Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Ein Traktat zur…
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Nach meinem etwas zähen Aufenthalt am Madrider Flughafen kam ich am Abend des darauf folgenden Tages endlich in Mexiko-Stadt an und fuhr gleich mit dem Nachtbus weiter nach Oaxaca, da ich mich so schnell wie möglich an meinen Zielort heranarbeiten wollte.
Normalerweise verabscheue ich ein derartiges Vorgehen zutiefst, ohne mich vorher behäbig und ausgiebig eingrooven zu können, aber was tut man nicht alles für seine Hippies.
Ich durfte sogar etwas Schlaf finden, weil mir dies in all den langen Stunden zuvor verwehrt geblieben war. Das Filmangebot im Flieger war leider viel zu interessant und bunt und schillernd, so dass mein Zeigefinger, wie magisch angezogen, immer wieder die Play-Taste drückte.
Vor allem die bewegende Biografie über J.R.R. Tolkiens Leben ergriff mich derart, dass ein paar sehnsüchtige und wehmütige Tränen meine Wangen hinab kullerten wie über das Herz eines reumütigen Melancholikers.
Ganz eigenartig war das, keine Ahnung, woher das kam. Als ob in seinem Leben, in seinem Wirken und seinen Worten, unsichtbar und verborgen, der Schlüssel zur Wahrheit und die Pforte zu meiner angestammten Heimat läge, die ich vor langer Zeit verlor. Sowas in der Art.
Wie bereits angedeutet war ich recht gefühlsduselig zu der Zeit. Der billige Actionstreifen im ADO-Bus mit einer erzieherischen Moral, die einem deutschen Schulmeister zur Kaiserzeit das Fürchten gelehrt hätte, vermochte mir dagegen keine Gefühlsregungen zu entlocken, so dass ich nach meinem feierlichen Schlafentzug ergeben meinem zweiten Etappenziel entgegen döste.
Es war noch sehr früh am Morgen, als ich in Oaxaca ausstieg. Die Rollläden vor den Geschäften gegenüber dem Busbahnhof schlummerten noch, und so setzte ich mich ins Terminal und las ein wenig, bis die Sonne ihre ersten Strahlen gemächlich ins Firmament reckte.
Sodann packte ich meine Sachen und spazierte langsam in Richtung des Hostels, in das ich mich für eine Nacht eingemietet hatte, um lediglich die gröbsten Ablagerungen meines Jet Lags fortzuwischen.
In einem Park kehrten Angestellte der Stadt die Wege, so dass sich die Staubpartikel mit dem goldenen Licht des angehenden Tages vermischten und die Welt in ein verklärtes Alltagsgemälde verwandelten.
Wenig später erreichte ich das „Luz De Luna“ und wurde von der freundlichen Hausherrin empfangen. Wie so oft in Mittelamerika gruppierten sich einige Zimmer um einen zentralen Innenhof mit möglichst viel Grün und ein paar Sitzgelegenheiten.
Mondlicht. Der Name passte gut irgendwie, denn ein stiller und ein friedlicher Ort war es, der von einer einheimischen Familie geführt wurde, wie es schien. Die wenigen anderen Reisenden, die sich dort aufhielten, grüßten artig, ließen mich aber weitestgehend in Ruhe und stellten keine entnervenden Fragen über meine Herkunft oder den Gang der Welt.
Ich hatte wirklich Zeit, durchzuatmen, den Ausblick von der obligatorischen Dachterrasse zu genießen und einen ersten Erkundungsgang durch die Altstadt zu wagen.
Auf dem Kunsthandwerkermarkt deckte ich mich mit einer bunten Decke und einem dieser dort allseits berüchtigten Hoodies ein, denn weiter oben in den Bergen vermochten die Temperaturen empfindlich kalt zu werden nach Einbruch der Nacht.
Mein Zelt zählte durchaus zum neuesten Stand der Technik, verfügte jedoch noch über keine Fußbodenheizung. Vielleicht läge hierin eine Marktlücke, aber ich weiß nicht. Überaus lähmende Gedanken sind das, die mir die Sicht vernebeln und graues Zwielicht in meinen glitzernden Tag streuen.
Lieber setzte ich mich in ein Restaurant und beteiligte mich anständig an einem all-you-can-eat Buffetbrunch für umgerechnet drei Euro, um mich danach zurückzuziehen und am späten Nachmittag ein kurzes Verdauungsnickerchen zu halten…
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht