Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Von Obsessionen…
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Bueno, huschhusch weg vom lügenden und trügenden Mammon hin zu wirklich anspruchsvollen und tief dringenden Dingen: wir waren fischen.
Einen ganzen halben Tag! Selbst beim Niederschreiben wird mir da ganz schwindlig.
Das war spannend und wir erwiesen uns sogar als ziemlich erfolgreich dafür, dass wir blutige Anfänger waren im Umgang mit Handlines: Ich schaffte es, einen recht großen Grouper ins Boot zu holen, und Tom angelte einen wunderschönen Red Snapper. Carmen erwischte zwar viel, jedoch waren sie leider allesamt zu klein, so dass sie sie wieder in die salzige Freiheit entließ.
Aber letzten Endes kamen wir doch auf sieben, acht essbare Viecher, welche wir stolz dem Besitzer der Barke vorführten. Der aber steckte nur seinen Kopf in die Tüte, lachte schallend und rief: „Small fish!!“
Arsch. Nachsichtig mit unseren Gefühlen verwertete er sie dann aber doch zu Curry und Grillgut.
Schon ein cooles und irgendwie auch stärkendes Gefühl, einen Fisch zu verspeisen, den man mit der eigenen Hand gefangen hat. Das weckt altvordere Jagdinstinkte und verleiht Macht.
Ganz ehrlich, in vielen Dingen hänge ich immer noch grunzend am Baum.
Wir gönnten uns auch eine Strandmassage (zehn Dollarinyourface), wobei ich diesen Ausdruck ja gar nicht verwenden mag. Wenn die vielfältig zubereiteten Meeresfrüchte am einen Ende unserer Erlebnisskala lagen, so befand sich diese… Maßnahme ganz weit, weeeeit am anderen. – Nein. Stimmt nicht. Sie schaffte es nicht einmal dahin, sondern versank bereits auf halbem Weg dorthin im tiefsten Graben der Weltenmeere!
Was für eine Zeitverschwendung. Und dafür opferte ich einen kompletten Sonnenuntergang! Das war keine Entspannung, das war eine zähneklappernde Frechheit! Selbst der Undertaker ist einfühlsamer.
Der Druck, den sie auf meine Muskeln ausübte, war ja noch ganz okay, aber im Grunde bestand die Technik dieses Weibsbildes aus zwei rudimentären Griffen:
einem irgendwie hektischen Schrubben und Walken, so als ob sie einen Spätzlesteig in zwei Minuten kneten müsste sowie einem orientierungs- und lustlosen Tollpatschen, dass ich mir vorkam wie eine widerspenstige Notebook-Tastatur.
Da war kein Fluss drin und nix. Immer wieder musste sie unterbrechen, weil sie es nicht überreißen konnte, wieviel Öl sie denn jetzt in Wirklichkeit brauchte. Multitasking war auch nicht so ihre Sache, denn sie legte ausgiebige Pausen ein, um mit ihrer Kollegin zu tratschen oder sich ein gschissenes youtube-Video auf ihrem Smartphone anzuschaun.
Dazu passend drang scheußlicher Myanmar-Pop aus eben diesem, der sich anhörte wie eine misslungene Geburt.
Und das Öl! Jesses. Ich hatte mir ja extra eine „Medicine Massage“ bestellt, weil ich neugierig und beschämend naiv war.
Das einzig medizinische an dieser Wellness-Katasptrophe hing mit dem erwähnten Zähneklappern zusammen, denn in dieser Drecksbrühe muss Eukalyptus oder irgend so ein Schmarrn drin gewesen sein! –- Wisst Ihr, wie Eukalyptus auf den ganzen Körper verteilt wirkt?!
Ich sag’ es Euch, weil jetzt weiß ich es: wie eine Schneeballschlacht, nackt, in der Antarktis!! Wie ein erfrischendes Vollbad in Lappland! Ohne Sauna.
Wie schön, dass die Sonne mittlerweile untergegangen und die Temperatur am Strand gar nicht mehr so warm war.
So schnell ich konnte, klatschte ich dem Miststück ihr unverdientes Geld in die Hand und bin vor Eiseswut und -kälte durch den Sand in unser Zimmer und unter eine Decke gestürzt, bis mein Schüttelfrost aufhörte, die Richterskala zu erwürgen.
Und das am Meer!! In, in den bekackten Tropen, Mann! – Sowas darf es doch gar nicht geben! Das sollte ein Widerspruch in sich sein, verdammte Axt.
Aber das ist Murphy eben scheißegal.
In Wahrheit hätte ich diese Zumutung spätestens nach zehn Minuten abbrechen sollen, aber dann könnte ich jetzt ja nicht darüber schreiben.
Abgesehen davon bewegten wir uns aber wirklich so wenig wie möglich; außer Carmen, weil sie in einem früheren Leben ein Fisch war. Das heißt, Tom musste aus Solidarität deswegen auch öfter schwimmen gehen…
Also gut, ICH habe mich so wenig wie möglich bewegt. Ich mein klar, ich hätte mir ein Rad leihen und in hinreißende und von der Zeit vergessene Fischerdörfer fahren oder andere interessante Orte besuchen können – aber ich bin doch nicht bescheuert.
Wir mussten das ja auch gar nicht tun, nicht einmal, um irgendwas zu organisieren, weil die Organisation kam praktisch zu uns an den Strand. Sehr praktisch und darüber hinaus nur angemessen.
Selbst die Sonne ging züchtig vor unserer Nase unter, versank flammend im Meer und verwandelte den tiefblauen Himmel am Horizont in ein wundersames Gemälde aus Rosa, Violett und feurigem Orange. Ganz leise wisperte es auch von Türkis, während weiter oben sich eine hauchdünne Mondsichel zur Erde neigte und zum ersten Stern des Nachthimmels gesellte.
Es war schon fast kitschig. – Streicht das „fast“.
Dazu muss ich allerdings gestehen, dass ich jetzt, in einem Anflug von literarischem Schmalzwahn, bestimmt vier Abende zusammen geshakert habe, aber es war leider echt ziemlich geil.
An der vornehm rauschenden Brandung entlang spazierten zwei Dschungelbuch-Schönheiten mit Tontöpfen auf ihren entzückenden Köpfen, ein Reiter kam ihnen entgegen auf seinem Weg nach Hause… Was war das? Eine wiehernde Robbe?
Nein, nur das Badeanzug-Monster vom Sheraton.
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Bitte umblättern: …Ein Rakhine-Märchen
Oh man die Passage mit der Massage, ich wär beinahe vor Lachen erstickt und das wär deine Schuld gewesen. Ich kann mich noch genau an dein Gesichtsausdruck erinnern als du (sagen wir mal leicht erzornt) in die Unterkunft zurückgestampft bist. Die Carmen und ich dachten uns erst „hmmmm, was hat er denn“
Tihi, schreib’s auf meinen Karma-Deckel. Ich persönlich hab’ das ja eher als Heiligen Zorn empfunden, kombiniert mit Schüttelfrost. Kam das so rüber im Text, ja? 😉