Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Burma Expo…
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Laut dem Lonely Planet stellte das Stück zwischen Taunggok und Pyay die magenumwälzendste und unbequemste Fahrt in ganz Myanmar dar.
…Also, entweder war ich schon so abgestumpft zu dem Zeitpunkt oder aber der Typ, der das geschrieben hat, ist noch nicht viel Bus gefahren in Asien. Beziehungsweise schon, aber um einiges früher.
Ich meine, das war jetzt kein Picknick auf der Eierwiese, aber bis dahin hatte ich, oh, schon viel, VIEL Schlimmeres erlebt. Grad, dass es halt kurvenreich war und ab und zu a bissl geruckelt hat, okay. – Pff. Hauptstraßenfahrer.
Hey, und echt jetzt! Seit meiner Meditationswoche bin ich erstaunlicherweise in der Lage – auch völlig übernächtigt um 3 Uhr morgens zum Beispiel!, schnarchende Egozentriker, speiende Frauen und greinende Schrazen viel leichter zu ertragen. Sogar das berüchtigte, würgende Röcheln, das in Asien so beliebt zu sein scheint und bei dem man meint, ihnen stecke die nächste Wiedergeburt schon in der Kehle.
In Wirklichkeit kauen und spucken die Birmesen wie viele andere Völker in jenem Erdteil dieses berüchtigte Gemisch aus Betelnuss, Kalk und was weiß ich nicht alles an Naturdrogen in einem Ausmaß, dass ungelogen die gesamte Oberfläche des Landes rot gesprenkelt erscheint.
Ironischerweise ging es auf den angemahnt kurvenreichen Reiseetappen in den Bergen noch am zivilisiertesten zu. Wenn es hoch kam, mussten vielleicht zwei oder drei sozialistisch empfindliche Mägelein revoltieren.
Aber auf der überwiegend ebenen und schnurgeraden Fahrt von Pyay nach Mandalay, bei der man schon ein weit entwickeltes Körpergefühl haben muss, um das Ruckeln überhaupt zu spüren, also da wurde gekotzt und gereihert, dass ich mich wunderte, dass am Zielbahnhof überhaupt noch menschliche Körper vorhanden waren.
Schon komisch, gell.
Irgendwie war die ganze Fahrt komisch und unangenehm. Erschienen Fahrgäste oder Passanten anderweitig als zumindest sehr, sehr angenehme Zeitgenossen, so lag aus irgendeinem Grund auf der Strecke fast schon ein aggressiver Vibe in der Luft, ziemlich strange.
Ich meine, eigentlich nicht. Auf unserer Welt geziemt es sich durchaus, auf langen Busfahrten ein misslauniges und kratzbürstiges Gebahren an den Tag zu legen. Wenn das Buspersonal nicht werksmäßig grimmig und gestresst drein schaut, mache ich mir im Normalfall ernsthaft Sorgen.
Doch bis dahin wurden wir in diesen Gefilden, sagt-und-schreibt-es, regelrecht verwöhnt!, um nicht zu sagen: auf positive Art und Weise verdorben, was das angeht.
Die wohl drolligste und wunderlichste Eigenheit des hiesigen Verkehrssystems bestand überdies darin, dass dort zwar Rechtsverkehr herrscht, aber das Lenkrad in vielen Automobilen ebenfalls und immer noch auf der RECHTEN Seite der Fahrerkabine angebracht ist.
Das ist wirklich wahr, weil 1970 hat die Militärregierung über Nacht beschlossen, dass fortan alle Fahrzeuge auf der rechten Spur fahren sollten. Davor herrschte in Myanmar wie in den meisten anglifizierten Ländern in der Tat: Linksverkehr.
(Findet Ihr nicht auch, dass sich das so ähnlich wie „infiziert“ anhört?)
Augenscheinlich wurde dem chronisch amptierenden Oberhoncho zu der Zeit nämlich geweissagt, dass er bei einem Autounfall auf der linken Spur ums Leben kommen werde. Und da hat er halt Panik bekommen. Logo, würde ich genauso so machen.
Und mir einen Panzer kaufen.
Und was ein braves und von Engländern befriedetes Land ist, verfügt selbstverständlich auch über eine Eisenbahnstrecke. -grins- Im scheinbar charakterlosen Mandalay buchten wir uns voller Vorfreude ein Upper-Sleeper-Ticket nach Katha am Ufer des Ayeyarwaddy im hohen Norden. Der alte koloniale Bahnhof wurde leider durch einen protzigen Neubau ersetzt, der abgesehen von der Fassade jedoch wenig modern wirkte.
Unser Vierer-Abteil war nicht gar so liebevoll eingerichtet wie das in Zimbabwe, doch es verfügte immerhin über einen Deckenventilator, Bettlampen, ausklappbare Flaschenhalter sowie einen Spiegel. Ausgezeichnet.
Die Fenster allerdings waren sehr klein und zu niedrig angebracht, eine nicht geringe Einschränkung für einen tollwütigen Knipser wie mich!
Umso mehr erfüllte es mein Herz mit Freude, als mir unser aufopfernder Zugbegleiter, sein Name war Koko, mit seinen zarten und goldenen zwanzig Jahren eine Waggontür öffnete, wo ich in aller Seelenruhe Myanmars Landschaften an mir vorbeiziehen lassen und einige wenige, ausgesuchte Bilder machen konnte – so an die zweihundert:
„It’s okay, no problem. – You careful!“ Daumen hoch und grinsen.
Das Land erschien auch dort weitgehend flach und betupft mit vereinzelten, gedrungenen Bäumen und Pagoden, die im Glanz der prallen Sonne funkelten. Behütete Landwirte beluden zwischen hoch aufragenden Palmengärten und trotzigem Buschwerk ihre Karren und treiben schnalzend die Ochsengespanne an, während Fischer in kleinen Tümpeln und Flüssen ihre Netze einholten.
Wir passierten kleinere Ortschaften und Dörfer, meist nur aus dem Augenwinkel erspähte ich staunende Kinder, Betel pfzz!ende Typen sowie ein ganz und gar anmutiges Wesen, welches sich in nassem Kleid auf einer kleinen Holzbrücke Wasser über ihre pechschwarz schimmernden Haare goß.
Wie ich so dasitze im lau streichelnden Fahrtwind, denke ich mir nicht zum ersten Mal, dass es auf der Welt nichts Schöneres gibt, als ein Land auf diese bezaubernde Art und Weise kennenzulernen und dabei zu beobachten, wie die scharf umrissene Scheibe der Tropensonne langsam hinter den fernen Wipfeln des burmesischen Dschungels versinkt…
…Zurück im Abteil: in der feinen Gesellschaft von ein paar Flaschen Whiskey und Rum sowie den angenehmen Klängen aus Toms geliebter Musikbox ließen wir den Abend mit ausgestreckten Beinen genussvoll ausklingen.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht