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Meine Hood

Ich hab mir auch fix vorgenommen, tatsächlich nur das Allernötigste zu organisieren, mich kurz einzugrooven und dann ab in den Süden.
Daran bin ich vorzüglich und mit wehenden Fahnen gescheitert: ‚Naja, so ein KLEINER Spaziergang kann vielleicht nicht schaden, um sich mal – NUR KURZ! – die Umgebung anzukucken.‘
(Es war für die Jahreszeit mit makellos sonnengetränktem Blau über der Smog-Glocke und angenehmen 10-15° auch wirklich zu verlockend.)

Alter Kern

Aber Tehran ist groß. Tehran ist mächtig.
Ein kleiner Spaziergang um den Block kann schnell mal in einen knöchelbrechenden Gewaltmarsch münden, einfach weil man die Entfernungen unterschätzt.

Oh, was ist denn das da hinten? Das schaut interessant aus…‘ und zack! schnappt die Falle zu. Und wenn man denn mal angefangen hat, nimmt’s auch kein Ende mehr. Ja gut, aber eigentlich sollte ich mir den Azadi Borj (Turm der Freiheit) und den Golestan-Palast (Blumengarten) schon noch anschauen. WENN ICH SCHON MAL DA BIN.

Azadi

Von dem stylischen Turm hat man übrigens eine tolle Sicht auf das menschliche Geschwür an den verschneiten Hängen des Alborz, und im angehängten Museum spielt ein Roboter Klavier. Kein Scheiß. – Warum? Nun, das hab ich besser nicht gefragt.

Golestan wiederum ist eine Perle alt-königlicher Verschwendungssucht mit überschwenglich bunten Fresken über das Treiben der Höflinge sowie deren Wahnvorstellungen an Palastmauern und Arkaden, ausgestattet mit zwei mächtigen Wehrtürmen und eingefasst von einem säuselnden Park. Der Thron des Shahs bestand komplett aus weißem Marmor, warum nicht.

Blumengarten

Unter den Türmen entdeckte ich das Bild einer altertümlichen Blaskapelle, der Vorfahr unserer ach so heimeligen Volksmusik, meine Damen und Herren.
Ein Bayer würde jetzt natürlich mit dem Brustton weißbiergeschwängerter Überzeugung kundtun, dass jene urbajuwarische Spielkunst ja schon in frühester Zeit aufgrund ihrer überlegenen Harmonien den verdienten Siegeszug über den Balkan und die Türkei, ja sogar bis in den persischen Orient angetreten hatte. Host mi?

Zefix!

Überhaupt darf man dieses Monster an Stadt nicht unterschätzen. Ich war vier Tage dort, und danach fühlte ich mich wie durch die Mangel sowie hernach den Fleischwolf gedreht, unter die Räder gekommen und in die Pfanne gehauen. (Sie hatte den Vulkan erstaunlicherweise überlebt.)

Alles gleichzeitig und noch schlimmer. Bloß keine Eindrücke, denn auch der kleinste nervöse Funke in meinem Hirn fiel über meine verdorrten Zuckerdepots her wie eine Schwangere mit Liebeskummer. Ich hätt mich am liebsten einfach hingelegt, um zwei Monate zu schlafen.
Im Ernst, Tehran ffffferlangt einem ganz schön viel ab.

Zuviel

Es ist laut, es ist stressig, es ist von allem zuviel. Ich war ja nun schon in ein paar Molochs dieser Größenordnung, aber Delhi, Jakarta und selbst Bangkok wirken dagegen wie verschlafene Provinznester.
Zuerst schrieb ich das meinem dezent übertriebenen Aufwärmprogramm in
Allahmabad (siehe! Link oben) zu, aber mehr und mehr Gäste des Hostels bestätigten mich in der Ansicht, das Tehran abartig ist. Aber irgendwie auch geil.

Bring it on!

Auf der Plus-Seite konnte ich dahingegen verbuchen, dass ich meine Road-Skills verfeinert und ausgebaut habe: ich bin jetzt lizensierter Rettungs-Straßenüberquerer.

Es ist ein Tanz. Man stellt sich am Bordstein auf, atmet ein paar Mal tief durch, meditiert vielleicht ein bisschen – sowas soll’s ja heutzutage geben – geht einem Bobfahrer gleich alle Bewegungen, Kurven und Pirouetten im Geiste durch, sammelt schließlich alle Konzentration in einem einzigen Punkt kurz vor den Augen und…

Darf ich bitten?

Man lässt sich fallen. Und fließt, schwimmt, wiegt sich und geht auf in diesem Walzer der Stadt, diesem Tango des Teers und- alles wird eins. Ein Schritt vor – Moped vor linkem Knie, zwei zur Seit‘ – Taxi am Hacken – ein Schritt vor, zwei zurück – ein Laster übernimmt die Führung – dreimal im Kreis – Minibus unten durch – vor-seit-seit-vor und schon ist man auf der nächsten Spur.

Wei-Zhen

Wenn man sich nicht sicher ist und scheut, so folgt man einfach einem Einheimischen und ahmt dessen filigrane Bewegungsmuster nach. Im Notfall erwischt’s ihn vor Dir.

Auf solche Art und Weise bin ich denn auch mit Wei-Zhen auf dem Bazaar gelandet. Ähnlich wie moi ist sie eine wanderfreudige und vielbereiste (Hier endet die Gemeinsamkeit, bitte keine gehässigen Kommentare) Dame aus Taiwan, die sich lieber die Fußsohlen von den Knochen läuft, als ein Taxi zu nehmen.
Tehran jedoch hat uns beinahe zermalmt; immerhin sind wir nur bis zum nächsten Metro-Bahnhof gefahren. Das gilt noch.

Gewürzmassife

Jetzt vergesst alles, was ich bisher über asiatische Märkte erzählt hab. Der Bazaar hier kommt nach der Mutter, die ihn geboren und gesäugt hat. Das ist nicht einfach nur ein großes und unübersichtliches Areal, sondern das Ding hier erstreckt sich über ein ganzes Stadtviertel.

Ziag’ amoi gscheit oo

Ein ganzer Straßenzug voller Läden mit Perserteppichen, die sich mit Ghelyun-Geschäften abwechseln. Wirklich, in dem ganzen Haus werden nur Wasserpfeifen verkauft. Das ist wie mit der Welternährung. Eigentlich ist alles reichlich vorhanden, es ist nur schlecht verteilt.

Fast heilig

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