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Festgefahren

So bestieg ich denn am Freitag vor meiner Abreise die Fähre auf’s Festland. Zum einen hatte sich die Situation auf den Straßen zumindest etwas entspannt, zum anderen wollte ich sicher gehen, dass ich es auch wirklich rechtzeitig zum Flughafen schaffe. Ich dachte mir, vier Tage sollten genügen für 150 Kilometer.

Auf dem Weg zum Anleger sah ich zum ersten Mal die Straßenblockade an einer Hauptkreuzung von Ometepe, doch kamen wir ungehindert durch, da sie zu jenem Zeitpunkt nun, nicht „aktiv“ war. Tatsächlich sah es mir eher nach einem Maistreich aus als nach einem ernsthaften Protest.

Nebenstraße

Doch schon bald wandelte sich das Bild. Denn als in Rivas den Bus nach Granada nehmen wollte, musste ich feststellen, dass das wohl nicht so einfach sein würde, denn die Carreterra in den Touristenort am Nordufer des riesigen Cocibolca-Sees war komplett blockiert und bis über beide Stadtenden hinaus vollgestopft mit Trucks und Lieferwägen.

Schlangen aus Blech und Gummi brieten in der unbarmherzigen Mittagssonne auf der Herdplatte des Asphalts, ein stehender, ohnmächtiger Convoy und formvollendeter Verkehrsinfarkt. Die Busse hatten den Betrieb eingestellt, denn es gab schlicht und einfach kein Durchkommen für sie. Die einzige Möglichkeit bestand darin, ein Taxi zu nehmen und der Blockade über kleine Nebenstraßen auszuweichen. Oder abzuwarten und zu pokern.

Granada

Doch ich hatte keine Geduld mehr und wollte außerdem zumindest noch ein paar Tage in Granada verbringen, bevor ich mich weiter zum Flughafen durchschlug, so das überhaupt noch möglich war.
Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass die Proteste in naher Zukunft abklingen würden.

Zwar kam es zu Gesprächen zwischen der Regierung und der Studentenbewegung, jedoch kam außer Kohlensäure nicht viel dabei heraus, zumindest solange ich noch im Land weilte. Von daher schätzte ich die Wahrscheinlichkeit eher gering ein, dass ich in den folgenden zwei Tagen tatsächlich in einem Bus nach Granada fahren könnte.

Taxi?

Zudem bot mir der Fahrer, der mich bereits vom Hafen in San Jorge nach Rivas gebracht hatte, mit dreißig Dollar einen wirklichen fairen Preis für eine 70 Kilometer lange Taxifahrt, und kurz vor meinem Abflug konnte mir mein Budget sowieso schnuppe sein; ich wollte einfach nur noch weiterkommen und keine Abenteuer mehr mit der Brechstange erleben.

So checkte ich am späten Nachmittag ins „El Momento“ ein, das ich nach kurzer Online-Recherche am sympathischsten fand. Zumindest gemütlich genug, um nicht weiter suchen zu wollen. Aber wie sich herausstellte, war es auch ein ziemlich guter Treffer, denn sowohl der englische Besitzer als auch die Angestellten kümmerten sich rührend darum, dass ich es safe nach Managua schaffen würde.

Deutlich

Denn vor allem um die nicaraguanische Hauptstadt herum wurde viel protestiert. Zeitweise schien die Stadt komplett abgeriegelt, da auf fast allen Einfallsschneisen ganze Baumstämme die Weiterfahrt versperrten. Es war schwer abzuschätzen, die Situation konnte sich täglich ändern, und so versorgten sie mich regelmäßig mit Updates über die aktuelle Lage.

Das verschaffte mir genug Luft und Muße, dass ich mir während meiner letzten beiden Tage in Ruhe die Stadt ansehen und ein paar letzte Besorgungen machen konnte, unter anderem Kokosnussöl, Postkarten, zwei Flaschen Flor De Cana, ein T-Shirt sowie zwei Macheten*.

Mercado’s Castle

Es hat fast Spaß gemacht, auf der Suche nach einem Fußballtrikot für meinen heranwachsenden Cousin David wie ein aufgescheuchtes Huhn kurz vor der Schlachtbank in der Fleischabteilung über den Markt huschen, nach links und ducken!

Habe ich eigentlich schon einmal erwähnt, dass mir solche Märkte oft wie ein Hindernisparcours bei „Takeshi’s Castle“ vorkommen?
Flechtkörbe mit ausfahrbaren Klingen in Kopfhöhe, Flankenangriff von einer klapprigen Alten mit Avocado-Handgranaten, ekelhaft pink-klebrige Spinnennetze aus scheußlichen Synthetik-Pullis auf halb drei-

Riden

Etwas streift mein Schienbein! Ah, ein Kind. LED-Artilleriebeschuss und Limbo! unter einer messerscharf gespannten Planenleine durch.
Oder so Neo-mäßig in Zeitlupe und brettlhart im Flow durch die Matrix gliden, sliden und auf ihren Wellen riden – Okay, okay, reicht jetzt, alles klar.

*Ich weiß, ich besitze weder ausgedehnte Wälder noch hatte ich vor, einem verzweifelten sechzehnjährigen Räuber im heroischen Zweikampf gegenüber zu treten. Ich find’ die Dinger einfach geil und wollte eine haben. Punkt. Außerdem kann man damit wunderbar Feuerholz zerkleinern, und DAS! ist essentiell, keine Frage.

Kopf

Außerdem war es lustig, damit im Rucksack durch die Stadt zu spazieren, denn viele Passanten grinsten mich in gespielter bösartiger Schlitzohrigkeit an und machten recht eindeutige Gesten, die mich spontan an einige Szenen aus der „Schlacht der Fünf Heere“ erinnerten.

Fair enough, wie die verhinderten Kurzschwerter da so schräg in meinem Rucksack saßen, fühlte mich tatsächlich ein wenig wie Legolas mit seinen berüchtigten Messern auf dem Rücken. Naja, träumen darf man ja.

Zentrum

Im Gegenzug grinste auch ich: zunächst gespielt verschlagen, dann entwaffnend und gestand demütig: „Solo en mi caveza.“, nur in meinem Kopf. Dann mussten sie ganz fürchterlich lachen und das sorgte für ein wenig Aufmunterung, denn auch hier spürte man aufgrund der wie ein Damoklesschwert in der Luft hängenden Situation im Land eine unterschwellige Anspannung.

Wohl spukt auch noch immer die alte Revolution in ihren Köpfen herum; zwei ältere Herren auf dem Platz neben dem Parque Central:
„Morgen! Wie geht’s, Commandante?“
„Tranquilo, chico, tranquilo.“

 

Geschäftig

So nah, so fern

 

 

 

 

 

 

 

Glauben

Der Moment

Gliden

 

 

 

 

 

 

 

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