Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Wirbelnde Derwische…
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Das war‘s. Einfach so. Schon reisten die ersten ab. Am darauf folgenden Tag gab es noch eine etwas müde und semi-motivierte Nachbesprechung, dann saßen wir ein letztes Mal auf der Terrasse beisammen und schauten uns gegenseitig an, bevor wir ein letztes Mal an den Matratzen unserer Bleiben horchten.
Tags darauf brachte uns der ratternde Bus direkt zum Flughafen, wo ich die letzten Stunden mit Samweiß und Lithil zusammen verbrachte, bevor unsere Flieger uns zur gleichen Zeit an verschiedene Orte brachten.
So sitze ich nun wieder hier in meinem Zimmer am alten Goetheplatz und weiß verdammt nochmal nicht, wohin mit mir.
Schon des öfteren hörte ich von umgekehrten Kulturschocks. Von Reisenden, die sich nur schwer wieder in der gewohnten Heimat mit ihrem drögen Alltag zurecht fanden.
Ich kann sagen, dass ich bisher stets davon verschont geblieben bin, weil ich mich doch immer wieder neu auf Zuhause gefreut hab.
Doch dieses Mal hängt alles krumm und schief, mein Magen befindet sich im Schleudergang. Alles erscheint irreal und wie ein paar Zentimeter verschoben, ich kriege die Welt um mich nicht richtig fokussiert.
Selbst meine geliebten Bücher- und DVD-Regale erscheinen allzu bedeutungslos und sinnentleert.
Was zum Teufel mache ich hier?
Ganz ehrlich würde ich am liebsten wieder zum Flughafen fahren und in die nächste x-beliebige Maschine steigen. Das fühlt sich nicht nur wie ein harmloser und vorübergehender Kulturschock an.
Nein, das hier scheint tiefer zu gehen und weiter zu reichen.
…Was ist dort nur mit mir passiert?
Meine größte Angst ist, dass ich alles vergesse. Dass all das schwindet und verblasst, wie es mir so oft ergangen ist in den letzten Jahren.
Der graue Alltag verfügt nämlich über jene entnervende Qualität, einen undurchdringlichen Schleier aus lindernder Taubheit über das zuvor Erlebte zu stülpen.
Oh, ich meine damit nicht, dass meine Erinnerungen komplett gelöscht werden.
Nein, vielmehr vermag ich nicht mehr zu fühlen, was ich in vergangenen Situationen und Momenten empfunden habe. Es ist, als ob mein emotionales Gedächtnis soweit gedämpft und heruntergepegelt wird, bis selbst meine wertvollsten Erfahrungen farblos, flach und ohne Substanz erscheinen.
Das macht wohl auch Sinn, denn wenn dieser Effekt nicht eintreten würde, wäre man vor lauter Herzschmerz und Gefühlsausbrüchen gleich immer währenden Sonneneruptionen nicht mehr lebensfähig, und man müsste sich in ein schluchzendes, seufzendes Knäuel verwandeln, das in einer dunklen Ecke seines Zimmers kauert.
Aus dem man freilich bald hinausgeworfen wird, da man seine Miete seit drei Monaten nicht gezahlt hat.
Ja, es macht Sinn, dass Emotionen mit der Zeit ihre Intensität verlieren und man dergestalt „vergisst“.
Aber dieses eine Mal WILL ich nicht vergessen.
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Bitte umblättern: Shanti possible?…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht