Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Die Macht ist…
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Bei einem Klassenausflug (wie früher!) zu einer Schule für traditionelle Heilweisen verbrannte ich mir aber im wahrsten Sinne die Finger beziehungsweise die Füße!
Dort zeigten sie uns zunächst, wie man mit Pflanzenblättern auf dem Körper des Patienten herumstreicht und währenddessen Gebete murmelt.
Man musste quasi wortwörtlich dran glauben.
Aber das war eben nicht das Verrückteste, was ich dort erlebte.
Oke: Kunde liegt auf einer Pritsche, und der Masseur steht über ihm und hält sich in Schulterhöhe an einem Querbalken fest. Daneben liegen zwei formschöne Holzschalen, einmal gefüllt mit Kurkuma-Wasser sowie einer Mischung aus Öl und Whiskey. – Ja, richtig. Whiskey.
Zudem prasselt ein Holzfeuer mit einer heißen Eisenplatte darauf.
So. Jetzt dippt der Behandler seinen Fuß zum Beispiel in das vergeistigte Öl, berührt ganzkurz! die Eisenplatte, um die Flüssigkeit aufzuheizen, eine Stichflamme umhüllt sein Bein! – und dann fängt er seelenruhig und unverletzt an, mit seinem Fuß den Rücken des Partners zu bearbeiten.
…Wie, wie kommt man denn auf sowas??!! Was muss man rauchen, um sich eine derartige Absonderlichkeit einfallen lassen zu können: „Fffoooaa…“ -blinkblinkblink- „Oidaafffffff – Ich han’ a saugeile Idee!“
Naja, also war ich doch nicht ganz untätig. So und anders zogen die Tage in Chiang Mai ins Land, und einer jagte den nächsten. Es ist furchtbar, wie schnell die Zeit vergeht, vor allem wenn man auf der Couch chillt und nichts tut.
Und plötzlich musste ich gehn. Einfach so.
Wir umarmten uns alle im Giant und versprachen, uns gegenseitig E-Mails zu schreiben, was in 98% der Fälle niemals geschah. …Außer bei einem, und der war aus München. – Eine halbe Stunde später saß ich im Zug und hörte zu, wie die Lok, die einem asthmatischen Kettenraucher gleich rasselte und schnaufte, sich langsam gen Bangkok wälzte.
Und ehe ich mich’s versah, saß ich auf einem Platz vor dem Lumphini Park im Stadtteil von Si Lom, und war widerwillig beeindruckt von den modernen Betonmonstern am Crowne Plaza.
Zwischen ihren Schluchten wanden sich Überführungen wie kühne Asphaltschlangen dahin, auf denen Autos und Stadtbahnen hin und her flitzten.
Ich konnte mir nicht helfen, aber dieser Full-On-Moloch übte eine perverse Faszination auf mich aus.
Im Park trimmten sich die Leute zu den Verrenkungen einer Faranghimateuse. Früher nannte man so etwas Aerobic, heute heißt es wahrscheinlich Tai Gong Power Zumba oder so.
Menschen gingen ihres Wegs, vorbei an Getränke- und Kokosnuss-Verkäufern, Mopeds parkten Schlange. Ein Junge spielte zur Begleitung eines Rhythmusgeräts auf einer traditionell aussehenden Gitarre, und das gar nicht mal schlecht.
Normalerweise ergreift mich in solchen Momenten immer eine seltsam ungerichtete, doch wunderschön getragene Melancholie, scheinbar im Widerspruch gepaart mit der Vorfreude auf ein neues Kapitel in der Heimat.
Doch ich fühlte nichts dieses Mal: kein schauriges Wälzen in der Magengrube, kein seufzendes Aufatmen – alles schien vollkommen normal und unbedeutend.
Vielleicht hatte ich mich mittlerweile an solche Momente gewöhnt, vielleicht war ich zu der Zeit einfach emotional taub. – Vielleicht lag es aber auch daran, dass die kurze Zeit in Chiang Mai bereits ausgereicht hatte, ein gewisses Gefühl von „Alltag“ zu entwickeln.
Ja, jener letzte Monat meiner Reise war in der Tat sehr unterschiedlich zu der eher unsteten Zeit in Myanmar, fast schon gegensätzlich.
Obwohl ich das irgendwie nach jeder Reise sage, aber im Falle von Chiang Mai könnte es tatsächlich sein, dass ich irgendwann noch einmal dorthin zurückkehre.
…Nach Thailand, ausgerechnet. Aah, beißende Ironie! Narr und Geißel übersteuerter Ernsthaftigkeit, komm in meine Arme (…und ersticke darin)!
Vielleicht ist das aber auch alles Käse, und es ist, wie es ist.
Just in dem Moment erinnerte ich mich wieder an meine Zeit im Kloster: „Denk nicht so viel, beobachte lieber.“ Stimmt. – Eigentlich ganz einfach.
Und schon stahl sich ein unbestimmtes Lächeln auf meine Lippen; der Kreis schloss sich.
Adieu Bangkok, süße, fette Hure unserer Zeit!
Langsam ging ich die letzten Schritte in Richtung Metro-Station und ließ mich von ihren summenden Rolltreppen in den Bauch des Monstrums und weiter in Richtung Heimat tragen…
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht