„I follow the Moskva…“ – Von tollkühnen Fahrten

Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Moskau! Moskau!…
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Vortasten

Dieser eine Tag, so umfangreich und schlauchend er auch war, war natürlich noch nicht alles. Denn am nächsten Tag liehen Masha und Senja uns ihre Räder, damit wir die Stadt fürderhin auf eigene Faust erkunden konnten.

Allerdings taten wir das gaaanz entspannt, und zwar erst am Nachmittag, nachdem wir einigermaßen ausgeschlafen waren und uns ein ausgedehntes Frühstück, mit Kaffee und Zigaretten, einverleibt hatten.

Entlang einer Stichstraße arbeiteten wir uns vorsichtig an ekelhaft rationellen Wohnblocks vorbei in Richtung Zentrum, da wir mit dem frenetischen und vielspurigen Verkehr Moskaus noch nicht vertraut waren.

Ratio

Naturgemäß verfransten wir uns auch das eine oder andere Mal.
(Für meine Oma: Ich habe mein Leben NATÜRLICH nicht derart leichtfertig aufs Spiel gesetzt, sondern ich habe den Zug genommen.)

Am Hauptfluss bogen wir ab und folgten seinem Verlauf weiter bis zum Stadtpark. Das war um einiges entspannter, denn dort gab es eine breite Promenade, die auch für fidele Radlfahrer gut geeignet war. Der Fluss zog sich träge dahin; weiter oben sonnten sich hippe Urbanauten auf den Stahlträgern einer hippen Brücke.

Eben in jenem Moment erinnerte sich Arnold an einen legendären Song aus unserer frühen Jugend, der zusammen mit MacGyver, dem A-Team, Spaceballs und einem Colt für alle Fälle mehrere Generationen prägen sollte.

Legendär

Viel wahrscheinlicher ist, dass er sich der Tatsache wohl bewusst war und diesen Trip heimlich und von langer Hand geplant hatte, aber ich selbst war vollkommen arglos und erlebte somit eine ganz bezaubernde Überraschung. Der Song ging nämlich so:

„I follow the Moskva… down to Gorky Pa-aark… Listening too the wind, of chaa-aange…“ – Die verdammten Scorpions, Mann! Das war mein allererstes Lieblingslied, als ich mit meinen zarten grob elf Jahren soeben angefangen hatte, Musik zu hören!

Scheu

Und schon wieder schloss sich ein Kreis… Echt, so langsam geht mir das schon auf die Nerven. Weil, was ist, wenn irgendwann einmal auch der letzte sich vollendet?
Sssssssss (die Luft einziehen dabei; Anm. d. Sammlers), ganz schön deep, das ist gefährlich.

Schnell wieder zurück an die Oberfläche! Bis auf ein paar Wasserspiele, die wie magisch im frühabendlichen Licht einer scheuen Frühlingssonne funkelten, konnte der Park an sich jetzt nicht viel. Es sollte dort einen netten Flohmarkt geben, das war aber falsch. Dann sind wir halt wieder zurück gefahren.

Gelohnt

Aber allein dafür, dass wir die einzigartige Gelegenheit hatten, die unsterblichen Lyrics der Scorpions auf eine so glanzvolle Art und Weise zu manifestieren, allein dafür hatte sich der Ausflug schon zuhauf gelohnt.

Zudem war er körperlich mehr als ausreichend, denn eigentlich wollten wir an dem Abend mit unseren lieben Gastgebern noch um die Häuser ziehen, aber alle vier waren wir viel zu platt dazu. Stattdessen hockten wir gemütlich in der Küche bei Wein und Gerede und lachten dabei soviel, bis die Tränen unsere Augen verklebten und wir sie nicht mehr auf bekamen.

Lieblingecke

Am darauf folgenden Tag hatte Masha frei, und sie zeigte uns ihre Lieblingsecken von Kitay Gorod: einen alternativen Buchladen, Graffiti-Wände, das Geschäft ihrer Freundin, die vor allem anderen qualitativ hochwertige Kondome verkaufte, ein russisches-indisches und darüber hinaus vegetarisches Restaurant für unheilbar sensible Wickeltuch-Philantropen, ein ehemaliges Laufhaus (in dem davor pikanterweise die Zarin gewohnt hatte), ja, sogar so eine abgefahrene Krishna-Convention gab es da!

Wie ich sie liebe, meine armen Hippies. Auf der einen Seite kann es mit der Spiritualität meiner Ansicht nach nicht weit her sein, wenn eine derartige Gruppierung so eklatant Eigenwerbung betreiben muss und dafür fast schon dekadent poshe Messen veranstaltet. Aber vielleicht bin ich da auch zu engstirnig, wer weiß.

Außerdem war es faszinierend zu beobachten, was für unterschiedliche Leute davon anzogen wurden! Vom steif gebleichten Schlipsträger bis zum graumelierten und in Leder gebundenen Altrocker waren da alle möglichen Schubladen vertreten und zugegen.
A propos Altrocker. –- Wartet, gleich…