenden Gespräche am Morgen erinnern bei Kaffee und Zigaretten, so ganz anders als bei Jim Jarmusch.
Das Dodo streckt sich gemächlich, die Zeit gerinnt. Ein verlassener Bus rostet im Gebüsch, langsam trocknet der stinkende Teer, die Bretter der Stelzenhäuser biegen sich unter der drückenden Mittagshitze, Staub verklebt die Sicht, die Schule ist aus.
Aber der To, der To, der muss weiterziehn.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht