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Es wurde gütlich Zeit, den Trail wieder zu verlassen. Genug der Städte und Sehenswürdigkeiten, rein ins Herz!
Das dauerte etwa fünfzehn Minuten.
Auf der Busfahrt nach Bishapoor lernte ich einen jungen Mann kennen, der mir seine Dienste anbot und energisch versuchte, sich mit mir zu unterhalten. Als wir dort ankamen, bot er mir an, mich in seinem cool verratzten Pick Up-Kübel vom Bus-Terminal zum nächsten Sammeltaxi-Stand zu bringen, die mich zu einer weiteren Ausgrabungsstätte bugsieren konnten.
Aber zuerst müsse ich natürlich etwas essen, auf das er mich selbstredend einlud. Ich lehnte dankend ab, aber er bestand darauf. Mehrmals.
Das nur als exemplarischer Prolog.
Ich überlegte kurz, ob ich mir die Ruinen von Bishapoor überhaupt anschauen wollte, die Beschreibungen im Reiseführer waren jetzt nicht überschwänglich, vor allem wenn man bedenkt, dass die eher noch zur Übertreibung neigen. All diese Stätten mögen höllisch interessant sein, aber man zahlt halt jedes Mal Eintritt. Nicht viel, meistens so zwischen zwei und fünf Öcken, doch auf die Dauer läppert sich das ganz schön.
Ach, wenn ich schon mal DA bin… also Geldbeutel raus und schnell wieder rein. Es handelte sich um die Überreste einer sassanidischen Stadt, deren Dynastie etwa 200 – 300 nach Christus zur Zeit des römischen Reiches ihre Blüte erlebte.
Mit denen respektive Ostrom hatten sie sich auch fleißig gekabbelt ohne nennenswerte Erfolge bis auf die Tatsache, dass Shahpur, einer der Sassaniden-Herrscher, es schaffte, als einzigen römischen Obermotz in der Geschichte Kaiser Valerian gefangen zu nehmen.
Demgemäß behauptet wohl jede Stadt in Iran, welche sich mit antiken Fundorten schmücken kann, die auch nur ansatzweise grob in jene Zeit datiert werden können, dass der Kaiser dort gefangen gehalten wurde.
So auch in Bishapoor: da gab es mithin seine mutmaßliche Zelle, Shahpur’s Palast, Reste der Stadtmauer sowie einen interessanten Tempel, der in die Erde versenkt wurde.
Als ich da unten in dem Kultraum stand, wo einst die zoroastrischen Rituale stattgefunden hatten, und an den steinernen Wänden nach oben blickte, beschlich mich schon eine Art ehrfürchtiges Gefühl vergangener Zeiten. Aber das ganze Ausmaß der Anlage erhaschte ich erst, als ich später auf einer kleinen Erhebung stand und die Ebene überblicken konnte.
In einem weiten Umkreis schien sie geradezu übersät mit Resten uralter, höhlenartiger kleiner Häuserl, sogar mit teilweise erhaltenen Wandnischen und Fensterbänken, gepflasterten Straßen, Brunnenanlagen sowie einem kleinen Meydun mit zwei hoch aufstrebenden Säulen in der Mitte. Wieviel davon allerdings restauriert und wieder aufgebaut wurde, weiß ich nicht zu sagen.
Ein ganzer Spielplatz für einen Generation-X-Indy wie mich entfaltete sich da vor meinem Blickfeld. Das ganze von den fernen Hügeln eingerahmte Szenario wurde noch veredelt durch das fantastische Spiel der Nachmittagssonne mit den regenschwangeren Wolken auf dem weitumspannten Himmel.
Manchmal wusste ich gar nicht, wohin ich mein Objektiv richten sollte, und vergaß für eine Weile die Zeit…
Oh, schon halb fünf! Auf der anderen Straßenseite gab es noch Felsreliefs aus der gleichen Zeit zu bestaunen, für die Höhle in der Chogan-Schlucht wurd’s fast schon zu spät! Und wieder Eintritt, die wissen schon, wo und von wem sie’s holen müssen.
Abgebildet war da unter anderem Shapur’s Sieg über Valerian sowie seine Krönung, von zoroastrischen Gottes Gnaden Ahura Mazda höchstpersönlich. Könige hatten ja schon immer eine Glasfaser-Flat Rate zum Allerhöchsten.
In Ägypten waren sie ja noch praktischer und haben sich kurzerhand als Gottkönig quasi gleichgesetzt und das Irdische mit dem Himmlischen wie Knetmasse vermengt.
Da kann man die Jungs im alten Persien schon fast als bescheiden bezeichnen.
Am Taleingang zur Schlucht, durch deren Mitte sich ein streckenweise ausgetrocknetes Flussbett schlängelte, gab es zwei weitere Reliefs. Fotofoto!!
Dazu kam ich aber nicht mehr. Gerade als mir der unerhört-egoistische Gedanke nackt durch’s Hirn flitzte, dass es „hier doch bezaubernd schön sei und ich gerne hier verweilen würde, da wäre es doch perfekt geradezu, wenn mich jemand einladen würde, bei sich zu übernachten, weil dann könnt’ ich mir morgen noch die Höhle ansch-“
Hält ein Auto neben mir.
„Hallo! Woher kommst Du, was machst Du, willst Du Dir die Höhle anschaun, dafür ist es heute zu spät, duree!, sehr weit, morgen, morgen, komm lieber mit zu mir, befarmayie, nach Dir, nach Dir!“
…Habt Ihr sowas schon mal erlebt? Es jagt mir schon einen unheimlichen Schauer über den Rücken, wenn mir das Universum einen Wunsch bereits erfüllt, noch WÄHREND er zäh dabei ist, sich in meinem verbrutzelten Hirn zu bilden.
Beinahe wurd‘ ich schon misstrauisch.
Mit klopfendem Herzen und allen möglichen Glücksknoten in meinen Extremitäten lehnte ich dankend ab, doch er hielt mir immer noch seine Autotür auf.
Ein zweites Mal: „Naa mersi“, doch er wedelte noch immer freudestrahlend mit seinen Armen.
Schneller als der Road Runner schwang ich mich auf den Rücksitz. „Zu spät, hehehe!“
Meine Augen gingen auf und liefen über, als wir durch dieses entrückte Tal mit seinen steilen Felshängen fuhren, und ich dankte allen Himmeln für dieses wunderbare Geschenk.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht