Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Stille Türme…
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Irgendetwas… fehlt.
Was war das noch? Ich meine, bis hierher sieht das alles schon recht hübsch aus, aber es kommt mir noch etwas… trocken, schal vor, wenn Ihr versteht. Da fehlt noch was zum Abrunden, damit dieses getippte Gebräu etwas mehr Pfiff und Charakter gewinnt:
Ach ja. Nun, von einigen bemerkenswerten iranischen Flecken habe ich bis dato bereits berichtet, so mir in der gegebenen Zeit möglich war. Ja; aber wie gelangte ich denn vom Regen in die Traufe, wie sprang ich also aus der Bratpfanne hinein ins Feuer? Was ist dazwischen passiert? „Beam me about Scotty“ oder wat?
Aah! Davon soll nun berichtet werden, meine treuen Gefährten und Kompagnons der unendlichen Karawane. Denn auf früheren Fahrten schon wurde mir nach und nach bewusst, dass jene oft vernachlässigte Zeit auf der Straße ein ganz eigenes Kapitel, ja, nicht selten gar den entscheidenden und mithin erstaunlichsten Teil einer Reise bildet.
Ganz wie eine gelungene Soße das Herz einer nahrhaften Mahlzeit darstellt, erscheinen die Odysseen von Alpha nach Omega nicht selten als raffiniertes Gewürz und letzte Zutat beim Reisen.
Das wiederum hängt zum Großteil von den örtlichen Straßenverhältnissen ab.
Dahingehend wurde ich beinahe etwas enttäuscht, denn die Infrastruktur in Iran überraschte mich ein ums andre Mal:
Breite, opulent beleuchtete Highways glatt wie eine Babyhaut durchzogen das Land, so dass mir mangels Eindrücken tatsächlich die Worte fehlen. Selbst kleinere Nebenstraßen waren zumeist geteert und regelrecht fad in ihrer Erlebnisqualität.
Obwohl das Land durch Kriege und lang andauernde Isolation ziemlich ausgeblutet ist und Riyal wie auch Wirtschaft erschöpft am Boden liegen, mag man sich von den dortigen versorgungstechnischen Verhältnissen beinahe darüber hinweg täuschen lassen.
Verzweifelt hielt ich Ausschau nach einem grindigen Klo, wo der Typhus gedeiht.
Oh, sie sind jetzt nicht unbedingt sauber, doch meine Nase lugte alsbald frech aus ihrem Versteck im sensorischen Abstellgleis meines Großhirns hervor und kratzte sich verwundert an ihrem Rücken.
Wo waren all die Schlaglöcher? Wo die gähnenden Abgründe, die imstande sind, einen unachtsamen Schwertransport mit Plane und Achse zu verschlingen? Nicht einmal ein nennenswerter Kiesel lag auf der Fahrbahn, einsam und vergessen, dem man mit einem haarsträubenden Manöver und einigem guten Willen zur Hysterie hätte ausweichen können.
Freilich, die Menschen versuchten schwitzend und keuchend, diesen Mangel durch ihren haltlosen Fahrstil wett zu machen. Aber es war einfach nicht das gleiche.
Einmal versuchten mir einige Savari-Taxler auf der Strecke von Qazvin ins Alamut-Tal ihre absurden Preise aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse schmackhaft zu machen. Aber selbst die „bad roads“ im Hinterland vermochten mir nicht mehr als ein gelangweiltes Gähnen zu entlocken. Netter Versuch.
Die Busfahrten verliefen bis auf ein paar nervende und überdreht palavernde Anfang Zwanziger im hinteren Teil des Gefährts meist ereignislos – abgesehen von den zigtausend Stolperschwellen. Aber die Fahrer wussten das natürlich, weshalb auch diesbezüglich kein richtiger Nervenkitzel aufzukeimen vermochte.
Ich genoss Beinfreiheit wie niemals zuvor in meinem Leben, oft war sogar mein Nebensitz frei.
Und das war noch nicht mal VIP! Was geeeht?
Das einzige, was mir tatsächlich auf den Zeiger ging, war die Tatsache, dass die Busbahnhöfe in den allermeisten Städten so weit außerhalb lagen, dass es wenig Sinn machte, zu Fuß dorthin zu marschieren.
Noch dazu gab es bis auf Mashhad und Yazd kein einziges gottverlassenes Kaff mit einem zentral gelegenen Busbahnhof; sondern je nach Stadtgröße mehrere bis viele.
Das heißt, egal wo man ankommt, man muss immer in so ein blödes Taxi steigen und sich zum Hotel, in die Innenstadt oder zum nächsten Terminal bringen lassen, dass einen dann weiter schupft.
Manche Busse befuhren gar nur Teilstrecken, so dass man wieder in ein Savari klettern musste, um bis zur nächst größeren Häuseransammlung zu gelangen. Dort wartete meist schon ein innerörtliches Taxi, das mich bis zum nächsten Sammeltaxi-Stand brachte, dann noch ein Bus und so weiter. Furchtbar!
Und bitte! Ganz wichtig. Verwendet nie den Ausdruck „City Center“, wenn Ihr in die Innenstadt möchtet. Denn gewöhnlich werden in diesem Land unheimliche Shopping Malls so genannt, die sich meist eben nicht im Zentrum, sondern erquicklicherweise in den Vororten befinden.
Oder wenn man Pech hat wie die Schweizer, noch viel weiter draußen.
Am interessanten ist es jedoch, wenn man sich zu Einheimischen in ein Sammeltaxi setzt, anstatt privat oder: „dar bast“ (Tür zu) zu fahren. Die unterhalten sich gerne aufgeregt schnatternd mit dem Fahrer über-, um- und durcheinander, fallen sich ins Wort und springen darüber hinweg.
So etwas ähnliches wie konversationelles Multitasking scheint das zu sein oder wie eine Art Didgeridoo-Spiel, wo die Spieler gleichzeitig zuhören und dabei sprechen. Das ist faszinierend zu beobachten, ermüdet aber schnell.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht