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All you can eat

Rene, der Aussie, und Urban aus Slovenien begleiteten mich fröhlich pfeifend zu den Türmen der Stille in den Vororten von Yazd. Dabei handelte es sich um Grabtürme aus zoroastrischer Zeit, gelegen auf Hügeln am Rande der umzingelnden Wüste.

Die Zoroastrier dachten, dass man weder die geheiligte Erde (Begraben) noch die reine Luft (Verbrennung) mit den Kadavern ihrer frisch Verblichenen verpesten dürfe und verbrachten sie auf eigens dafür errichtete Türme, um sie den Geiern zum Fraß vorzuwerfen. 

Tatooine

Nahrung für andere Geschöpfe, fair enough, aber für mich ein eher befremdlicher Gedanke, wenn man bedenkt, aus was unsere Körper letztlich bestehen. Komische Sonnenanbeter sind mir das.

Aber von da oben hatte man einen netten Blick auf die umgebenden Hügelketten sowie auf einige ruinöse Behausungen in der Ebene, die aussahen wie Mos Eisley in seinen besten Zeiten.

Es gab auch einen Feuertempel zu Ehren Zarathustras, aber der war geschlossen, als ich während einer meiner seltenen Entladungen frenetischer Aktivität dorthin watschelte. 

Kein Feuer

Das ist so, wie wenn ein gemächlich rülpsender Vulkan alle paar hundert Jahre mal einen Schluckauf bekommt, weil sein Magen aus Verdruss übersäuert.
In der gleichen Art und Weise bin ich auch über einen der bereits besungenen Stadtparks hergefallen, wo es den höchsten Windturm in gaaaanz Iran zu bestaunen gab.

Stimmt, fast hätte ich das Wichtigste vergessen! Denn überall in der Altstadt ragten aus den Dächern der Gebäude sogenannte „Badgirs“, im Prinzip eine antike und klimaneutrale Version unserer heutigen Aircon.

Windfänger

Leider werden sie von genau dieser mehr und mehr verdrängt, weil sie billiger und viel kleiner ist. Lediglich zu Dekorationszwecken entschließen sich manche verblendeten Romantiker mit einem Hang für das Schöne, solche Dinger auf ihr Haus zu stellen.

Ein Windfang im umgekehrten Sinn: jener wird durch Öffnungen und mehrere Schächte mit Ventilen zur Zirkulation ins Innere eines Haus geleitet, um das Prasseln des sengenden Feuerballs am Firmament etwas erträglicher zu gestalten.
Oftmals befinden sich mehrere dieser fotogenen Türme um Zisternen angeordnet, um die heiße Wüstenluft zu kühlen, während sie am darin befindlichen kalten Wasser vorbei geleitet wird.

Vornehm

Am besten zu bestaunen von einem der mannigfaltigen Rooftop-Restaurants zum VIP-Sunset, leider ohne Gin Tonic.
Das alkoholfreie Pfirsich-Bier hat die Leber auch nicht aus der Brühe gefischt. Fragt mich bloß nicht, ich bin doch nicht bescheuert und bestell so was, alles was recht ist.

Eines anderen Abends besuchten wir ein „zurkhuneh“ (Haus der Stärke). Das hat mir eigentlich am besten gefallen.
Einige stattliche Burschen standen da in einem Rondell verteilt und wuchteten zum treibenden Getrommel und Gesang eines Animators tonnenschwere Keulen und Apparate durch die Luft, welche verdächtig an Kriegswaffen erinnerten.

Turnväter

Dieses frischaufe Treiben mutete tatsächlich ein bisserl wie militärischer Drill an, ähnlich unseren furchtbaren Ordnungsübungen aus dem 19. Jahrhundert, die jedem gestandenen Sportwissenschaftler das Mark in den Knochen gefrieren lassen.
Jeder Interessierte durfte den eigenwilligen Leibesübungen zuschauen, dazu wurde Tee gereicht. Pff. Zumba. Vergiss den Käse, das hier ist der richtige Shhhhenanigan.

Dergestalt verliefen die Tage während meines neuntägigen Aufenthaltes im Sande. Leute kamen und gingen, und ich blieb mit Abstand am längsten im Zehner-Dorm meines ansonsten eher poshen Hotels. Die meisten übernachteten nur zwei, höchstens drei Nächte und hasteten sogleich gierig weiter. Dhiese beKACKten Amateure.

Treibjagd

Ich besorgte die letzten Souvenirs, was unversehens in einen konsumspeienden Orgasmus mündete und ich meinen dicken Geldbeutel prall gefüllt mit Rials, Dollars und Euronen wie ein Messias über den Köpfen der staunenden Händler entleerte.

Mein Rucksack tut mir mittlerweile furchtbar leid, aber ich konnte nichts dafür!
Ich war wie im Rausch, trunken vor Liebe zu all den schönen Dingen, an denen man wie eine Fliege im dicken, harzigen Saft eines jungfräulichen Bernsteins kleben und für alle Zeiten konserviert bleibt. 

Rückfinden

Wann sie wohl meine DNA für einen Vergnügungspark einer längst erloschenen Spezies als beispielloses Beispiel sinnloser Verschwendungssucht extrahieren und mich den höheren Wesen zur Schau stellen werden, das Exemplar eines kläglich gescheiterten Versuchs der Rückfindung zu seinem Ursprung?

Doch ich mag wohl behaupten, dass ich an jenem Ort und Tag mein strahlendes Meisterstück ablegte, was Kreativität und Effizienz beim Packen anbelangt. 

Quarantäne

Ich spürte regelrecht, wie sämtliche Nähte meines armen Gefährten unter Hochspannung ächzten und vibrierten und in einer wüsten Eruption in alle Himmelsdimensionen explodieren wollten!
So dass selbst der Urknall nur wie das unterdrückte Niesen eines verschnupften Universums erscheinen muss, das sich mit Existenz angesteckt hat. 

Ich fühle mich mitunter versucht, an dieser Stelle sämtliche Einzelheiten meiner ausgebigen Einkäufe schamlos preis- und ordentlich damit anzugeben, aber freilich würde ich dergestalt die eine oder andere Überraschung gründlich versauen.
Und sowas macht man nicht.

Starren

Erst als ich vor lauter Langeweile nur noch leer vor mich hinstarrte, sprang ich letztendlich auf den Nachtzug nach Tehran, und das nicht ohne Vorfreude, präsentierte sich die Große Hure doch dieses Mal als das geschmeidige Tor zur Rückkehr in mein schönes München und die Arme meiner Lieben.

(Das ist einigermaßen gelogen: Natürlich musste ich den Zug eine Woche vorbuchen, um noch ein Ticket zu ergattern, aber ich habe tatsächlich nur noch leer vor mich hingestarrt.)

Ja, ich bin ernsthaft froh, wieder nach Hause zu kommen. Meine Reise in diesem Land war bezaubernd, aufregend, tiefschürfend, lehrreich, tausendfach schön, zum Verlieben, zum Heulen und Lachen, aber auch bis zur letzten Erschöpfung anstrengend und saugte jedes Quentchen Energie aus meinen Poren, das sich da traute, frech in die Welt zu grinsen.

Keine Palmen

Nächstes Mal wieder mehr Kokosnüsse.
Ich bin froh, in die gemütlichen vier Wände meines Zimmerleins am Goetheplatz zurückzukehren, die Bettenpfeile im Buchungssystem meines gönnerhaften Hostels zu ordnen und wieder auf die Kehrseite des Reisens zu treten.

…Eigentlich kann ich nicht glauben, was ich da schreibe.
Aber so ist das Leben. „Und wenn man nicht auf seine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie einen tragen.“
(frei nach Bilbo Beutlin in J.R.R. Tolkien’s „Der Herr der Ringe“)

 

 

Knochen

Zisterne

 

 

 

 

 

 

 

Konkurrenz

Andere Seite

 

 

 

 

 

 

 

Trist

Wuchten

Ticket kaufen

 

 

 

 

 

 

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