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Rastlos

Was immer aus dem einstmaligen Idyll vor Belize’s Küste auch geworden sein mag, es reichte noch immer für einige schöne Stunden in einem kleinen Café mit Blick auf’s Meer und zwei hinreißenden Bedienungen sowie feurigen Sonnenuntergängen zwischen ominös leuchtenden Wolkenbänken, die der pfeifende Wind im Gebälk über die Insel trieb, nichtsahnend und immun gegen den träge blubbernden Brei des Lebens auf dem kleinen Sandhügel, der da unten frech aus dem Wasser glotzt.

So heißt im übrigen eine winzige Ortschaft, die Danny und ich auf der Fahrt von Orange Walk nach Belize City passierten: „Sand Hill“. Dabei gab es dort nicht einmal einen Hügel.
Aber dieser Umstand allein macht schon den besonderen Charme dieses Landes aus und legt Zeugnis ab für den Wert einer Reise in diesen winzigen Zipfel der zentralamerikanischen Landbrücke.

Ernsthaft

Namensgebungen wie „Andadewata“ für einen Tauchshop oder Bars wie „Mom’s Backyard“ und „Malfunction Junction“ an einer Wegkreuzung in den Maya Mountains, alle flüstern vom sanften und in aller Bescheidenheit deftigen Humor seiner radioaktiv entspannten Einwohner mit einer Halbwertszeit von zweieinhalb Schöpfungszyklen. Sie reden nicht nur so, sie schreiben es auch genauso hin. Fantastisch!

Ein alter Reisegenosse von Danny gesellte sich eines Abends zu uns, halb Chilene, halb Kanadier und eine verpeilte Trödelnase vor dem Herrn.
Ein recht ungleiches Paar waren die beiden; wie lange diese schräge Hochzeit wohl dauern mag? Schon am Tag ihrer Abreise zeichneten sich Falten der Ungeduld auf Danny’s Stirn ab, kein gutes Zeichen.

Ungleich

Ich lag in ihren Ketten, ohne dass die beiden etwas davon ahnten, denn ich fühlte mich verpflichtet, etwas mit ihnen zu unternehmen, obwohl ich immer weniger Lust dazu hatte.
Auch so ein alter Mechanismus: Für mich wäre es einem Treuebruch gleichgekommen, wenn ich plötzlich angefangen hätte, mein eigenes Ding zu machen, obwohl ich einen derartig absurden Eid nie geleistet hatte und niemand, auch die beiden nicht, je danach verlangen würde.

Jedoch ergab sich an unserem gemeinsamen Tag eine gute Gelegenheit, um aus meinem eigens gesponnenen Kerker auszubrechen und mich in einsamen Spaziergängen durch das Dorf zu ergehen, das unter der Last der Dienstleistungsmaschinerie zu kippen drohte.

Kadaver

Einsame Spaziergänge auf den unterschiedlichen Schau- und Spielplätzen des Menschseins, liebenswert unterhaltsam und so schrecklich banal. Nur halb bewusst gehe ich an ihnen vorbei, vorbei an windschiefen Bretterbruden, scheinbar eingefroren in einem reizenden Stadium endlosen Verfalls, vorbei an sich zersetzenden Stahlkadavern…

Und mitten hinein in eine Wolke abscheulichen Gestanks nach verrottendem Fisch, der mich wie ein unsichtbarer Rammbock mit der Gewalt eines hyperaktiven Chemielabors vor die Brust traf und meine Rippen solange eindrückte, bis sie krachend zersplitterten und sich sengend in meine revoltierenden Eingeweide gruben. Oder so.

Erinnerung

Ich taumelte zurück und flüchtete den südlichen Strandabschnitt entlang zu anderen Höllen und Schlangennestern.
Einsame Spaziergänge und blickloses Schauen, konsumierte Naturschauspiele und fraktaler Zerfall erinnerten mich in der Folge an einen alten Vertrag, eine Verpflichtung, die ich einging vor der Zeit, in der Morgendämmerung des Geistes, als die Gedanken explodierten.

Warum also Tränen vergießen wegen alter Bündnisse? Genauso gut kann ich meine eingebildeten Höllenqualen umarmen, mich an ihnen ergötzen, sie lieben und mich gänzlich verbrennen lassen im Feuer der Reinigung, um Platz zu machen für den furchtbaren Phönix, der die Welt erneuert.

Fraktal

So necke ich Gottes Rattenschwanz wie ein aufgeregtes und neugieriges Katzenjunges, blind und taub in seiner frisch geschlüpften Ahnungslosigkeit.
Denn durchaus vermag er wie eine reißende Peitsche in mein entzündetes Fleisch zu schneiden, bis am Ende nur noch Ideenfetzen aus Blut und Knochen übrig sind, welche die Erde tränken und nähren.

Und so erstehe ich selbst, grausamer und prachtvoller als je zuvor, bevor ich erneut vergehen muss wie ein Meteor aus Karbon und Eis im gelangweilten Flackern eines Sterns.
Ja, sowas kann schon mal passieren, wenn man zu lange auf das Abendessen warten muss.

Eines Abends zum Beispiel fand ich in einem urigen, kleinen Restaurant heraus, dass ich Schneckenmuschelsuppe nicht ausstehen kann. Dafür war die Gesellschaft unterhaltsam: ein glatzkopferter und tätowierter* Haderlump, der pausenlos nur über Dope schwärmte sowie eine pralle Australierin mit verheißungsvollen Lippen und Kurven, in denen selbst Warnschilder aus dem Ruder laufen.

Unwirklich

Ihre Augen funkelten gefährlich unter ihren hellrot flammenden Haaren und verbargen eine kalt schwelende Unsicherheit, bereit hervorzubrechen in Zeiten der Schwäche. Da gab es noch zwei andere Gestalten, die jedoch im zwielichtigem Glanz der Erstgenannten verdorren mussten.

*Müßig, das auch nur zu erwähnen. Heutzutage wirkt man exotischer und erregt mehr Antoß, wenn man nicht vollgepinselt und durchlöchert durch die Gegend pfaut.
Beseelt von einem Sonnenuntergang aus roten und goldenen Eskapaden, die den wund glühenden Himmel erbarmungslos folterten, saß ich ruhig dabei und hörte ihnen geduldig zu. Aber die Suppe schmeckte immer noch zum Kotzen.

Aktiv

Die nördliche Hälfte der Insel jenseits der breiten Wasserfurche des Split lockte heimtückisch, doch ich brachte es nicht über mich, meine Badehose anzuziehen.
Wieviel ein Grundstück hier wohl kosten mag? — Aber nein, ich müsste im allgegenwärtigen Dunst der Apathie eingehen wie eine überwässerte Topfpflanze und unweigerlich mit den Mangrovensümpfen verwachsen.

Hey, vielleicht sind es in Wirklichkeit gar die Seelenleichen verlorener Tagträumer, die leichtsinnig und ungeschoren in die Falle tappten…
Oh, es gibt sicherlich einiges zu unternehmen auf Caye Caulker, keine Frage. Im Blue Hole diven, bunte Korallenriffe streifen, Seekühe melken und zwischen Krokodilen stelzen, das alles gehört zum hypnotischen Tanz dieser gigantischen Nymphe aus weißem Sand und gefallenen Kokosnüssen.

Henker

Übrigens, wer seinem Leben mit einem charmanten Sinn für Ironie und in einem letzten trunkenen und torkelnden Orgasmus durch das plumpe Fallbeil einer Kokosnuss beenden mag, der hat hier gute Chancen.

Doch leider ist alles so sündhaft teuer, dass ich Mühe hatte, meinem beleidigten Tatendrang auch nur in die Augen zu sehen. Belize ist nochmal ein spürbares Stück kostspieliger als der Yucatán und straft seine nachlässige Lethargie Lügen.
Gar nicht sexy, mit Verlaub.

 

 

 

Gebacken

Phönix?

Alter Vertrag

 

But different

Reizend

 

 

 

 

 

 

 

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