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Die gut zwei Wochen da oben in den Bergen zeigten mir eine Welt, wie ich sie mir seit längerem bereits heimlich erhofft und gewünscht hatte. Zwar lag sie noch frisch in den Geburtswehen, aber Wünsche gehen bekanntlich in Erfüllung, egal, was man landläufig so meint. Diese Meinung ist nämlich der springende Punkt.
Bis es schließlich keine Frage mehr war, ob ich am Projekt der „Cuna de las Estrellas“ teilnehme, sondern nur noch wann und wie und wieso geht es nicht schon früher?
Und mit diesem Gefühl, diesem Wissen und Vertrauen im Herzen verabschiedete ich mich von dem Stück Wunderland hinter San Mateo und machte mich mit den letzten verbliebenen Mohikanern – oder besser Zapoteken – auf und an neue Gestade.
Von San Pacifico aus schlingerten wir in einem Minibus die Berge hinunter nach Pochutla, der Schamane hatte sich in der Zwischenzeit diskret nach vorne zum Fahrer gesetzt. Dort verteilten sich die meisten fächerartig und wie frisch geschlüpfte Sternschuppen über die Pazifikküste von Mexiko.
Im Chaos des Verabschiedungstrubels mit gleichzeitigem Umsteigen… – Mir kommt sowas ja immer so vor, als hätte man in einer gegebenen Situation kurioserweise eine Dimension zuviel zu bewältigen, und steige dementsprechend und rundheraus aus.
Im Chaos des Verabschiedungstrubels mit gleichzeitigem Umsteigen hätte der Schamane beinahe seinen Koffer vergessen, und ich hätte mir wiederum beinahe die Haxen gebrochen in dem Versuch, ihm sein Gepäckstück wieder zukommen zu lassen, da sein Bus bereits wartete. Das hat man nämlich davon.
Ich allein verfolgte andere Ziele. Aus diesem Grunde verblieb ich am charmanten Busterminal der Stadt und wartete auf den anderen Schamanen, den ich ebenfalls schon aus Bayern kannte und der vom Strand aus zu mir stoßen wollte.
Und so war ich zum ersten Mal seit meiner Ankunft in diesem Land wieder allein, wenn auch nur eine kurze Zeitlang, und wartete auf den Burschen, der uns extra zur Großmutterzeremonie oben in den Bergen einen Besuch abgestattet hatte.
Das war auch gut so, denn er brachte den dafür notwendigen Zaubertrank mit.
Kurz vor Abfahrt kam er schließlich daher gewatschelt in seinen zerschlissenen Trekking-Sandalen; ich steh ja nicht mehr so arg auf die Dinger. Zusammen machten wir uns auf die lange Reise nach Palenque in seinen eigenen Garten. Wir sprachen zunächst wenig, denn er hatte offenbar einiges am Handy zu organisieren, und ich war es zufrieden.
Stimmt nicht ganz. Erst fand ich es schade, aber das waren wieder nur alte Mechanismen, die da voller Hoffnung anklopften und mich um Bestätigung und Anerkennung anflehten.
Im weiteren Verlauf entspannte ich mich, fand jedoch nur wenig Schlaf, denn es gab Gott sei Dank genug „Topes“ oder Bremsschwellen, die dafür sorgten, dass ich während der Nachtfahrt überaus wach-sam und bewusst die Aussicht genießen konnte.
Der Arsch meinte nach der Fahrt völlig zen-triert, er habe die Dinger gar nicht bemerkt.
…Das war jetzt der Neid. Das Gefühl, weniger oder schlechtere Fähigkeiten zu besitzen als der andere und deswegen weniger wert zu sein. Und ham! beißt sich die Schlange in den Schwanz, weil dergestalt lässt sich das, was ist, noch weniger akzeptieren.
In dem Fall war das, was ist, also ein weiteres Beispiel für ein altes Muster.
Das ist nämlich das Fiese dabei! Weißt, wenn man andauernd verOmt und durchgeblisst dasitzen und sich all die Krüppel in Ruhe anschauen könnte, meinetwegen in einem fünfdimensionalen Schneidersitz, dann wäre das ja alles nicht so wild und einigermaßen gangbar.
Aber nein! Diese gemeinen und hinterlistigen Tagediebe aus dem Düsterwald unseres Unterbewusstseins überfallen einen allemal so im Vorbeigehen, wenn man nicht damit rechnet und sowieso keine Zeit hat für solchen Unfug:
„Oh ja sorry, ich bin grad bei Rot über die Ampel und hab’ einen keifenden Polizeibeamten am Schlawittl, und jetzt soll ich mich auch noch um Dich kümmern oder was?“ Na herzlichen Dank!
Aber da seht Ihr, wie es dem Ego mit einem beiläufigen Schulterzucken gefällt, einem eins über die Rübe zu ziehen.
Erstaunlich. In dem Fall jedoch gestaltete sich die Realität nicht gar so kompliziert, und ich konterte vergnügt, indem ich ihm geraden Wegs in die Augen blickte.
Das mag es nämlich gar nicht.
…Jetzt hab’ ich zum vierten Mal schon das Wort „nämlich“ verwendet. Das mag ich normalerweise nämlich gar nicht. Aber an den letzten paar Stellen, das muss ich wirklich sagen, passt es in der Tat so gut, dass es mir näm- freilich Schmerzen bereiten würde, es mit einem anderen Ausdruck zu ersetzen.
Ich hoffe, Ihr könnt mir das nachsehen. Nämlich.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht