Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Tod im Leben…
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Ihr nicht minder betörendes, doch in diesem Gegensatz glasklares Gegenstück erlebte ich eines Tages am Ufer des Tana-Sees, wofür ich noch einen Tacken früher als gewöhnlich aufgestanden war, um unserem Gestirn einen guten Morgen zu wünschen, nachdem ich es am Abend zuvor gleichfalls ins Bett geleitet hatte.
Wie ein bleicher und ominöser Spiegel lag der See ausgebreitet da, während das Dämmerlicht des aufkommenden Tages meiner Umgebung langsam Konturen und einen dünnen Farbanstrich verlieh.
Um mich herum versammelten sich immer mehr dunkle Gestalten, die sich vor der silbern spiegelnden Bucht schemenhaft abzeichneten, währenddessen sie sich müde die Augen rieben und widerspenstig auszogen, um sich im kalten Wasser des Sees den Schlaf aus ihren steifen Gliedern zu waschen.
Kleine Jungen plantschten nackt und vergnügt mit ihren glänzenden Körpern in der leise schwappenden Brandung, während sich die erwachsenen Männer auf den schwarzen Ufersteinen rasierten.
Ein mir entgegen tapsendes Mädchen stolperte und stürzte zu Boden, aber zum Heulen blieb ihr keine Zeit, da ihre großen Kulleraugen, wie so viele jener Fenster zu unschuldigen Kinderseelen, wie ein Laserstrahl starr auf mich gerichtet waren und mich unentwegt, fassungslos und leicht entsetzt anstarrten.
Doch auch nicht wenige der Älteren warfen mir zumindest einen kurzen und verwunderten Blick zu. Immer wieder drang ein der frühen Stunde gemäßes und dementsprechend verhaltenes, ja, beinah der Hauch nur eines ehrfürchtig gewisperten „ferenjo…“ an mein Ohr, als ich es mir auf den Felsen gemütlich machte und mein fotografisches Arsenal strategisch in Position brachte mit meinem Smartphone in seiner Tripod-Stellung auf der linken Flanke.
Weiter drüben wartete eine Schar Pelikane auf die frühen Fischer in der Hoffnung, etwa einen billigen Happen abstauben zu können.
Und schließlich erhob sich auch die Sonne mit einem letzten Ruck aus ihrem unermesslich schwarzen Sternenbett und stach mir, jäh und ohne Vorwarnung die Augen aus.
Demütig und blind verneigte ich mich nicht ganz ungezwungen und suchte in der unverwandten Hitze schnell das Weite. Auf dem Steg eines extravagant teuren Spa-Nobel-Resorts mit geschmackvoll und traumgleich in die umstehenden Bäume gebauten Hüttenpalästen aus Naturstein, Holz und Bast entbot ich ihr jedoch frech einen letzten Gruß und übte mein regelmäßiges Gold-im-Mund-Yoga.
Vor meinem Sunrise-Ausflug war dazu nämlich keine Zeit mehr gewesen.
Dank der werksmäßigen Busabfahrtszeiten sowie den getragenen Muezzin-Arien, die das sonore Krächzen der Hähne anmutig begleiteten, war ich es mittlerweile fast gewohnt, um fünf Uhr in der Früh aufzuwachen – aber außer meiner Seele hat auch alles seine Grenzen, gell.
Allein, dass die Welt nicht schreiend explodiert, da ich diese Zeilen niederschreibe, ist bereits genug des glücklichen Zufalls. Da macht mir im Vergleich dazu die Aufkündigung des internationalen Atomwaffenabkommens nicht die geringsten Sorgen.
Jagt doch von mir aus unsre Heimat in die Luft, geh ich halt auf einen anderen Planeten.
Mein Gott, warum steckt Ihr nicht Putin, Trump, Erdogan und meinetwegen Kim Jong Un als Schiedsrichter in eine hermetisch abschließbare Zelle, und dann sollen sie sich mit ihrem ätzenden Geseier gegenseitig das Hirn auskratzen.
Warum gibt es keine Hunger Games für fehlgeleitete Präsidenten und Volksführer?
Mit Verlaub, Thema gschwätzt.
Nein, jetzt mal ehrlich und ungeschönt, je länger diese kindischen und absurden Kampfhähne an der Spitze ihrer Nationen ihr erbärmliches Kasperlestheater aufführen dürfen, desto peinlicher steht die gesamte Menschheit am Ende da, vor sich selbst und vor ihrem Schöpfer.
…Und schon wieder hatte ich einen Teil meiner Selbst abgelehnt. – Das mit der unteilbaren und alles in sich schließenden Göttlichkeit ist doch wirklich zum aus der Haut fahren!
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht