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Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Taken in Russia…
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Todesruhig

Dann, dann war es aber endlich soweit!
Tags darauf stiegen wir in den Bus nach Goryachinsk, einem todesruhigen Kurort direkt am Ufer des ältesten (25 Jahre… ach so, in, genau äm, Millionen) und tiefsten (1.642m) Süßwasser-Reservoirs unsere Erde.

Weil wir nicht genau wussten, wie das zurzeit (Nebensaison) mit Unterkünften so aussah, verwies uns Svetlana an eine Dame, die zufällig in die gleiche Richtung unterwegs war, die auf den Busfahrer einredete, der uns wiederum mit einer weiteren Dame verlinkte, und die brachte uns schlussendlich dann zu einem Hotel, das offen hatte.
So läuft das dort.

Preiswert

Das Hotel war aber viel zu teuer, und so suchten wir uns auf eigene Faust ein eher rustikales und damit preiswerteres Guest House im Skihütten-Style; trotzdem fanden wir das richtig nett von denen, wie da so ein Zahnerl ins andere gegriffen und uns weitergeholfen hat. Voll süß, oder?

Da sich sowohl der Baikal-See als auch Goryachinsk tatsächlich noch im Winterschlaf befanden, gab es rein gar nichts zu tun außer Spaziergänge an dem wunderschönen Sandstrand zu unternehmen. Das brach das Eis, zumindest an manchen Stellen.
Wären wir ein, zwei Wochen später dort eingetroffen, hätten wir ihn vielleicht schon im Sommer-Outfit bewundern dürfen.

Winterkleid

Wir liefen übrigens ständig dem Frühling davon.
Egal, ob in Sankt Petersburg, Ekaterinburg oder im fernen Osten: fast punktgenau am Tag unserer Abreise fing es überall zu blühen an. Irgendwie waren wir also immer

Zur falschen Zeit am falschen Ort. …Die Grabinschrift so vieler Jedi.
(Dieser letzte Satz ist natürlich Smjetana, aber das mit den Jedi wollte ich unbedingt unterbringen.)

Ausschlachter

Nein, das war schon oke so. Mutter Natur darf man sowieso nicht trauen. Alles zubetonieren, sage ich immer. Da weiß man schließlich, was man hat.
Diesbezüglich arbeiteten Arnold und ich bereits Pläne aus, wie man das ganze massentouristisch am besten ausschlachten könnte.

Mäckes- und Motel-One-Filialen, Oktoberfestbierzelte, vielleicht eine Disney-World, und dazu Achterbahn rund um den See, die dem ganzen Spektakel den Rahmen gibt, täglich Speedboat-Rennen, Unterwasser-Bungee…

Oberfläche

Das funktioniert locker.
Klar, der See kann selber auch schon was. Von der Oberfläche aus kann man bis in 43 Meter Tiefe mit bloßem Auge sehen. Noch. Das Ding hat sogar Trinkwasserqualität (noch), könnt Ihr Euch das vorstellen! – Im Ernst, Der CEO von Nestlé würde das Kotzen kriegen. Gut, dass wir diesem schändlichen Umtrieb bald einen Riegel vorschieben werden.

…Freilich, bringen wir das ganze noch schnell über die Bühne:
Obwohl es flächenmäßig nur der siebtgrößte Süßwassersee der Welt ist (ungefähr so groß wie Belgien, aber wen juckt das), schwingt er sich mit seinen mehr als anderthalb Tausend Metern Tiefe in 3D doch zum weltweit größten auf.

Schräg

In ihm existieren Fantastilliarden viele Tiere und Pflanzen, von denen mehr als die Hälfte ausschließlich dort existieren. Wir haben sie aber nicht gesehen.
…Ich glaube, das nennt man „endemisch“, aber ich bin kein Biologe.

Gefährlich

Am schrägsten fand ich jedoch diese eigentümliche Mischung aus Sandstrand, Nadelwald und Schnee. Dementsprechend kalt war’s.
Dieser Umstand sowie ein überaus eisiger Wind, wo Mark und Knochen schon wieder egal sind, trugen schlussendlich dazu bei, dass wir unseren Aufenthalt nur noch auf eine Nacht verkürzten.

Schwimmen war noch nicht, Eisfischen wegen der Einbruchsgefahr wiederum dezent gefährlich, und mit den Speedboaten mussten wir ja auch noch warten. Also brachen wir die Zelte zügig wieder ab.

Im Sommer wäre das sicher geil so mit Wandern, Lagerfeuer machen, Zelten und Klampfen am Strand… Hippies, Drogen, Überfall-Nackerte und so weiter. Aber außer uns Trotteln war ja keiner da. – Wurschd, gsehn ham’ern, und des zöit. Ge?
Außerdem ließen wir es uns nicht nehmen, einen obligatorisch traumhaften und einzigartigen Sonnenuntergang mitzunehmen. – Hallo?

Einzigartig

Interessanterweise war es mir im Stehen wärmer, solange ich mich wie ein Solarpanel direkt zur Sonne hin ausrichtete. Beim Gehen herrschte schon zuviel Fahrtwind. Trotzdem musste ich die Kamera nachher mit einem Eispickel von meiner Hand ablösen. Mei, why not.

Loslassen

Schließlich hatte ich in der Zwischenzeit einige Übung in solchen Dingen.
Als wir wieder zurück waren in Ulan Ude, hat’s mich dann ein weiteres Mal so richtig derbätscht, wo ich nicht einmal mehr fähig war, mich zu fragen, was zur Hölle nur los sei mit mir.

Hey, ohne Scheiß, das war echt übel auf der Reise, und was immer es war, es wollte mich ums Verrecken nicht loslassen!
Immerhin war mir in der Zwischenzeit klar geworden, was diese sonderbaren und ungewohnten Zustände zumindest begünstigte:

Zum einen litt ich noch immer unter Schlafstörungen, die sich eventuell hinzogen von einem unterschwelligen Burnout zu der graduellen Zeitverschiebung, der wir beide unterlagen, aber zum andern machten mich diese fiesen Temperaturunterschiede dort so krass fertig!

Ökologisches Desaster

Mal war es ordentlich zapfig, und es ging ein Eiswind, dass der Sau graust, tageweise dann schon fast sommerlich, und am Abend legst Dich zum Pennen in ein heillos überheiztes Zimmer, dass Dir die Schleimhäute zur Sahara werden und selbst ein Erfrischungstuch als Zudecke zum Erstickungstod führt.

Anscheinend konnte man das auch nicht selbsttätig regulieren. Arnold hegte diesbezüglich den Verdacht, dass das saisonmäßig eh zentral gesteuert wird; ein ökologisches Desaster wäre das! – Aber gut, die ham’s ja. Gas, mein ich.

Backofen

Paradebeispiel Ulan Ude: Wir reisten bei Schneetreiben an, schliefen in einem Backofen, bei dem Hänsel und Gretel sogar der Schweiß ausbricht, und am nächsten Tag hatschten wir um zehn Uhr abends noch im T-Shirt durch die Gassen.
Da denkt sich mein Kreislauf dann auch: „Alter, WAS jetzt! Komm mal klar!“

Zeit

Meine Gefäße mussten vom Ausdehnen und Zusammenziehen schon so ausgeleiert und zerfleddert sein wie Dieter Bohlens Grinsen. – Zitat Arnold: „Der Thomas war immer nur das Gesicht!“ – Was für eine Hackfresse aber egal.

Aber mit derlei Unwägbarkeiten hatte ich dazumal leider zu kämpfen, zumal wir noch immer ein recht straffes Programm fuhren, trotz der Fülle an Zeit, die uns eigentlich zur Verfügung stand.
Aber das ist ja immer so beim Reisen: Es gibt nie genug Zeit. Oder zuviel, je nachdem.

Abgesehen davon ging es mir eigentlich ganz gut so. Denke ich. – Oder, was meinst Du?
Wie es in dem etwas kitschigen, aber wunderschönen Film „Best Exotic Marigold Hotel“ immer wieder heißt: „Am Ende wird alles gut. Und wenn nicht alles gut ist, ist es noch nicht das Ende.“

Und mit jenen abschließenden Worten verbleibe ich an dieser Stelle und sage „Namaste“. Bis zur nächsten Episode unserer langen Reise ins Land der blauen Himmel…

Blaue Himmel

Spaziergang

Programm

So läuft das

In Goryachinsk

Übung

Der Kranich

Eis brechen

Saisonbedingt

An manchen Stellen

Kitschig

Nadeln

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Bitte umblättern: Kein iPad…