Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Des Alchimisten Traum…
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Aus diesem Grunde musste ich, zu der selbst für dortige Verhältnisse unchristlichen Zeit, um zwei Uhr morgens aufstehen, um gegen Drei am Bus zu sein, der dann sowieso erst um Vier seine dicken Reifen bewegte. Na gut. Aber man weiß ja nie, der Teufel ist ein lausiger Straßenköter.
Ja, ich wollte auf Nummer Sicher (Schreibt man das in dem Fall groß?) gehen und überprüfte der Redundanz zum Trost noch einmal die genaue Uhrzeit, denn seit der Zeitumstellung zu Hause waren wir in Äthiopien nur noch eine Stunde hinten dran. Wer kann wissen, wie das meine technischen Geräte verkraften; nicht dass sie hernach zum Psychiater müssen. Jedenfalls, bald habe ich Euch eingeholt!
…Wie lange gibt es die eigentlich noch?
Manche Politiker scheinen sich via Facebook für ihre erfolgreiche Abschaffung ja stolz und tapfer auf die Schulter zu klopfen ob dieser heldenhaften und ganz außerordentlichen Errungenschaft, die natürlich zum größten Teil ihnen selbst gebühre.
Soll sich der Brexit da mal eine Scheibe von abschneiden: jaaa, bitte! Einen Nobelpreis für die Bekloppten, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Neger.
Das sind Probleme, was? – Ich weiß ja auch nicht, was diese aufmüpfigen und missratenen Schulgören mit ihren blöden Protesten erreichen wollen, so ein Unfug!
Da ist es doch viel besser, dass wir diese fiese und jede aufrechte Zivilisation in ihren Grundfesten erschütternde Zeitumstellung bald los sind, was?
Danach wird alles besser, das sag’ ich Euch. Selbst dem Klimawandel müssen bei derart brisanten und historischen! Umwälzungen vor Angst die Knie schlottern.
Ein Hoch auf unsere frisierten Klabautermänner im Nadelstreifenanzug!
Stoßt doch bitte mit mir darauf an, wenn ich wieder zu Hause bin, ja? Das wäre wunderbar, weil ich krieg’ immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke – oder Dünnschiss, je nachdem.
Seit dem Fall der Mauer habe ich mich nicht mehr so beschwingt und freudig erregt gefühlt: Ein goldenes Zeitalter bricht an, fürwahr! Lasst alles stehen und liegen und kommt mit mir auf die Blumenwiese: „Aquaaariuuuss!!!…“
Reißt alles nieder und ladet doch die Tommys wieder in die EU ein, for free, kommt schon, jeder macht mal einen Fehler, oder nicht?
Und gebt den paar Refugees einen Putzjob für 20 Cent die Stunde, warum denn nicht? Die Klos in den Münchner U-Bahnhöfen schauen eh aus wie Sau.
„Wie bitte? – Nein, ich bin ganz und gar nicht zynisch. Nur einfach fürchterlich und saumäßig WÜTEND! Weil diese HIRNverbrannten-“ – „HUTMACHER!“
„…Alleswiedergut.“
Davor jedoch verabschiedete ich mich ergebenst von dem herrschaftlich livrierten Nachtportier, der in Wirklichkeit auch tagsüber, also eigentlich immer, am Eingang des Whitney zubrachte.
Ich liebte ihn, weil er mich zu allen Zeiten dermaßen überschwänglich und unterwürfig begrüßte und mit dem strahlendsten Lächeln des ganzen Kontinents überschüttete, als ob er die ganze Unbill und den Ungemach, die mir in diesem Lande zuteil geworden sind, wiedergutmachen wollte.
Er hatte keinen geringen Erfolg damit.
Und so kam es. Nach drei Tagen nur verließ ich die Hauptstadt der Tigray-Region im hohen Norden und machte mich in die entgegengesetzte Richtung auf und ein letztes Mal in den Staub.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht