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Ego, Alter

In einem Loch auf einem Hügel, da lebte ein To…

Dorf und Verein

Ich erblickte das Zwielicht der Welt um 13 Uhr 01 am 03. Februar 1980 in einem Krankenhaus im eher nüchternen und trostlosen Heidenheim an der Brenz, am östlichen Rand der Schwäbischen Alb. Manche nennen es auch Deutschlands Straflager für Architekten, aber das führt hier zu weit.

Eisallee

Nicht weit davon entfernt verbrachte ich meine Kindheit und Jugend unter den Fittichen meiner arbeitenden Eltern und Großeltern, die Ihr Menschenmöglichstes unternahmen, mich zu einem ehrbaren menschlichen Wesen mit Herz, Sinn und Verstand zu erziehen. Ich denke, dass ihnen das zum Großteil wohl gelungen ist, wenn vielleicht auch nicht exakt in der Art und Weise, wie sie sich das hübsch ausgemalt hatten.
Das alles geschah in einem kleinen Dorf mit dem schönen Namen Dettingen, das sich um eine sanfte Hügelkuppe schmiegt, im kalten Herbst oft von Hochnebel verhüllt.

Zunächst schien ich es recht zufrieden auf diesem Planeten, ich machte mir nichts groß daraus und beschaute alles mit großen Kulleraugen.
Wie so viele andere junge Seelen auch durchlebte ich meine wattig behütete Kindheit und Jugend in so erbaulich bürgerlichen Einrichtungen wie einem Kindergarten und mehr oder weniger ansprechenden Schuleinrichtungen mit all den glückseligen Momenten und Traumen, die man einem Menschen in dieser Phase des Lebens zufügen kann.

Aus einem unerfindlichen Grunde jedoch zog ich mich kurz vor Beginn der Pubertät für eine Zeit in mein kleines, gemütliches Loch im Keller meines Elternhauses zurück, erledigte nur die allernotwendigsten sozialen Kontakte und träumte stattdessen von anderen Welten.
Möglicherweise war dies die erste instinktive Vorahnung meines Lebens.

Ich denke, es war auch in jener Phase meiner Schulzeit, wo ich zum ersten Mal mit den zentralen Gesellschaftskonzepten unserer westlichen Welt in Berührung gekommen wurde: der parlamentarischen Demokratie und der freien Marktwirtschaft.
Nun, das klang zunächst alles recht vernünftig und einleuchtend, und meine Klassenkameraden scharrten emsig mit den Füßen, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde mir das Herz dabei schwer, eine nebelhafte Angst legte sich wie eine Eisenkette um mein von Zweifeln zerfurchtes Gemüt und grub sich tief in meinen Magen.

Flucht nach vorn

Ich weiß nicht genau, was es war, aber irgend etwas schmeckte mir an diesen Lebensansätzen nicht. Mein Bauch schien mir wie aus weiter Ferne zuzurufen: „Alter, was sitzt Du hier noch rum?! Pack Deine Sachen und dann nichts wie weg! Hau bloß ab, hörst Du!!“
Heute bin ich mir recht sicher, dass es damals viel mit den Begriffen „Wettbewerb“ und „Leistung“ zu tun hatte.

Aus noch unerfindlicheren Gründen, die möglicherweise mit gewissen Hormonen zu tun hatten, therapierte ich mich jedoch mit etwa 15 Jahren zurück in die Welt der Menschen: ich begann auszugehen.

Sodann wurde ein Gutteil der Last von den Schultern meiner Eltern genommen, indem sie mich vertrauensvoll in eine weitere, höchst erstaunliche und so immens wichtige soziale Einrichtung gaben: eine Stammkneipe.
Dem Feinschliff sozusagen meiner jugendlichen Erziehung widmeten sich fürderhin die alternative Rockkneipe „Schlicker“ im Nachbardorf sowie zahlreiche eklatante Hüttenparties mit all ihrem Punk, Metal und Rock‘n‘Roll, bevor ich mich nach Ende meiner gymnasialen Schulausbildung auf eine verwirrende Reise in die große Welt begab…
„Can you promise that I will come back?“ (Bilbo Baggins)
„No. And if you do… you‘ll not be the same.“ (Gandalf)
(Peter Jackson, „The Hobbit – An Unexpected Journey“)

Handball

Meine Zeiten im Schlicker waren eng verknüpft mit den stolzen Reihen des kameradschaftlich aufrechten Vereins TSV Dettingen.

Mentale Vorbereitung

Mit sechs Jahren begann ich Handball zu spielen, was mich die ganze erste Zeit meines Lebens begleitete, bis ich mit Anfang Zwanzig auf völlig andere Gedanken kam.
Ich kann nicht sagen, dass ich wettbewerbsmäßig großen Ehrgeiz entwickelt hätte, doch ich liebte es, mit einem Ball in und um meinen Händen und Füßen durch die Lande zu springen. Meine Mutter sagte immer, sie hätten statt einem Haus doch lieber eine Turnhalle bauen sollen, während sie die Überreste ihrer geliebten Pflanzen zusammenkehrte.

Und es war zu jenen Zeiten, als ich mein erstes, heute würde ich sagen, spirituelles Erlebnis hatte. Damals jedoch konnte ich nicht im Mindesten erahnen, was das genau war und welche Bedeutung dies einmal in meinem Leben bekommen sollte. Doch wie sagt der aufmerksame Schriftsteller: ich greife vor.

Ich war stets fürcherlich aufgeregt und ängstlich vor jedem Spiel, doch sobald der schrille Pfiff des Schiedsrichters zum Anspiel ertönte und der dick eingeharzte Ball seine ersten ballistischen Meter zurücklegte, fühlte ich mich wohl und angenehm elektrisiert.

Und es geschah manchmal, selten, dass ich alles um mich herum vergaß und nur noch meinem Instinkt folgte. Weder konnte ich den Ball, geschweige denn meine Mit- oder Gegenspieler bewusst sehen, und doch schienen meine Handlungen auf dem Spielfeld komischerweise Sinn zu ergeben, denn die Zuschauer spendeten zumeist begeistert Beifall. Einmal realisierte ich nur anhand des Johlens, Kreischens und Klatschens auf den seitlichen Rängen, dass ich soeben ein Tor geworfen hatte.

Glückseligkeit

Es war wunderschön, bezaubernd, himmlisch. Ich vergaß nicht nur alles um mich herum, sondern auch mich selbst mit all meinen Sorgen und Wünschen.
Der Wissenschaftler Mihály Csíkszentmihályi fasst derartige Momente des vollständigen Eins-Seins mit der Umwelt unter dem Begriff „Flow“-Erlebnis zusammen, Kurt Hahn beschrieb sie bereits Anfang des 20. Jahrhunderts etwas romantischer als „schöpferische Leidenschaft“.
Wenn man nur immer so leben könnte…

Passionen

Meine ersten großen Leidenschaften entdeckte ich mit etwa zwölf Jahren, und sie begleiten mich noch heute.
Das war zum einen, als ich zum ersten Mal eine dieser wunderlichen Videokassetten in Händen hielt, sie andächtig in den Rekorder schob und sanft auf „Play“ drückte…

Etwas explodierte in meinem Inneren, und ich begann schnell, vieleviele Videofilme zu sammeln, was sich heute in einer umfangreichen und stetig wachsenden DVD-Sammlung widerspiegelt mit so erlauchten Namen wie Stanley Kubrick, Terry Gilliam und seine unfassbar lustigen Monty Pythons, Tim Burton, Quentin Tarantino, Jim Jarmusch, David Lynch, Wes Anderson oder natürlich den Coen-Brüdern. Mit so wundervollen und fantastischen Universen wie Krieg der Sterne, Kampfstern Galactica, den Marvel- und DC-Superhelden, Game Of Thrones, Saber Rider, Rick & Morty, Hunger Games und Fawlty Towers.

Moon Meditation

Beinah zeitgleich bekam ich ein Buch geschenkt mit dem zaubrischen Titel „Märchenmond“, was mir unversehens ein völlig anderes, doch genauso grenzenloses Universum eröffnete. Ich erinnere mich noch daran, wie ich mich um die Heizung meines Zimmers gewickelt in den wundervollen Welten der Fantasy-Literatur verlor. Ich entdeckte zunächst ausschweifend den sprudelnden Geist Wolfgang Hohlbeins, dicht gefolgt von so berüchtigten Größen wie Terry Pratchett und Douglas Adams.
Dieses Weltenall expandierte weiter und verschachtelte sich in immer neuen Dimensionen in Gestalt von Autoren wie John Irving, Hermann Hesse, Kim Stanley Robinson, George Orwell, Joachim Ringelnatz sowie dem einen oder anderen illustren Klassiker.

Doch all dies wurde bei weitem überflügelt von meiner brennenden Hingabe zu J.R.R. Tolkien‘s Mittelerde. Wie so mancher verliebte Narr verschlang ich nicht nur den Hobbit und den Herrn der Ringe, sondern alles, was ich dieser mythologischen Welt der Orks, Elben, Zwerge und Menschen entringen konnte.

Doch auch in der „wirklichen“ Welt wurde ich alsbald von Sturmwellen und Wirbelwinden aus Gefühlen gepackt und durch die Mangel in alle möglichen Richtungen des Seins geschraubt. Ich führte zwei wundervolle und entsetzliche Beziehungen mit zwei wundervollen und entsetzlichen Frauen, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheine ich den letzten Hafen dort nicht zu finden.

Around Killarney

Mit einer dieser Damen reiste ich im Jahre 2001 mit einem dilettantisch überladenen Rucksack auf meinen Schultern durch das Geschichten und Lieder singende Irland und entdeckte abermals unverhofft und ungeplant (wie es die wichtigsten Dinge im Leben so an sich haben) jene großartige Institution des Lebens, die irgendwann im Nebel der Zeit auch zu diesem hübschen, kleinen Universum auf der virtuellen Bühne geführt hat:
die unstillbare Lust am Wandern und Reisen. Doch wird davon in all seiner Ausführlichkeit an anderer Stelle berichtet.

Dies, in Verbindung mit meiner sprühenden Freude am Lesen, mündete wiederum in meine jüngste Passion: der eigenen Schöpfung und dem kindlich unschuldigen Spiel mit geschriebenen Wörtern in all den schillernden und kapriziösen Formen, die sich in meinem bisherigen Leben vor meinen Augen und in meinem Geist entfalten konnten. Ich bin immer wieder erstaunt und atemlos fasziniert, wie ich monatelang nichts zu Papier bringe und mir dann, an einem schönen, aber unscheinbaren Tag, Worte, Sätze und ganze Reiche wildplötzlich wie aus dem Nichts in meinen Kopf flattern und keine Ruhe geben, bis sie nicht wieder hinaus in Zeit und Raum entlassen werden.

Andere Welt

So werde ich wohl immer ein Sammler bleiben. Ein Sammler von Welten, Geschichten, Momenten, Menschen – und Whiskey.
Zusammen mit meinem besten Freund habe ich erst vor drei Jahren begonnen, eine erbauliche Kollektion dieser köstlichen, goldbraunen Flüssigkeit zusammenzustellen, die entweder für unsere Altersversorgung oder doch zumindest für ein allerletztes ordentliches Gelage sorgen wird, bevor auch wir unseren eigenen Angels‘ Share wieder in den Kosmos senden.

An den Ufern der Isar

Nach dem etwas peinlichen Intermezzo meiner Wehrdienstzeit in Dornstadt und einer etwas weniger peinlichen Zwischenfuge an der Universität in Tübingen verschlug mich mein Weg ins schöne München mit seinen Wassern und Feldern und Gärten inmitten einer beschaulichen und gemütlichen Metropole aus Beton.

Die Wilde

Ich wusste ja überhaupt nicht, was ich nach meiner Schulzeit mit meinem Leben anfangen soll. Die einzige Idee, die sich schüchtern in meinem Kopf einnistete, war der Gedanke, dass ich anderen Menschen helfen will, in welcher Form und warum auch immer. Medizin? Hm, Physik, Chemie,… mmmnein. Hey! Wie wär‘s mit Sporttherapie? Ich treibe gern Sport. Oke!

Auch wenn ich letzten Endes und zurecht nicht in dieser Berufssparte landen sollte, so hat mir mein Studium in München doch indirekt neue Möglichkeiten und Eingebungen beschert, für die ich heute so dankbar bin.

Wissensvermittlung

Zum Beispiel entdeckte ich mein Talent und den Spaß an Massagen, welche im Rahmen einer anschließenden Ausbildung zum Heilpraktiker und weiteren Fortbildungen in Fußreflexologie, Shiatsu, Breuss-, Thai- sowie selbstverständlich klassischer Massage zwar ebenfalls nicht in eine kommerzielle, jedoch zumindest in eine Art Praxis des Gebens und manches Mal des Nehmens mit lieben Freunden mündete.

Zum Beispiel lernte ich in der größten Kleinstadt der Welt auch viele neue, interessante und skurille Leute kennen, mit verfilzten Haaren, Second-Hand-Klamotten, interessanten und skurillen Ansichten und wirren Flausen im Kopf, die auch so ganz andere Musik hörten als die Burschen daheim auf‘m Dorf; die sich gekonnt oder so zu den betörenden Rhythmen des Reggae, Funk, Folk, Balkan Style oder gar zum undurchsichtigen Dschungel des Elektro bewegten. Unerhört!

Feierabend

Ich wusste ja nicht, dass solch eine Welt überhaupt existieren konnte. Noch weniger wusste ich, dass dies flugs meine eigene Welt werden sollte.

Ja, ich hatte mich in diese Stadt mit all ihren verbohrten, verqueren, unnahbaren und doch herrlich liebevollen, toleranten und freien Charakteren verliebt, wo selbst junge Mädchen eine Maß Helles aus ihren zarten Ärmelein zu stemmen wissen, anstatt kokett an einem Aperol Sprizz zu nuckeln. Ich hatte mich verliebt in all die schönen Tage und Nächte in den lauschigen Biergärten, den abgeranzten Kneipen und lärmenden Hausparties, beim Tanzen, Lachen und Weinen am Rande der zahllosen Lagerfeuer auf den Kiesstränden der glucksenden Isar.

Rikschas & Hostels

Seitenlader

Ja nun. Das ist alles schön und gut, aber von irgendwas muss er ja auch leben oder nicht?
Es war wieder einer jener Momente, wo ich nichtsahnend mit ein paar Freunden auf einer Demo gegen das Böse beim Marienplatz stand und mit großen Kulleraugen die Welt betrachete. Da fuhr ein seltsames Fahrrad daher mit drei Rädern und zwei Menschen auf der Rückbank, welche lachend und feixend aus dem unbekannten Gefährt ausstiegen und dem Fahrer bunte Geldscheine in die Hand drückten, welcher sich trotz der vorangegangenen Strapazen in bester Laune zu befinden schien, umso mehr, nachdem er die bunten Geldscheine demütig entgegengenommen hatte.

Alternative Kapitalisten

Wie von einer unsichtbaren Macht angezogen verließ ich meine alternativen Antikaplitalisten und bewegte mich verwirrt, doch zielstrebig auf den alternativen Kapitalisten zu: Was denn das hier sei? – Na, eine Rikscha. – Aha. Kann ich das auch machen? – Ja logo!

Es ist fast schon beängstigend, wie solch scheinbar unscheinbare und bedeutungslose Momente in der Zeit das Leben am Schlawittel packen und auf den Kopf stellen können.
Ich übe diesen Beruf mit mehr oder weniger Engagement seit mittlerweile 13 Jahren aus, lernte so meinen besten Freund und Whiskeysammler kennen, welcher mir nur kurze Zeit später mein zweites Standbein auf dieser harten und scharfkantigen Erde verschaffen sollte.

Another day at the office

Ich begann, in einem Hostel zu arbeiten und tauchte immer tiefer ein die sorgenfreie und flauschige Blase der Backpacker. Ohne es zu wissen, hatte ich mich drei Jahre zuvor bereits im Geiste zu ihnen gesellt, als ich mit meiner damaligen Freundin campend und trampend über die Grüne Insel schlingerte.

Doch abgesehen von dieser kleine Episode bin ich vielleicht weltweit der Einzige dieser ganzen bar- und bierseligen Klitsche, der zuerst in einem Hostel arbeitete, bevor er selbst die Vorzüge dieser teils drolligen und süßen Unterkünfte zu schätzen lernte. Die Meisten steigen auf ihren Reisen in solchen Buden ab, weil sie keine Kohle haben, verlieben sich in die Atmosphäre und versacken solange, bis ihnen nichts anderes mehr übrig bleibt, als dort zu arbeiten.

Im Labyrinth, Weimar

Zwölf wundervolle und lehrreiche Jahre verbrachte ich also in dieser modernen und hippen Version einer Jugendherberge, ob an der Rezeption, im Büro oder an der Bar. Doch ach, die Zeit auf dieser Welt weiß einfach nicht innezuhalten.

Spiritualität

Und nochmal: Ist es nicht zuhöchst erstaunlich, wie einem innerhalb relativ kurzer Zeit das Leben aber komplett durcheinander gewürfelt werden kann, nur weil man sich in recht schwammiger Manier zu einem Studium entschieden hat, das so gar nichts mit meinem wirklichen Leben dort zu tun hatte?
Und doch, die Grundidee dahinter war schon richtig.

Der Baum

Ich begann also vorsichtig, über mich selbst nachzudenken, wurde sozusagen reflektiert, wie man das heutzutage nennt. Ich übte mich in Yoga und hörte viel über die große Wichtigkeit, sein eigenes Ich, das große und allseits berüchtigte Ego (Was für ein schreckliches Wort), wenn schon nicht aufzugeben, so doch liebend an die Kandarre zu nehmen, für die Menschheit und Mutter Erde.
Nun, das ging mir mit Anfang, Mitte Zwanzig dann doch zu weit.

Stattdessen begann ich vorsichtig, mich mit Politik zu beschäftigen. Vielleicht kann ich so den Menschen helfen?
Also demonstrierte und diskutierte ich, unterschrieb Online-Petitionen und wurde überwiegend passives Mitglied bei humanitären Organisationen, um mein gärendes Gewissen zu beruhigen. Bei einer leiste ich jedoch mittlerweile – teils aus Spaß und teils aus Verzweiflung – Freiwilligenarbeit, da mir recht fix aufging, dass mein liebloses Techtelmechtel mit dieser Politik aber mal zu gar nichts führen kann. Neenee, so wird das nix.

Kommunikation

Anstelle dessen übersetze und dolmetsche ich Deutsch – Englisch seit nunmehr vier Jahren auf linksgerichtet und faustschwingend kommunistisch angehauchten Besprechungen und Konferenzen der internationalen Arbeiterbewegung; und wer weiß, vielleicht wird dies sogar mein nächstes Berufsfeld.

Hm? Ob ich vergessen hab, das bei meinen Ausbildungen zu erwähnen? – Nee, gar nich.
Wie ich dann dazu gekommen bin? – Na, das war ganz ähnlich wie mit dem Rikschafahren:
„Hee Torsten, wenn Du soviel reist und in einem Hostel arbeitest, kannst Du doch gut Englisch, oder?“
„Jjjoooaa.“
„Hast nicht Lust, in unserer Sprachengruppe mitzumachen?“
… “Oke.“
Seht Ihr den Faden noch? Idee: Menschen helfen – Studium – Nebenjobs – Rikscha – Hostel – Reisen – Englisch – Politischer Minimalaufwand – Übersetzungen. Lustig, nicht?

Suche

Aber wie gesagt steht die Zeit nicht still und jetzt, mit allzumal zarten 37 Jahren, stehe ich wieder an einem Scheideweg in meinem Leben:
Meine Zeit im Hostel ist vorbei, meine Wahlheimat München verliert mehr und mehr an Glanz, immer mehr Freunde und wichtige Menschen in meinem Leben sind mit den Winden in die ganze Welt verstreut, meine Reiselust so ungehemmt und flammend wie niemals zuvor – und ich frage mich allen Ernstes, ob ich denn überhaupt noch eine Heimat habe und wo sie denn zu finden sei. Oder bricht letzten Endes doch der rastlose und freiheitsliebende Wassermann in mir durch, dessen Zeitalter nun endlich anbricht?

Nun, da draußen finde ich sie sicher nicht. Aber dazu habe ich gut an die sieben Jahre gebraucht, um langsam, gar so langsam dahinter zu kommen. Die unbewussten Vorwehen in all den Jahren davor nicht mitgerechnet.

Therapie

Die eigentliche oder hauptsächliche Entwicklung jedoch begann mit einem Klassiker: dem traumatischen Ende einer langen und intensiven Liebesbeziehung und anschließender Psychotherapie. Na klar! Voll rein und keine halben Sachen.
Meine Freunde, die große Suche nach mir selbst begann.

Das ist fast schon kitschig, nicht wahr? Naja, hilft ja nix und halb so schlimm. Auf haarsträubenden Umwegen durch zahlreiche Länder und Köpfe gelangte ich schließlich zu der Erkenntnis, dass uns Menschen und der armen Welt, auf der wir leben, tatsächlich nur eines hilft: wir selbst.

Und das kann für mich nicht bedeuten, dass man sich an Straßen kettet und Krankenhäuser in Entwicklungsländern baut. Versteht mich nicht falsch, das ist gut, großartig und ganz ohne Ironie immens wichtig, aber letzten Endes klingt mir das zu sehr nach Symptombekämpfung, wenn man nicht mit der richtigen Grundhaltung an die Chose heranzugehen weiß; grade so wie man es in der Medizin und in der Politik so oft eklatant beobachten muss. Ja, es ist ohne Zweifel eine gute und bedeutende Sache, aber sie wird nichts ändern, solange man nicht die Wurzel bei ihrem haltlos entzündeten Schopf packt. Nicht wirklich.

Am Schopf

Und die Wurzel liegt nicht da draußen auf den Straßen und Schlachtfeldern, sondern ganz woanders: tief verborgen, verplombt und ummantelt in unserem eigenen Bewusstsein. Und so komme ich nun zum Beginn dieser wichtigsten, dieser ersten und letzten Reise in meinem Leben: der Morgenlandfahrt in mein ureigenes Hinterstübchen durch die hohe Kunst der meditativen Versenkung sowie deren Anwendung in meinem Alltag. So gut ich eben kann.

Vor der Haustür

Denn nur wenn wir uns selbst – von GRUND auf – im Guten zu ändern vermögen, kann die Welt ein schönerer Ort werden. Alles andere verpufft in den Wirren unserer blutigen und rachsüchtigen Geschichte.
Und das kann niemand für uns machen, und wir können es für niemand anders machen. Es hilft nichts, aber es muss ein jeder sich selbst an der Nase packen und anfangen, vor der eigenen Haustüre zu kehren.

Deklamation

Das sagen nicht nur unsere Sprichwörter und altehrwürdigen Bauernweisheiten, sondern alle großen Weisen, die diese Welt je hervorgebracht hat – wenn man sie nur richtig verstehen kann: Plato, Pythagoras, Buddha, Moses, Jesus, Mohammed, Rumi, Hafiz, Meister Eckhardt, Hildegard von Bingen, Goethe, Mozart, Beethoven, Einstein, Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Alan Watts, Eckhardt Tolle, der Dalai Lama und wie sie alle heißen. All die großen Mystiker und Adepten des Kurses in Wundern, sie alle halten uns diese eine Lehre vor Augen:

Die Macht

Liebe (heißt: sei allumfassend offen) das Selbst in Dir, das Dich mit allem verbindet, und der Rest (Toleranz, Geduld, Mitgefühl, …) ergibt sich von allein.
„Erkenne dich selbst, und diese Wahrheit wird dich befreien.“
(S. MacLaine, „Zwischenleben“, S. 129)
Oder mit den Worten Obi Wan Kenobis: „Die Macht ist ein Energiefeld. Sie umgibt uns, sie durchdringt uns, sie hält die Galaxis zusammen.“ Nämlich die Macht unserer Gedanken, denen alle Realität zugrunde liegt.

Also begebe ich mich nun auf diese wundersame, spannende, erschreckende, erlösende, brutale und schönste Fahrt in mein Inneres Universum. Denn ich SPÜRE ES IN MEINEN KNOCHEN, dass dies die Wahrheit und der Schlüssel ist.
Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dort meine Heimat finden werde.

So. Und wohin jetzt?
Na, ans Mehr.

„…Now. Bring me that horizon!“
(Captain Jack Sparrow)

Why is the rum always gone?