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Gast Freund

Um neun holte mich mein Couchsurfer Mohammad in Yasuj ab und brachte mich in seine luxuriöse Bleibe.

Ach so. Mmmmja, also aus verschiedenen durchaus nichtigen Gründen hatte ich beschlossen, nach meiner frustrierten Frotzelei CS nochmals eine Chance zu geben. Und siehe! Es klappte. Aber er war der EINZIGE von neun Anfragen, der zusagte! Ja? Trotzdem scheiße.

Im Grunde ist es auch gar nicht nötig, den Umweg über’s Internet zu gehen, sondern man muss einfach ein paar Minuten eine x-beliebige Straße entlang gehen, und schon wird man eingeladen. Wirklich! Das ist weder ein Witz noch eine Übertreibung. Die ziehen das gnadenlos durch.

Gnadenlos

Bis dahin dachte ich ja, dass es in Iran eine so große Couchsurfing-Community gibt, weil sie aufgrund ihrer langen Isolation vom Rest der Welt geradezu nach Außenkontakt lechzen. Und das mag sicherlich auch zutreffen.

Aber je länger ich dort unterwegs war, kam ich immer mehr auf den Trichter, dass die das eh schon immer so machen und Couchsurfen weder fancy noch neu ist für die Iranis, nur dass es jetzt eben auch online geht.
Sie lieben es, Kontakte zu knüpfen und Gäste bei sich zu haben, die sie dann mit ihrer keulenbewehrten Gastfreundschaft moralisch totschlagen können.

Nerds

Das war bei Mohammad und seinem Bruder nicht anders. Sie empfingen mich wie einen lange vermissten Bruder und sorgten sich schmerzhaft rührend um mein Wohlergehen. Das Essen mussten sie leider bestellen, weil Mama nicht zu Hause war.

So gute Menschen. Wenn man in ihre Augen schaut, dann springt einem die Gutherzigkeit fast entgegen, und man möcht’ in diesen tiefbraunen Brunnen aus Freundlichkeit und Güte ertrinken. Und da waren sie beileibe nicht die einzigen.
Auch sie liebten Kinofilme, und so hatte ich wieder einmal die Gelegenheit, mein Nerdsein in vollen Zügen auszuleben.

Joyride

Zwei Tage blieb ich bei ihnen, an denen sie mich rund um die hohen Gebirgszüge des Zagros und an weitere denkwürdige Orte kutschierten, die ich wohl nicht so schnell vergessen kann.

So gab es da eine Stelle, an der das Wasser bergauf floss.
Kein Scheiß, ich dachte erst auch, na, das wird schon irgend so eine visuelle Verschickerung sein. Nein. Neinnein. Ich war DA, die Straße vor mir war DEFINITIV nach unten geneigt, und das vermaledeite Rinnsal im Bordstein floss grad in die andere Richtung, um allen Naturgesetzen seelenruhig in die Suppe zu spucken.

Kein Scheiß

Ich bin doch nicht blöd. Selbst das Auto rollte nach hinten, wenn man die Handbremse löste. Ich wurde Zeuge eines Wunders, da bin ich ganz sicher. Trotzdem werd’ ich kein Muslim.

Ach, da gab es herrlich mäandernde Flusstäler mit saftigen Ufergewächsen in der ansonsten karg winterlichen Berglandschaft, ein Traktor steckte aus irgendeinem unerfindlichen Grund im Gewässer fest. Mo: „I think they only have fun.“ Zweifelnder Seitenblick von mir.
Ja, dieser tolle Mensch konnte Englisch! Das hat eeecht gut getan. Ich war erst zwei Tage aus Shiraz draußen.

Er zeigte mir ein alteingesessenes Dorf mit pittoresk fotogenen und traditionellen Lehmhütten, basierend auf einem Rahmenwerk aus Holz. So ähnlich wie unsere Fachwerkhäuser. Nur anders. Die braunen Hauswände wurden von der weichen Abendsonne in ein goldenes Licht getaucht.

Feierabend

Oder der Wasserfall in Margoon. Auch geil. In mehreren kleinen Rinnsalen ergoss sich der Berg in eine enge Schlucht, wobei das Wasser aus mehreren Löchern im Fels hervorschoss. Eines sah aus wie ein langgestreckter, natürlicher Wasserhahn. In fein gewebten Vorhängen aus flüssigem Silber tropfte das Quellwasser herab über moosüberwucherte Felsvorsprünge und direkt vor meine Füße.

Ich hätte eine Dusche nehmen können, aber das hatte ich schon damals in Neuseeland und in den Pyrenäen abgehakt, vielen Dank.
Übrigens, hier gibt es Yoghurt in Festform zum Lutschen. Sieht aus wie Bimsstein, gar nicht so übel.

Schauspiel

In ein paar Minuten konnte man einen Hang erklimmen, von dem aus ich einen atemlos schönen Blick in das vorgelagerte Tal hatte mit seinen roten, braunen und gelben Steinfeldern, gespickt mit ein wenig vorsichtigem Frühlingsgrün. So einer von den Plätzen, wo einem unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen gezaubert wird, während das Herz all seine Tore öffnet.

Allein unsere Autofahrten bezauberten mit tollen Ausblicken auf die umliegende Landschaft. Wir passierten einen Skihang, da wollte ich aber nicht hin.
Viel zu stressig. Aber selbstverständlich hebe ich mir das Beste bis zum Schluss auf, wie es einem wohlgeschulten Autodidakten in Dramaturgie gebührt.

 

Vorsichtig

Lehm

 

 

 

 

 

 

 

Vergessen

Vorhang

Been there

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wasser

Mäandern

Lange Schicht

 

 

 

 

 

 

 

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