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Siedlung

So kann ich wenig von aufregenden Erlebnissen, halsbrecherischen Tuk-Tuk-Fahrten und grandiosen Orten berichten; meine Kamera lag depressiv und verlassen in einer dunklen Ecke meiner süßen Hütte aus einem organischen Material, das ich nicht näher benennen kann. Palmenblätter? Keine Ahnung.

Ich habe das starke Gefühl, dass sich meine Art des Reisens grundlegend verändert hat, weg vom Sammeln und Abhaken fabelhafter Sehenswürdigkeiten, davon habe ich nun wohl genug.

Spazieren

Vielmehr liegt mir das Aufspüren besonderer Orte am Herzen, wo ich sein kann und mich gute und verwandte Seelen umgeben. Wie ein phlegmatisches Krokodil möchte ich mich in diesem subtilen und manchmal etwas schlüpfrigen Fluss treiben lassen und alles mit großen Kulleraugen in mich aufsaugen, was mir dort widerfährt.

Das war letztlich der Grund, warum ich mich an Brian‘s Fersen heftete auf dem Weg von Hampi nach Gokarna, da ich mir sicher war, mit ihm auf der richtigen Spur zu sein. Mein Gefühl an diesem herrlichen Morgen, als die Wellen sanft am kühn geschwungenen Sandstrand unter einer rasch aufgehenden Sonne brachen, bestätigte meinen Instinkt mit aller Gewalt.

Menschen

So fand sich nach und nach eine Gruppe aus Menschen um uns ein, deren Dynamik und Kraft ich bis zum letzten Tag unterschätzte. Nie hätte ich mir träumen lassen, was dieser Ort mit mir macht, doch davon später.

Tags darauf trudelten Jim, Chris und Ruth aus Hampi ein, ich lernte Freya aus Schweden kennen, eines jener strahlenden Herzen, die einem selbst bei Minus 20 Grad noch eine warme Kuscheldecke um die Schultern legt. Ihre Stimme war wie ein tiefer und ruhiger Gebirgssee, und wenn sie eines ihrer bittersüßen, altschwedischen Volkslieder anstimmte, schien die Welt um uns herum zu vergehen.

Die Gang

Da kamen Kerrie und Lewis aus Bristol, er ein erfahrener, unerschrockener Reise-Veteran und der ruhende Pol des Pärchens, sie eine springlebendige Frohnatur, die Armeen umarmen und aus ihren Träumen Wunderländer spinnen könnte.
Andrew und Dave aus Australien umschwirrten uns wie scheue, aber neugierige Bienchen und schienen unseren Vibe vorsichtig abzutasten.

Alle zusammen oder in unterschiedlichen Konstellationen saßen wir beieinander an Lagerfeuern unter einem Blutmond, sahen von einem Hügel aus die Sonne im Meer versinken, während fliegende Fische wie flache Steine über die Wasseroberfläche tanzten und sprangen. Einmal erhaschten wir die Heckflossen eines Delfinpärchens.

Ins Meer

In solchen Nächten erhob selbst Brian sich mit einem Mal unsgetüm aus seinem Zen-Stüberl, nicht einmal eine Armee Chai-wallahs hätte ihn zurückhalten können. Der ging ab durch‘s Dach wie eine Rakete, war voll in the zone und flog high as a kite.

Einmal trat ein indisches Pärchen zu uns ans Feuer. Oder so schien es.
Da erblickte ich die schönste und betörendste Frau, die ich jemals gesehen hatte. Aufgeweckt, gefährlich, intelligent, sengend.
Auch Jim, der direkt neben ihr saß, kam gehörig ins Schwitzen. Ich war hingerissen, obwohl ich mir gegenüber sitzend schwertat, sie im schemenhaft wabernden Widerschein der Flammen mit den Augen auszuziehen.

Glück

Halleluja. Wäre ich eine Motte und müsste zwischen ihr und dem Licht entscheiden, ich würde mich mit all meiner Kraft und der Gewissheit des glückseligsten Todes auf diese Göttin stürzen, der mir in diesem oder irgendeinem Leben vergönnt sein möge.

Wir quasselten, lachten und und taten all das, was Menschen mit Freizeit und dem Hirn auf Durchzug eben in den Sinn kommt, und doch erreichte unsere Verbundenheit in kürzester Zeit eine Tiefe und Weite, wie ich sie selten – noch nie? – erlebt habe. Still und heimlich schlich sie sich in unsere Herzen, ohne auch nur höflich zu grüßen und sich anzumelden, wie es sich gehört: „Name…Passport-Numberr…how many days…Signaturre.“

Schöpfung

Um nur ein Beispiel zu nennen, saß ich eines Nachts mit Jim nach einem harten Tag im Office am Steueruder unseres Schiffes (jener Tisch, an dem ich an meinem ersten Morgen hier saß), wir rauchten eine letzte Zigarette, nahmen einen Absacker in Form des berüchtigten „Old Monk“ Rums zu uns und ratschten ein wenig, bevor wir zu Bett gingen.

Und ehe es wir uns versahen, knipste jemand im Universum das Licht an, und die vormals gut gefüllte Flasche war erstaunlicherweise leer.
Entkräftet hingen wir in unseren Stühlen und blickten ungläubig auf unsere Ginger-Chais;
das Restaurant hatte kurz zuvor seine imaginären Pforten geöffnet.
Aber es war glorreich. Ich redete so viel, dass ich am Schluss nur noch krächzte wie ein kastrierter Gockel.

Stimmt alles?

Ohne dass wir groß davon Notiz nahmen, hatten wir stundenlang philosophiert, die Welt aus den Angeln gehoben, in Stücke gerissen und wieder zusammengesetzt; zumindest soweit wir es erkennen konnten.
Falls Euch also in der letzten Zeit etwas komisch vorkam; dass sich zum Beispiel eine Tür
plötzlich
in einer Wand befindet, wo vorher keine war, oder Eure Zahnbürste an einer Stelle liegt, wo Ihr schwören könntet, sie da nicht hingelegt zu haben… Sorry. Wir taten unser Bestes.

Verkehr

Es war fast schon übertrieben kitschig, wieviele Parallelen und Gemeinsamkeiten wir aneinander entdeckten. Selbst unser beider Freunde schienen ähnliche Wesenszüge aufzuweisen. Nun, das und der alte Mönch schweißt zusammen, keine Frage.

…Und wieder schalte ich unter dem Moskitonetz in meiner Hütte den Laptop ein, weil ich nicht will, dass der… Abend? vorbei ist. Vergebens.

Gemeinschaft

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