Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Zusammenreißen…
———————————————–
Stille, Rückzug, Einsamkeit.
All das versprach die winzige, beinah kreisrunde Landzunge am Südufer des lang gezogenen Lago Petén Itzá inmitten Guatemalas Dschungels, welche die Altstadt von Flores darstellte, nur über einen schmalen Streifen Festland verbunden mit dem eigentlichen Ort.
Sie sah auch sehr idyllisch aus, als ich dort ankam. Im Grunde handelte es sich lediglich um einen kleinen Hügel mit Ringstraßen und kleinen Seitengässchen aus Kopfsteinpflaster, einem Festplatz und der Kirche auf dessen Kuppe.
Es hätte eine geruhsame Zeit werden können, aber aus irgendeinem Grund wurde mir das beharrlich verwehrt.
Unablässig krachten ohrenbetäubende Böller, Autos und Mopeds knatterten unablässig um die äußere Ringstraße und Werbemobile plärrten abstoßende Pop-Schindereien in die Welt, obwohl keiner danach gefragt hatte. Buchstäblich täglich fanden Umzüge statt zu Ehren des Dreikönigsfestes, das in diesen Breiten ausgiebiger gefeiert wird als Weihnachten und Neujahr zusammen.
Die meisten Touristen auf dieser Quarantäne-Einrichtung für realitätsscheue Entdecker, bestehend aus überteuerten Hotels, Restaurants und Souvenirgeschäften, fanden selbstverständlich großen Gefallen an diesem furchtbar kulturellen Treiben. Mir aber ging es weitgehend auf den Zeiger, weil ich mich in meiner eigenen realitätsscheuen Blase befand.
Selbst das „Los Amigos“, augenscheinlich ein weiterer dieser paradiesischen Gärten mit lauschigen Ecken und Liebe zum Detail, hallt wider vom geschäftigen Lärm der Hochsaison, es herrscht ständiges Kommen und Gehen, das abendliche Stimmgewirr steigert sich unaufhaltsam zu einem flirrenden Orkan.
Ein komischer Ort. Hinter einem Steinbrunnen mit plätscherndem Wasser, umrankt von Pflanzen, starrt mich ein riesiger Flatscreen an, auf dem non-stop ein Marketingvideo des Hostels läuft. Das meiste hier ist recht teuer, obwohl Busticket- und Tourenpreise noch von anderen Zeiten künden.
Das Personal ist corporate identitied und verbreitet eine professionelle, aber auch sympathische und lockere Atmosphäre. Es scheint, ich werde Zeuge der Geburt einer anlaufenden Geldmaschine, einer Schlange, die sich anschickt, ihre bescheidenen spirituellen Wurzeln zu verschlingen.
Denn vieles hier atmet noch lebendigere und warmherzigere Zeiten, überall finden sich Artefakte, bestehend aus klassischem Hippie-Dekor, Relikte eines sterbenden Regenbogens.
Die Gäste scheinen kaum etwas davon zu bemerken und konsumieren brav ihre bunten Fruchtcocktails und Hawaii-Burger. Alsdann steuern sie zielbewusst und fahrplanmäßig weiter zum nächsten Shopping Mall aus Eindrücken und Bildern.
Selbstverständlich ist mein Blick noch immer getrübt durch den Blues und die Introvertiertheit der vergangenen Tage. Wahrscheinlich tue ich ihnen Unrecht.
Vielleicht liegt es schlicht und ergreifend daran, dass sie um einiges jünger sind als ich, an einem anderen Ort in ihrem Leben.
Und noch ein Böller kracht und erschüttert meinen Körper bis in die entferntesten Regionen meiner äußeren Hülle, der Schock hallt in meinen Flüssigkeiten nach.
Alldieweil wollte ich nur meine Ruhe haben, zefix. Selbst wenn ich mich auf eines der abseitigen, vom Hochwasser sanft umspülten Mäuerchen setzte, um dem Trubel zu entfliehen, strömten unablässig Menschen vorbei auf ihrem Weg zu den emsigen Motorbooten, die zwischen den einzelnen Ufern hin und her shuttelten. Und natürlich mussten die alle genau an mir vorbei!
————————-
Bitte umblättern: Blickwinkel…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht