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Fragile Idylle

Auch Maya-Architektur gibt es dort. Wiederum nichts emotional Entrückendes, aber eine nette Einführung in die mexikanische Ruinenlandschaft, hübsch gelegen in einer großzügigen Talmulde und romantisch verziert mit der typischen Tropenlandschaft.
Es empfiehlt sich natürlich, viel zu früh am Morgen, am besten noch vor Öffnung der Pforten, am Ticketschalter um Erlebens-Erlaubnis anzustehen, wenn man denn hofft, den Armeen der Finsternis mit heiler Haut zu entkommen.

Palastgebäude

Ähnlich wie bei der Wiesn, nur nicht gar so hirnzerdrechselt.
Wir haben lustige kleine Tierchen gesehen, aber ich habe vergessen, wie sie heißen. Sie sahen aus wie eine Kreuzung aus Waschbären und Eichhörnchen.

Nun, es gibt eine recht eigentümliche Attraktion hier in Yucatán, und das sind die berühmten Cenotes oder Senkgruben. Bei letzterem Ausdruck denkt man jedoch eher an Gülle als an ein Naturwunder, aber sie waren wirklich schön. Bleiben wir also bei „Cenote“.
Die gab es wohlgemerkt auch hier, und man kann sie und die darunter liegende Höhlenwelt sogar betauchen. Ein Dive an so einem Ort ist natürlich haltlos überteuert, und doch ziemlich verlockend und geil.

Apartment

Näh, dachte ich mir, vielleicht gibt’s das woanders günstiger.
Der Schwabe an sich verliert doch niemals seine Wurzeln und steht bereits am Ticketschalter für den Bus nach Valladolid. Jedoch die Vielfalt an Preisklassen und Abfahrtszeiten verblüffte mich ungemein, lähmte meine Gedankengänge und stellte mich vor ein unlösbares Dilemma.

Die Welt verwandelte sich in rosa Plüschwolken, meine Unterlippe schob sich in kindlich unschuldiger Weise immer weiter nach vorne wie ein verliebter Gletscher bei Tauwetter, und mein Gehirn wurde weich wie angewärmtes Himbeergelee.

Kann man machen.

Konsterniert stolperte ich von der leicht besorgt dreinblickenden Dame hinter der Glasscheibe zurück und verließ wie im Traum das Terminal. Beinahe schlafwandelnd begab ich mich einige zögerliche Meter hinaus auf die im unbarmherzigen Sonnenlicht flirrende Straße, bevor ich just und wie an einem unsichtbaren Faden gezogen vor einem Dive-Shop Halt machte…

… Was denn sowas kostet… aha… ich hab’ aber nur ’nen Open Water-Schein… kein Problem?… ooohh… ob ich mir Bilder anschauen will?… Ja. Warum eigentlich nicht?… ooooooohh…

Si claro?

Das Nächste, an was ich mich erinnern kann, ist, dass ich immer noch einigermaßen fassungslos in das nächstbeste Hostel um die Ecke eingecheckt bin und mich fünf Minuten später die Schlümpfe aus der Yellow Submarine „S.S. Sativa“ von der mit Weinflaschen und einem Mandala gespickten Wand des Innenhofes angrinsten, als ob sie insgeheim wüssten, was mir soeben wiederfahren sei.
Nein, ich habe keine psychedelischen Drogen genommen. – Noch nicht.

Ein über und über tätowierter Metaler aus Duisburg hat dann versucht, mich mit Bier und Mezcal sowie seinen Geschichten über vergangene Sex- und Alkoholexzesse zu trösten, aber das hat mich nur noch mehr verwirrt. Dazu noch ein Typ aus den Philippinen, der mich sogar zu meinen extremistischsten Reisezeiten locker überboten hätte:

Schlafwandler

Natürlich trinke er überall das Leitungswasser, schließlich muss das Immunsystem daran gewöhnt werden! Und diese widerwärtigen und unappetitlichen Briten mit ihrem nie enden wollenden Gesaufe. Pfui Lattich!

Wie erschlagen lag ich danach in einem versifften Fatboy und konnte mich aufgrund der akustischen Flankenangriffe aus beiderlei Hemisphären nicht mehr bewegen.
Mit einem dieser ungehobelten Inselbewohner habe ich mich später am Abend dennoch recht angeregt und zivilisiert über IKEA und Baumhäuser unterhalten. – Obwohl er haltlos besoffen war.

Dos Ojos

Am nächsten Morgen fand ich mich also in voller Tauchmontur mit einem australischen Pärchen (das alte Syndrom) und unserem jungen, doch bereits sehr erfahrenen Guide vor der Cenote „Dos Ojos“ wieder. Er erklärte uns noch die Besonderheiten des Höhlentauchens und schon waren wir im kristallklaren Wasser, nach unten bitteschön.

Wir bahnten uns unseren Weg dosiert ein- und ausatmend über, unter und zwischen atemberaubenden Gesteinsformationen, vorbei an Stalagtiten und ihren Gegenspielern, in die undurchdringlichen Tiefen (nicht mehr als zehn Meter) dieser sagenhaften Höhlenwelt.

Druckausgleich

Um uns blubberte es rege, es herrschte paddelnder Verkehr wie zur Rush Hour, was mich zu Beginn aufgrund meiner Unerfahrenheit und längeren Tauchpause noch etwas beunruhigte. Verkrampft sog ich gierig die Dosenluft ein und atmete sie erschrocken und explosionsartig wieder aus, wenn ich merkte, das ich zuviel Auftrieb bekam.

Formen

Ich litt unter höllischen Rückenschmerzen und die Finger meiner rechten Hand waren taub, da ich ständig ein Hohlkreuz machte. Dagegen konnte ich zunächst auch nichts machen, weil ich vollauf damit beschäftigt war, meine Höhe zu kontrollieren, um nicht gegen diese fragile und bezaubernde Landschaft zu stoßen.

Doch diese Unpässlichkeiten gaben sich schnell und in der Folge genoss ich wortwörtlich in vollen Zügen diese erstaunliche Reise im mexikanischen Untergrund.
Ja, es war teuer wider jegliche Vernunft, aber es war eine dieser Aktionen, bei der man kosmisch lachend darüber hinweg tanzt wie eine altvordere Hindu-Gottheit. Danach fühlte ich mich berauscht und am Rande zur Manie – jetzt mach’ ich, auf jeden Fall! meinen Rescue-Diver.

Happy & geflasht

Nun, das sagte ich bereits vor acht Jahren nach meinem ersten Lehrgang auf einer kleinen, verlorenen indonesischen Insel, aber hey, so what? Nicht mal unsere Sonne kann einen Moment still halten und sich für einen Winkel unseres Universums entscheiden. Der Apfel fällt also nicht weit vom Baum des Lebens, und doch fällt er bis in alle Ewigkeit, aber das führt hier zu weit.

Acid Test ohne Acid

Bei meinem zweiten Tauchgang (Wer ko’, der ko’) fühlte ich mich schon so sicher, dass ich bereit war, zudem eine GoPro-Kamera zu bedienen und emsig digitale Beweise zu scheffeln. Leider war dies mein erster Versuch mit so einem Ding, dazu noch in einer derartigen Umgebung, weshalb ich fast alle „Bilder“ wieder löschen musste.

Der Rest sieht so aus, als ob ich kurz zuvor psychedelische Drogen genommen hätte.
Was ich selbstverständlich NICHT getan habe. Gell, Oma? Neinnein, ich nehme lieber den Zug in den Himmel: Interdimensionaler Express Nr. 42 ohne Zwischenhalt nach Shangri-La, kein Gepäck.

Zurück in der Stadt zog ich mir dann noch schnell die „Bilder“ auf meinen Stick, rannte nochmal ins „Xolo“, weil ich vergessen hatte, beim Check-Out meinen Schlüssel abzugeben, und dann ab in den Bus nach Valladolid.
Nichts wie raus aus diesem Kaff.

 

 

 

 

Und tschüss!

Zu verkaufen?

Südseite wär’ schön…

 

 

 

 

 

 

 

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