Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Flucht nach vorne…
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Der Rezeptionist und sein Kumpel waren superfreundlich, konnten sogar gutes Englisch, und Alter! Die kannten sich aus!
Ich meine, jeder in Äthiopien kann Dir irgendwelche Infos geben, chigarilo. Nur, in welchem Ausmaß die dann am Ende akkurat sind, das weiß vielleicht nicht einmal Dr. Strange.
Wirklich, ich hatte es gerade erst wieder hautnah miterleben dürfen.
Ich stand praktisch schon vor dem Hotel und hielt eben Ausschau nach dem Eingang, denn ein Schild gab es nicht. Da wollte mir ein Passant ums Verrecken helfen.
-Seufz- Oh je. Er war sich seiner Sache ja sooo sicher und schubste mich ungeduldig zurück in Richtung Bahnhof, obwohl mein gutes maps.me kreischend Alarm schlug.
„Neee Digger, da komm’ ich doch grade her…“ Aber ich wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen und freundlich und dankbar sein, also bin ich halt mitgedackelt.
Und was soll ich sagen, am Ende ging ich exakt den gleichen Weg wieder zurück. Maps.me hatte wieder einmal Recht gehabt. Wie gesagt, ich kann es nur wärmstens empfehlen.
Aber echt, die Leute in Äthiopien haben SO keinen Plan! Ganz eklatant erschien mir das im Allgemeinen und ironischerweise am Hotelempfang. Jesses, die schauten nur wie eine Kuh dumpfbackig aus der Wäsche und das war’s.
Ganz im Gegenteil zu meinen wackeren und aufgeweckten Burschen im Atse! –- Gott, bei dem Namen muss ich immer an diese Hackfresse von Schröder denken mit seiner Pudelfrisur, die aussieht, als wäre bei dem Versuch, sich einen Afro machen zu lassen, etwas ganz furchtbar schief gelaufen.
Klar, ich meine, der macht das natürlich mit voller Absicht, schließlich ist er Komödiant, aber es ist trotzdem nicht schön, sich so etwas bildhaft vorzustellen. Nein, auf dieses Wissen hätte ich gut und gerne verzichten können, oder: diesen ganz speziellen Apfel hätten Adam und Eva tatsächlich am Baum hängen lassen können.
Das waren also ganz vorzügliche und heitere Gesellen und ihre Angaben derart exakt, dass es mich fast fröstelte.
Nach einem herrlichen Beyeynet-Dinner und zwei Bunn-na war ich überglücklich und lief wieder voll in der Spur. Alles klappte so dermaßen frivol am Schnürchen, so dass es mir nun wirklich kalt den Rücken hinunter lief. Denn Murphy schläft wie der Teufel niemals.
Das ist auch crazy. Mittlerweile wurde ich bereits oft, von allein!, um vier oder fünf Uhr morgens wach, und war wach. Fast. Aber für den, der mich nicht kennt, das ist im Normalfall so, wie wenn man von einem Rhinozeros verlangen würde, in einer Zentrifuge auf 10G einen Salto mortale zu vollführen.
Nach einer für diese Zeit annähernd unanständig entspannten Morgenroutine fuhr ich mit einem Bajaj zum etwas außerhalb gelegenen Busbahnhof, der die Strecken Richtung Norden bedient. Teh, da waren kurz vor Sechs in der Früh sogar die Tore noch verschlossen. Was ist los mit Euch, Ihr nutzlosen Langschläfermaden, auf, auf an Deck!!
Denn es wartete bereits eine ansehnliche Menschenmenge vor den Gattern wie die geiernde Meute bei einem Robbie Williams-Konzert kurz vor Einlass. Das sah mir durchaus nach einer vielversprechenden und spannenden Vorstellung aus.
Und also öffneten sich die Pforten. Und was für ein Spektakel das war, passt mal auf.
Empfangen wurden die jungfräulichen Massen vom keckernden Gezwitscher und Geschrei einer ganzen Reihe von Einweisern. Die waren so aufgeregt und hibbelig, dass man meinte, sie sollten zugekokst und granatenmäßig auf Chat verheiratet werden.
Wenn Ihr mal zur Wiesn in München seid, dann gönnt Euch mal den Spaß und stellt Euch nachts um Eins aufs Gelände und tut so, als ob Ihr besoffen vom Käferzelt kommt und wankt zu der formidablen Phalanx aus Rikschanutten am Esperantoplatz, vor deren geschlossener und disziplinierter Schlachtordnung jeder im Kampf erprobten römischen Abteilung der Angstschweiß auf die Stirn treten würde.
Dann bekommt Ihr eine sachte Ahnung, was da in aller Herrgottsfrüh in Mekelle los war.
Im übrigen darf ich „Rikschanutten“ sagen, weil ich selber eine bin.
Ich hatte Glück und wurde umgehend an den grapschenden Klauenhänden der Einweiser vorbei zu einem Bus geleitet, bei dem fast nichts los war. Totenstille, man konnte die Regenwürmer im Boden husten hören.
Shotgun! Schwupps, saß ich fest wie Beton vorne rechts am Fenster und sah in aller Ruhe diesem sonderbaren und verrückten Treiben vor der Windschutzscheibe zu, denn das artete langsam in ein anständiges Handgemenge aus. Arme und Ellbogen wurden drohend ausgefahren, und die Einweiser begannen nun immer aggressiver sich um die Kundschaft zu streiten.
Sie schubsten einander und wurden richtiggehend handgreiflich. Für diesen (wohl nicht unüblichen) Fall jedoch gab es eigens abgestellte Soldaten mit Schlagstöcken, die den Kampfhähnen dann ordentlich und mit Schmackes auf die Waden droschen. Das brachte die aber nur ganz kurz aus dem Konzept.
Mit zunehmender Dauer bekam ich das alles nur noch an der Peripherie meines Bewusstseins mit, denn irgendwann packte ich friedvoll und ruhig wie das Meer an einem windstillen Tag meinen Laptop aus, um ein paar Zeilen für meinen Blog zu tippen.
Und just in dem Moment, als ich mit einem genüsslichen Schmatzer den letzten Punkt setzte, stieg auch schon der junge, sympathische Fahrer ein, und wir zuckelten gemütlich wie ein Maikäfer aus dem langsam abkühlenden Hexenkessel; auf nach Norden!
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Bitte umblättern: Endlager kosmischer Gewalt…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht