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Kaffeegang

Ich stand nun vor einem Problem, das sich mir auf meiner ganzen bisherigen Reise nicht gestellt hatte. Denn mit der schwindenden Anzahl an westlichen Touristen tröpfelten langsam aber sicher auch Input und Ideen für potentielle Ziele in den trockenen Rinnstein der Vergangenheit.

Ich wusste tatsächlich nicht, wo ich als nächstes hin sollte. Also, ne? Grob nach Osten Richtung nicaraguanische Grenze, schon klar. Ich wusste auch, dass ich meine heilige Spur nicht verlassen wollte: Ruhe und Abgeschiedenheit, idyllische Spazier- sowie einige Koffeingänge mit Literaturaufgüssen und Kokosraspel.

Inspiration

Aber wo nur könnte ich solch einen schnuckeligen Ort finden? Und wie??
Irritiert und konsterniert tat ich also etwas, das ich mir selbst in meinen wildesten und abscheulichsten Alpträumen nicht hätte ausmalen können:
ich warf einen zögerlichen, vorsichtigen Blick in meinen Reiseführer…

Ja! Ich blickte ihn nicht nur verständnislos an, sondern studierte ihn vielmehr aufmerksam und man könnte sagen: konzentriert. Diese Tatsache allein wäre schon imstande, die Wirklichkeit mehrmals zu spalten, denn etwas derart Unerhörtes ist einfach zuviel für jedwedes kollektive Unterbewusste.

Town Square

Doch was dem ganzen absonderlichen Schauspiel vollends die Nudel aus der Sohle stanzte und Loki’s Krone aufsetzte war die Tatsache, dass ich… wirklich, ich wage es kaum auszusprechen! davon insp… haaa, ins…innnn- inspiriertwurdekruzifix!
Der gnnnnLonely Planet schreibt:

„Happiness is an elusive state, but at least towns like Alegría exist to remind us to stop and smell the rosebushes in the town square. (…) There’s not much to do per se – you can walk the town in half an hour – but a day at the lagoon, or an afternoon cafe-hopping, buying flowers and local crafts, could make for a wonderful rest day between hikes in the surrounding area.“
(L.P., „Central America on a shoestring“, 2016)

Umgebung

Kann denn das die Wahrheit sein? Das- das klingt tatsächlich nach was.
Gut, bei mir eher ein Hike zwischen rest days, aber ansonsten trifft es ziemlich ins Schwarze.
Jesses. Hätte mir mal jemand gesagt, dass ich den Planet zitiere, ich hätte jener unflätigen Person glatt eine gescheuert. Aber gut, wieder eine Schublade weniger.

Denn dieser Tipp entpuppte sich sogar als ein von Fanfaren begleiteter sowie jeglicher Vernunft und Sittlichkeit ins Gesicht spuckender Volltreffer.
Ich öffnete die Box der Pandora; und ich bin mir sicher, dass ein Logenplatz in einer ganz speziellen Hölle bereits für mich reserviert und mollig warm gehalten wird.

Abseits

Immer wieder muss ich innehalten beim Schreiben, denn meine Finger zittern noch immer ganz unkontrolliert und mein Herz, ach mein armes Herz, das flattert ganz nervös und panisch mit seinen Ventrikeln wie ein Vogeljunges, das von seinem unwilligen und unbarmherzigen Elternpaar aus dem Nest gestoßen wird.

Aber nüchtern betrachtet kann man das von zwei Seiten aus betrachten, wie praktisch.
Auf der einen ist es am Ende vielleicht gar kein so großes und ketzerisches Sakrileg, denn manchmal findet sogar ein blinder Planet ein blühendes Korn und ja: bringt einen gar abseits der ausgetretenen Pfade!

Zusammenballen

Teh, wenn die Paradoxie singen könnte, dann hätte sie soeben sämtliche „Zombieland sucht den Superstar“-Wettbewerbe inklusive dem European Klong Contest abgeräumt. Wenn sie sich zusammenballen könnte, dann hätte sie soeben eine neue Galaxie erschaffen; ihr wisst, worauf ich hinaus will.

Anders betrachtet muss es einem wahren Armutszeugnis für die Backpacker-Szene im Zeitalter des Wassermanns gleichkommen, wenn von allen Tipps und Ratschlägen ausgerechnet der Lonely Planet in drei Monaten die einzige Idee hervorbringt, die nicht ausgelutscht und abgewatscht erscheint.

Offbeat

Was ist nur los mit Euch Leuten? Ha? Wenn wirklich jeder nur mit seiner Nase hart an der Koksspur der Guidebook-Highlights klebt und nichts sieht außer Weißbier-Licuados und Banane-Nutella-Spaghetti? In was für einer Welt leben wir dann?
Wie gesagt, man kann es so oder so sehen, und im Zweifel stimme ich zumeist gerne für den Angeklagten – aber in diesem Fall macht mir letztere Sichtweise wirklich viel mehr Spaß.

Na, dann sind wir mal gespannt!
Die Strände im Süden und die Parks im Norden ließ ich also hart links bzw. rechts liegen und rauschte auf Pick-Ups und in Bussen stramm durch die Mitte, über Sonsonnate und San Salvador, nur einen leidlich interessierten Seitenblick konnte ich für El Sal’s Metropole erübrigen.

Seitenblick

Schnickschnack, weiter bis nach El Triunfo und dann endlich scharf rechts ins Gebirge bis zu einem kleinen und halb versteckten Örtchen mit dem reizenden Namen „Alegría“. Das klingt schon gemütlich, und das fühlte sich auch gut an, als ich am frühen Nachmittag von der Ladefläche hopste: Ja… hier bleibe ich.

Zehn Minuten später nannte ich eine schnucklige Cabana in der „Estancia de Daniel“ für zehn Dollar die Nacht inklusive Handtuch und Dusche mein zeitweises Eigen, welche sich heimelig mit anderen Hütten um einen dezent bepflanzten Innenhof gruppierte.
Das erste, was mich die Rezeptionistin mit einem heimtückischen Funkeln in den Augen fragte, war, ob ich denn an Gott glaubte.

Cabanas

Mei, so kann man ein Gespräch auch beginnen.
Ah, aber welch hinterlistige Falle, die sie mir da stellte!
Mein erster gedanklicher Reflex war: „Okaaaay, sie hat die Macht… Was genau will sie jetzt von mir hören?“ Doch kam sie meinem kurzen Zögern zuvor und deklamierte mit Stolz in ihrer wogenden Brust, dass sie das alles ja für ausgemachten Humbug hielt.

Nun tat ich einen beherzten Sprung nach vorn und eröffnete ihr demütig, dass ich mit Religionen zwar auch nicht viel anfangen könne, von „Gott“ als einem verbindenden Prinzip, das in allem schaltet und waltet, jedoch überzeugt sei und es von daher keinen großen Sinn mache, wenn man sich gegenseitig die Köpfe einschlage. Weil man sich dann quasi selbst den Kopf einschlagen täte, aber das könnte Carl Jung wohl, wir haben ihn selig, besser erklären.

Religion

Ängstliches Warten… Doch als mein Redeschwall schließlich eingesunken war, da leuchtete ihr Gesicht erfreut auf, und ein anerkennendes Nicken bekräftigte ihr Einverständnis mit meiner Sicht der Dinge.
Ich hatte die Prüfung bestanden. Sie fragte mich sogar, ob ich Milch in meinen Kaffee möchte. Das war also geregelt. Fein, wo gibt’s Kuchen?

Auch einen der Hunde hatte ich mit ein paar wohl platzierten Kraulgriffen im Handumdrehen um meinen Finger gewickelt. Danach hat der so gebettelt, dass er mir fast in die Hütte gefolgt ist. Nur der kläffende Pudel wollte und wollte keine Ruhe geben, wahrscheinlich haben sie dem sein Gehirn schon auf die Größe eines Maiskorns gezüchtet.

Meditation

Versteckt

Brunnen

Keine Rosen, aber schön

Mirador

Vorort

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