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Nun gut. Es ist schön, wieder in Indien zu sein, aber mich deswegen gleich vor Hingabe im IT-Wunderland Hyderabad (oder Cyberabad) zu verlieren, muss jetzt auch nicht sein. Getreu meinem Grundsatz organisierte ich das Notwendigste und dann nichts wie raus aus diesem Dezibel speienden Kaff!

Nichts wie raus!

Ich habe sogar versucht, eine SIM-Karte zu kaufen, aber das ist in unserer heutigen Welt leider nicht so einfach.
Denn hinter jedem Che Guevara T-Shirt könnte sich ein Terrorist verbergen! Neinneinnein, ich brauche also eine Pass- und Visumskopie, farblich dazu abgestimmte Passbilder sowie eine indische Adresse. Nicht irgendeine! Da könnte ja jeder daher kommen. Zum Beispiel aus Delhi, wie mein eben neu gewonnener Konserven-Freund zerknirscht eingestehen musste.

Eine ortsansässige Anschrift bitteschön. Wie wär‘s mit der vom Hotel? Jajaja, mit allen notwendigen Angaben inklusive Stammbaum und den Lieblings-Curries der nahe stehenden Bekannten des Hotelbesitzers. Kein Problem. Schlabbschlabbschlabb zum Hotel. Eine Rechnung über meinen Aufenthalt sollte reichen. Okok.

Schlabbschlabbschlabb zum Laden. Nein, mein guter Herr, eine Rechnung reicht nun beileibe nicht und niemals, um unseren hehren Ansprüchen zu genügen! Ein geschriebener und parfümierter Brief soll es sein, notariell beglaubigt, mit Blut (alle Gruppen außer Null) unterzeichnet und mit Ohrenschmalz versiegelt, indem hochheilig im Namen Vishnus, Krishnas und Modis versichert wird, dass ich, Torsten Stefan Zein, geboren an- und zu dazumal, dort gelebt zu haben gedachte mir beliebte.

Junge, was weißt Du vom Leben, wenn Du in so einem klimatisiert aufpolierten Gedenkkabuff von Geschäft arbeitest?, denke ich mir.
Nach außen behalte ich eisern und routiniert mein strahlendes Grinsebein und frage, ob er nicht eine Ausnahme machen könne.
Nein, wehrter Herr. Obwohl es ihn zutiefst gräme und bestürze, aber das sei nun überhaupt gar nicht möglich.
Vollpfosten. Schlabbschlabbschlabb zum Hotel.

Bitte…

Also, dazu sei es nun leider Gottes zu spät, denn ich sei ja heute morgen bereits ausgecheckt. Es betrübte meinen ehemaligen Gastgeber ungemein, aber da er nun nicht mehr mein Gastgeber sei, könne er unmöglich ein Bestätigungsschreiben aufsetzen…

Dann halt nicht. Dafür hatte ich meinen neuen Konserven-Freund aus der Etage über mir, der mich zwei weiteren Konserven-Freunden vorstellte. Ob ich nicht viel lieber heute abend mit ihnen feiern will, denn sie hätten ihre Prüfungen bestanden und seien extra von Delhi nach Hyderabad gefahren, um hier einen drauf zu machen. Ein paar Hundert Kilometer für eine ordentliche Sause, warum nicht?
Ja, ich konnte tatsächlich einen ordentlichen Drink vertragen.

Aber zuerst müssen wir in einen Shopping Mall.
Logo! Fetzt voll, Alter. Da gab es einen Sicherheitscheck wie am Flughafen, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass die Taliban-Schleuse nur eine Atrappe war.
Bei dem uniformierten Wachhund eher weniger, denn er hat geredet und die Reißverschlüsse sowohl meiner Umhänge- als auch meiner Kameratasche mit Kabelbindern gewissenhaft verplombt.

Wachhund

Man kann ja nie wissen, jemand könnte durch mein Blitzlicht erblinden. Die Maschen des sozialen Netzes sind großzügig geflochten, da bleibt einem anständigen Bürger nichts anderes als singend durch die Holzklasse der Eisenbahnen zu pilgern. Hoffentlich entgleisen sie nicht.

Als ich in einem Reparaturladen für Handys – da mussten sie auch noch schnell vorbei – die Kabelbinder aufzwicken wollte, brach just eine Backe der Zange ab.
Ich weiß nicht, wer von uns beiden fassungsloser dareinblickte, ich oder der Angestellte. Ich wollte ihm die Zange unter tausend Entschuldigungen ersetzen, aber nachdem sein Kehlkopf ein paarmal stockend Aufzug gefahren ist, fand er seine Contenance wieder, schüttelte ehrergiebig den Kopf und bot mir stattdessen eine einfache Schere an.
Sie durchschnitt die Fesseln wie ein Lichtschwert warmen Paneer.

Der vergnügliche Abend endete mit Tetrapak-Whiskey auf ihrem Hotelzimmer.
Die indischen Fliegengewichte waren selbstredend keine Messlatte für mich und waren im Nu hinüber.
Aber wir armen Steppenläufer wären wohl kaum den Bäumen entronnen, wäre da nicht unser säbelzahnschwingender Stolz. Etwas wacklig in der Senkrechte brachten sie es dennoch fertig, mich angemessen zu meinem Bahnsteig zu geleiten.
Das waren überaus nette Zeitgenossen und ein schöner Empfang in dem einzigen Land, wo die Sonne ein gutes Stück über dem Horizont untergeht. Schon als ich den ersten kennenlernte, gab es da eine lustige Episode.

Waschtag

Als wir frohen Mutes zum Vodafone-Laden marschierten und fleißig konversierend um einige Straßenecken bogen, bleibt er jäh stehen und fragt mich, wo‘s lang geht.
„Wie, ich dachte, Du kennst Dich aus. Ich mein, schau mich an, ich bin ein bloody aschfahl tourist!“
„Nein Mann, ich hab keinen Schimmer, ich bin aus fucking Delhi, verflucht.“
Beide fingen wir schallend an zu lachen und begannen kichernd und glucksend, uns den Weg zu erfragen. So oder etwas anders war das.

Alsdenn legte ich mich feist und satt auf mein feines Bett im 2nd Sleeper AC (Der proletarische Pöbel kann mir noch gut drei Wochen gestohlen bleiben!) und wachte einige Stunden vor meiner Ankunft in Hospet auf, um mich einstweilen gemäß wohlfeiler Tradition an die Waggontür zu hocken und genüsslich schmatzend meine Digicam auszupacken…

On the road

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