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Das waren jetzt sozusagen die Eckpfeiler unserer gemeinsamen Zeit in Myanmar. Bleibt mir nur noch, diesen Reisewindbeutel mit etwas Sahne zu füllen und zu berichten, was sich allzumal dazwischen zugetragen hat, auf jenen verschlungenen Pfaden und Wegstationen, die mithin das Patchwork-Puzzle unserer Erfahrungen vervollständigen.
Ihr denkt jetzt bestimmt, dass ich mich kapriziös und ausschweifend über die maroden Straßenverhältnisse in diesem Land auslasse, nicht wahr? Nun, das tut mir leid, denn dahingehend muss ich Euch enttäuschen.
Obwohl wir – vor allem während der zweimaligen Überquerung des Rakhine-Gebirges – durchaus auf holprigen Staubpisten unterwegs waren, wurde mein teures Rückenmark selten so schonend behandelt wie dort.
Es einen Genuss zu nennen, wäre vielleicht etwas steil, doch ich war überrascht und geradezu angetan von den schüchternen Hüpfern, die mich beinahe sanft in den Halbschlaf wiegten.
Die Langstreckenbusse auf den Hauptverkehrsstraßen waren kaum weniger modern ausgestattet als Flixbus & Co. Zwar gab es (noch) kein wifi, aber immerhin ab und zu Ladestationen, einen Fernseher mit Dekorationswert und! Beinfreiheit.
Als ich zum ersten Mal auf meinem Sitz Platz nahm, wäre ich vor Erleichterung fast religiös geworden. Man bekommt Wasser und manchmal sogar Snacks.
Ich war aufrichtig beeindruckt.
Und natürlich Aircon. Wie schön. Dabei kühlen die das Innere der Busse so übel runter, dass man meint, man sei in einer Gefriertruhe auf dem Weg zum Mars; nur hat jemand vergessen, das Bewusstsein der Passagiere auszuschalten.
Die wissen das auch und es war ihnen wurschd, denn auf jedem Sitz lag planmäßig eine Decke bereit, was man als logisch begabtes Wesen besser nicht näher durchdenkt.
Ich musste zusätzlich meinen Schlafsack auspacken, um nicht zu enden wie Han Solo: „Ich liebe Dich!“ – „Ich weiß.“ Carmen trug davon leider eine nervige Erkältung davon.
Wenn man in einen anderen (Bundes-)Staat des Landes reiste, fertigte die Bus-Company vor Abfahrt oft vieleviele Kopien von Reisepässen und Visa an, da es sich zwischen den einzelnen Regionen um regelrechte Grenzübergänge handelte, volles Programm mit Schlagbaum, Zollbeamten und pipapo.
Bevor es weiter gehen konnte, wurden die Dokumente von jedem einzelnen Passagier ausschweifend und eingehend geprüft. Da die Uniformierten über keine elektronischen Hilfsmittel verfügten, mussten sie diesen Umstand mit der Intensität ihres penetranten Blickes ausgleichen; mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen, was zudem ihr ernsthaft konzentriertes und leicht mürrisches Auftreten hinreichend erklärt.
Die weiten Ebenen des Ayeyarwaddy-Tales waren geprägt von Wiesen und Feldern, immer wieder durchschnitten von kleinen und größeren Waldstücken. Am Straßenrand einfache und ärmliche Behausungen auf Stelzen, nur ab und an verirrte sich eine geschniegelte Villa in diese durch und durch ländliche Gegend.
Menschen gingen ihren Beschäftigungen nach oder hielten ein Nickerchen, die Fahrer der Mopedtaxis lungerten gelangweilt auf ihren Ledersätteln und Kinder rollten mit Stöcken schwarze Fahrradreifen vor sich her. Das Land war so staubig und trocken, dass ich Angst hatte, die armen Pflanzen da draußen könnten wie uralte Bücher zu Mehl zerfallen, sobald ich sie berührte.
Mitten in der Nacht wurden wir geweckt: wir seien am Ziel.
Aber – es ist doch noch dunkel. Sollten wir nicht erst so gegen Sieben ankommen? – „Ngapali?“ – „Yesyes.“ – Hä? Wie jetzt? Wir sind schon VOR der Zeit am Ziel?! Wo gibt’s denn sowas?
…Irgend etwas ging dort nicht mit rechten Dingen zu.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht