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Berüchtigt

Sawaidi khap!
Ja zefix, jetzt bin ich doch noch hier gelandet, in der berüchtigten Khao San Road von Thailands Metropole. Auf neucool einer der Main-Hubs auf dem klebrig-goldenen „Banana Pancake Trail“ (Im übrigen ein sehr lesenswertes Büchlein, vielen Dank Ruth!) der Backpacker.

Einst ein beliebter Treffpunkt für kiffende Aussteiger auf Probe, heute in sich selbst eine Touristenattraktion. Und natürlich: PARDYYY!! Im Sinne eines Astronautentrainings werden dort die ersten Arbeitshypothesen zum pharmakologisch induzierten Halluzinieren auf dem Weg zur Full Moon aufgestellt.

Mitbewohner

Ein gefundenes Fressen für einen gehässigen Gesellschaftspessimisten wie mich. Doch ich muss sagen, mir war der Gedanke kategorisch gar nicht mehr so verhasst wie noch anno dazumal, mir die Gschicht amal in Ruhe anzuschaun. Das alles einfach vollkommen neutral zu beobachten – aber davon später.

Man könnte es auch als quasiwissenschaftliche Neugier bezeichnen. Keine Ahnung, vielleicht werde ich auf meine alten Reisetage auch einfach nachlässig, oder positiv formuliert: tolerant („E-kel-haft, gollum!“). Jedenfalls fand ich die Idee ganz lustig.

… Oh. Der Rest vom Titel? – Nun, ein Kloster, das ist so ein großes Haus, wo viele Männer alleine zusammen wohnen, komische Dinge vor sich hin murmeln und ulkige Klamotten tragen. Im Prinzip eine große WG, nur mit mehr Statuen.

Angst

Viele glauben ja, das hätte was mit Religion zu tun, aber in Wirklichkeit ist es die nackte Angst vor der Welt da draußen… eigentlich gar keine schlechte Definition für Religion, wenn ich es recht bedenke.
Und das ist nicht einmal abwertend gemeint, neinneinnein, ich kann das
sehr gut verstehen.

Auf jeden Fall bin ich da mal drüber spaziert. Also über die Khao San. Am Ende gar nicht so schlimm. Klar gibt es da viele Leute in Furcht einflößenden Outfits, klar ist es so authentisch wie ein Hochglanzdirndl mit Bauchnabelausschnitt, aber, mei.
Mit der richtigen mentalen Vorbereitung geht das schon. Aber davon später.

Nebenstraße

Man kann dort sogar in Ruhe sitzen und ein kühles Chang-Bier trinken, wenn man mit dem Prinzip „Kleine-Nebengasse-um-zwei-Ecken“ vertraut ist.

So bin ich in der „Ming Bar“ gelandet, einer entspannten Reggae-Boazn mit entspannter Live-Musik ohne diesen grellen Nuklear-Bass. Der Sänger war sogar recht gefällig, hatte gar nicht einmal so schlechte Lieder drauf, die er selbst geschrieben hatte. Der Drummer hingegen war furchtbar. Der hatte so viel Rhythmusgefühl wie ein Dinosaurier kurz vor dem Aussterben.

Aus dem Häuschen

Ich mietete mich sogar in einem Hostel in einer jener unweiten Nebenstraßen ein, weil ich dazu auch noch faul geworden war. „Clever“, dachte ich mir, „nah am Wahnsinn, aber vielleicht doch so ruhig, dass ich eine Weile schlafen kann.“

Meine Bleibe war auch ganz geruhsam, nur hatte sich leider direkt gegenüber ein In-Hostel niedergelassen, wo jeden Tag bis in der Früh krakeelt wurde. Aber das war zu erwarten, denn es ist allgemein bekannt, das Alkohol das Hörvermögen beeinträchtigt.

Man muss das auch respektieren. Das sind Leute, die erst vor kurzem mit nackter, geschundener Psyche und eiternden Wundmalen der evolutionären Inquisition, welche gemeinhin unter dem verharmlosenden Begriff „Pubertät“ geführt wird, entflohen sind. Und das in dem Klima. Klar sind die verstört und ein bisschen aus dem Häuschen.

Vorsicht

Das „Rang Kha Min“ Homestay war teuer, schmucklos und ungemütlich, aber das Personal machte jene Mängel mehr als wett und bestätigte somit die eherne Hostel-Regel, dass die Leute die Kleider machen. Vor allem die grundsympathische und offenherzige Besitzerin war eine schillernde Perle.

Wenn ich ein bisschen älter gewesen wäre, ich hätte mich glatt in sie verlieben können.
Pff, so ein Schmarrn. Egal, sie legten auch sehr viel Wert auf organic und so. Das Frühstück war trotzdem ganz gut. Und sauber. Also das Hostel.

Körper

Ui, jetzt muss ich die Kurve kriegen. Organisch… Khao San! (Ein phantasieloser Kniff sehr wohl, aber er funktioniert jedes Mal.) Aber wehe, man steuert da unvorbereitet des Nächtens hin, gell!

Himmelmariaundjosef! Tanzen konnte man gar nicht mehr, weil da war mehr los als vor einem Apple-Laden um sechs Uhr morgens, wenn das neue I-Phone 893 rauskommt. Auf beiden Seiten der Straße standen sich Bars und Kneipen wie zwei nach Bhat dürstende und mit Menus rasselnde Heere gegenüber und versuchten, sich gegenseitig in Schutt und Asche zu blasen, allein durch Lautstärke.

Biorhythmus

Hat denen mal jemand erklärt, dass das wahrscheinlich – auch im Sinne einer groß angelegten Belagerung – nicht funktionieren wird?
Aber den Leuten gefällt’s. Whiskey-Cola aus Eimern und Lachgas. Ein wabernder, schwitzender Gletscher aus vibrierenden Körpern ohne Hirn. In der Mitte, komisch, eine Lücke: da hockt einer ohne Beine…

Das war mir dann doch zuviel. Ich meine, mir war durchaus vorher schon klar, dass die Welt (unter anderem) genauso rennt, und es gibt nichts, aber auch nichts, um so etwas schön zu reden – aber man kriegt es dann doch nicht jeden Tag so kalt und herzlos in die Fresse zentriert.

Ich glaube ja nicht, dass es deswegen war – wohl eher lag es am Jet-Lag – aber in jener Nacht machte ich wortwörtlich kein Auge zu, sondern stattdessen komplett durch.
Vollkommen nüchtern. – Das ist doch scheiße. „Aber gut“, dachte ich mir, „dann stellen wir den Biorhythmus halt mit der Brechstange um. Wollen doch mal sehen, wer den größeren Dickschädel hat: ich oder ich!“

Weite Welt

Kloster

Mentale Vorbereitung

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