Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Zefix Halleluja…
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Ja, ein bissl was gab es schon zu tun. Von da oben entfaltete sich das ganze entrückende Panorama der diesseitigen Atitlán-Region vor unseren schlaftrunkenen Augen, als sich das grauschwarze Zwielicht der Morgendämmerung langsam verdichtete, zunächst nur erhellt von den Straßenlaternen der Dörfer, die sich wie winzige Galaxiehaufen an das sanft ansteigende Seeufer schmiegten.
Dessen fast unheimliche Magie wurde schließlich von einem weit mächtigeren Zauber aufgelöst, als unser gleißender Stern hinter den fernen Kammlinien der Berge emporstieg, die Wolken vom Rand der Welt scheuchte und sie stattdessen in Farben tunkte.
Selbst als gestandene Nachteule konnte ich zu jenem Zeitpunkt auf nicht wenige dieser gravitätischen und vor Pathos triefenden Schauspiele zurückblicken, und doch sind sie jedes Mal auf’s neue ein Wunder.
Potzblitz! Dafür war es wahrhaftig wert, um Drei nachts aufzustehen – was man von der abscheulich wässrigen Brühe nicht behaupten konnte, die sie uns da oben als Kaffee andrehen wollten.
Aber das ist wirklich Nörgeln auf höchstem Niveau, selbst für einen Mitteleuropäer. Immerhin machen sich ein paar selbsternannte Ranger da oben die Mühe, ein Feuer zu entzünden und die paar romantischen Idioten mit einem Frühstücks-Snack zu versorgen.
Zudem wartete weiter unten in San Juan das Las Marias auf uns, welches soeben von den ersten Sonnenstrahlen geküsst und sanft aus seinem Schlummer gesungen wurde.
Jeden Tag frühstückte ich dort ausgiebig und eisern mehrere Stunden lang, bis auf einen, an dem ich einem ganz absonderlichen Heißhungeranfall zum Opfer fiel und mir ein Kilo Erdbeer-Yoghurt im Supermarkt kaufte.
Nun, was sein muss, muss sein, und wer ko, der ko.
Abgesehen von diesem bizarren Ereignis bestand mein heiliges Morgenritual mithin darin, mir eine gigantische und anzüglich duftende Waffel mit Sahne und Ahornsirup zu bestellen, garniert mit viel zu vielen Papaya-Stücken, unter denen sich traurig ein paar abgemagerte Bananenscheibchen versteckten.
Als Dessert dampfte vor mir eine üppige Tasse mit leckerem Mokka, wahlweise versüßt mit einem Hauch Schokolade, Kokos-Karamel oder Mandel, einen Geschmacksverstärker für jeden Tag und dann wieder von vorn. Form wahren, Peter Pan!
Wie gesagt, es gab durchaus ausreichend Möglichkeiten der Zerstreuung, die ich jedoch standhaft zurückdrängte und auf ein absolutes Minimum reduzierte.
Da Alex ihre Beinchen schonen wollte, erklärte ich mich jedoch großzügig damit einverstanden, Patricia bei der Besteigung des imposanten San Pedro-Vulkanes mannhaft zur Seite zu stehen.
Da wir uns aufgrund der bereits beschriebenen Sichtverhältnisse wiederum früh auf die Socken machten, hegte ich die heimliche Hoffnung, dass wir uns etwa um den Eintrittspreis in den „Park“ herummogeln könnten, aber nichts da! Unsere lieben Guatemalteken sind da schon früher aufgestanden und hielten entspannt lächelnd die Tickets in ihren demonstrativ empfangsbereiten Händen.
Dass die einem auch immer und überall das Geld aus der Tasche ziehen müssen! Grad dass sie für das Land an und für sich kein Ticket ausstellen. Das macht Nicaragua. Und Belize fordert eine Entschädigung, wenn man doch tatsächlich wieder raus will.
Spiegel nationaler Psychen.
Naja, dafür kamen wir in das zweifelhafte Vergnügen, uns von einem wiederum „kostenlosen“ Guide auf die Spitze des Vulkans führen zu lassen.
Himmel, man muss halt irgendwie da hoch kommen, da fällt die Wahl der Richtung jetzt nicht sonderlich schwer. Zudem legte der wieder ein Tempo vor, das uns nach fünf Minuten die Lungen in hemmungsloser Schnappatmung gegen die jauchzenden Kniescheiben donnerten. Unser Puls ging so schnell, dass er zu einer sich jagenden Actionsequenz verschmierte, die man reibungslos als Film hätte ablaufen lassen können.
Versteckt keuchend versicherten wir ihm nach einer halben Stunde, dass wir es von hier ab wirklich allein nach oben schaffen würden, gesetzt den Fall, wir seien dazu imstande, die Massenproduktion an Milchsäure einzudämmen, welche dem physiologischen Äquivalent einer industriellen Revolution gleichkam.
Am Ende sah er es gnädig ein, und wir verbrachten die nächsten Minuten damit, unser Köpermilieu zu normalisieren: rasanter Export von Kohlensäure und im Gegenzug umfangreicher Sauerstoff-Import hieß die Devise unserer freiheitlich-anarchistisch geprägten Widerstandsbewegung.
Nach drei Stunden und 1.200 Höhenmetern langten wir schließlich glücklich und einigermaßen aerob oben auf dem Vulkankegel an, machten es uns auf einigen passend drapierten Felsen gemütlich und genossen ausgiebig die nicht minder erhebende Aussicht von 3.000 Metern Höhe.
Ein paar Hippies hatten es schon hinter sich, sie meditierten dösend -oder dösten meditierend- im Staub zwischen den Felsen und ergaben sich gleichmütig ihrem Energie-Lifting, aber das störte uns wenig. Weit und blau spannte sich Atitlán über unser Blickfeld, nur der Himmel selbst konnte sich mit ihm messen.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht