Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Sackgassen…
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Am Palmsonntag dann flippt die Stadt vollends aus, Autos und Menschen verstopfen die Straßen und verkleistern die Sicht auf diese abgefahrenen Alfombras wie eine Heuschreckenplage im alten Ägypten. Zuviel Lärm und Schweiß und Staub auf zu wenig Raum.
An einem solchen Tag würde ich lieber in einer dunklen, schalldichten Zelle kauern, die einzige Türe mit sieben Schlössern verriegelt und mit einer eindrucksvollen Barrikade aus Kommoden und Wandschränken verbaut; so wie in den Actionthrillern.
Alfombras im übrigen sind jene eindrucksvollen Teppiche aus Sägespänen, die die Straßen zieren während derlei religiöser Festlichkeiten. Manche Anwohner quälen sich bereits in den frühen Morgenstunden aus ihren Betten, um mit unglaublicher Hingabe und Liebe für’s Detail ihre Gemälde auf die Gasse zu zaubern.
Das Zeug wird also auf dem Boden verteilt und dann mithilfe von Holzrahmen unterschiedlichster Muster eingefärbt, bis irgendwann diese sagenhaften Kunstwerke entstehen. Da ist auch schon mal der Papst höchstpersönlich abgebildet, heimtückisch grinsend.
Darüber trampeln dann nächtliche Prozessionen mit unheimlichen, reich beschmückten Sargaltären auf den zarten Schultern armer Jünglinge in violetten Kutten, begleitet von den tragend melancholischen Klängen einer Blaskapelle und weiteren Trägern von Götzenbildern, angekündigt und beschlossen von einer andächtigen Polizeieskorte.
Die bunten Teppiche sind nicht mehr, ihr Glanz vergangen unter dem Gewicht der vielen Füße. Da hilft nur die Flucht. Zusammen mit Patricia und Alex fuhr ich in eines der nahebei gelegenen Dörfer, denn ihre Abreise überschnitt sich gerade so mit meiner Ankunft.
In San… sowieso (Ehrlich, man verliert irgendwann den Überblick, San Pedro, San Juan, San hier, San da- zu viele Heilige für ein Land, Mann.) ließen wir uns von einem stämmigen Herren in die tieferen Geheimnisse der traditionellen Kakaoherstellung von Hand einweihen.
Es war vor allem faszinierend zu sehen, wie sich bereits nach einigen wenigen Walzbewegungen mit einer Art steinernem Mörser die fertig fermentierten und gerösteten Bohnen praktisch sofort in eine klebrige, sämige Masse verwandelten, da die bis dahin gebundenen Öle freigesetzt werden.
Jeder Arbeitsschritt wurde penibel erklärt, und freilich durfte jeder von uns mal ran und sich lächerlich machen. Die Krönung lag selbstredend im Genuss einer eigenlinkshändig fabrizierten, dampfenden Tasse dunklen und hochprozentigen Kakaos.
Und das war kein kleines Verdienst, denn es gehörte eine gehörige Portion Selbstbeherrschung dazu, die köstlichen Bohnen nicht schon vorher allesamt gierig zu vertilgen.
Ja, und wie ist das jetzt mit „Kakao“ und „Schokolade“? Das fand ich ja zuhöchst entzückend und belustigend, denn die alten Maya nannten Pflanze wie Produkt seit jeher „Kakaw“. Die Spanier damals in ihren schimmernden Rüstungen jedoch dachten, es handele sich vielmehr um „chocolate“ (tschokolate).
Dabei wollten sie ihre zuvorkommenden Gastgeber nur warnen, als sie die Tassen mit dem süßwürzigem Gebräu verteilten: „Vorsicht heiß.“
Ja, erquickende Zeitvertreibe sind das, jedoch hielten sie mich von wichtigeren Dingen ab wie zum Beispiel und vor allem inwendige und einsame Meditationen über jenes andere erhabene Bohnengebräu sowie seine gebackene Konkubine mit Zuckerguss.
Keine Sorge, das Thema wird bis zum bitteren Ende immer wieder auftauchen. Denn insgeheim ist dies der eigentliche und auf die Dauer ganz schön dekadente Zweck meiner Reise.
Zudem denke ich, dass ich einen mentalen Diabetes entwickelt habe.
Dementsprechend verabschiedete ich mich mit nur einem weinenden Auge zum wiederholten Male von Patricia, die sich aufmachte nach Rio Dulce. Die kleine Nixe Alex musste bereits wieder zurück nach Frankreich, wo die scharfen Kanten des Lebens auf sie warteten.
Alles in allem dauerte am Ende eine gute Woche, bis ich ruhigen Gewissens Antigua den Rücken kehren konnte.
…Moment, fehlen da nicht ein paar Tage? Ja, liebe Freunde, die Sahnetorte kommt natürlich ganz zum Schluss, dieses Mal in Form eines waschechten und überaus aktiven Vulkans…
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht