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Gemälde

Eine Sache ist wichtig. Ihr dürft Euch unter dem Wort „Garten“ in solchen Gegenden keine Holzzäune, Gemüse- und Blumenbeete vorstellen. Frisch gemähter Rasen, eine kleine Hütte als Gardena-Show Room, Tuja-Hecken… mais non!
So läuft das nicht.

Für Menschen, die in einer kargen, wüsten Ödnis ihr Dasein fristen, ist ein Garten viel mehr als das: Er ist ein kostbares Monument des Lebens, ein zauberisches Füllhorn aus Farben und Düften, ein gedeihendes Gemälde von der Schönheit unserer Welt.

So ist es wohl verständlicher, wie sprachlich aus einem „ummauerten Garten“ der Inbegriff eines Paradieses werden kann. Und das merkt man deutlich an den Parkanlagen in diesem Land, auch und vor allem in einer Wüstenstadt wie Yazd. 

Spaliere

Anstatt weitläufiger und großzügiger Rasenflächen mit vereinzelten Baumgrüppchen und Gebüschen scheinen die Anlagen dort überzuquellen mit Schatten spendendem Blattwerk und Geränke, so als ob man die ganze Vielfalt der Pflanzenwelt in ein möglichst kleines Gehege pferchen wollte.

Spaliere aus stolzen Nadelbäumen, Palmen und schlanken Zypressen, Orangenhaine, auch Getreide und viele andere Gewächse, deren Namen ich niemals lernen werde, kämpfen um die Vorherrschaft in diesem leuchtend grünen Reich des Überflusses. 

Als verwöhnt gemäßigter Mitteleuropäer lernt man so etwas erst richtig zu schätzen, wenn man seine Augen einige Zeit an die tristen Ebenen der unermesslichen Wüsteneien gewöhnt hat und dann von dem donnernden Aufprall der Farbenflut aus den Latschen geschossen wird. Aber wie geht sowas? 

Wüstenstadt

Na. Das Zauberwort heißt natürlich Bewässerung. Und da die Perser nicht blöde sind, haben sie sich ein ausgeklügeltes System ausgedacht, welches sie „Qanate“ nennen. Das sind also unterirdische Kanäle, die Wasser aus den niederschlagsreicheren Gebirgen stetig talabwärts in die trockenen Regionen leiten.

Gebaut und gewartet werden sie über regelmäßig angeordnete Schächte, in welche die Arbeiter hinunter klettern und so die Röhrensysteme instand halten. Aufgrund ihres geringen Durchmessers sei dies nur möglich, wenn man wie ein Maulwurf hindurch kriecht; aufgrund dessen auch heute noch ein gut bezahlter Job angeblich.

Ummauert

Diese Schachteinlässe sehen aus der Luft aus wie eine Perlenschnur aus Pickeln, schreibt der Reiseführer. Das kann ich guten Gewissens so wiedergeben, denn wenn man einmal so ein Ding gesehen hat, braucht man keine Hollywood-Filmcrew, um sich das vorstellen zu können.

Die Qanate durchziehen demnach das trockene Land, das längste auf einer Strecke von etwa 70 Kilometern, wenn ich die Info-Tafel in Yazd richtig überflogen habe.
Das ist schon interessant.

Bögen

Eben so wie auch die gehirnschmelzende Zusammensetzung der malerischen Lehmziegel-Altstadt, in der ich mich die meiste Zeit aufhielt; allein schon aufgrund der Tatsache, dass ich den Weg nach draußen nicht wieder fand. 

Die Mauern wurden oft von hübsch geschwungenen Bögen über den Gassen auseinander gehalten, die zudem alle Dachflächen der gedrungenen Behausungen dergestalt miteinander verbanden.

Anders als die unterirdischen Fluchttunnel mittelalterlicher Festungen war dies früher nicht nur eine Möglichkeit, um seine wettergegerbte Haut zu retten, sollten mordende und brandschatzende Horden die Stadt angreifen, sondern aufgrund der erhöhten Position zugleich eine vorzügliche Möglichkeit der Verteidigung mithilfe so entzückender Vorrichtungen wie heißem Öl oder brennenden Pfeilen. 

Art Gallery

Ach, der Kreativität sind da praktisch keine Grenzen gesetzt.
In dem Viertel befand sich auch meine Hoteloase in den Gemäuern eines 400 Jahre alten traditionellen Hauses sowie das Gros der vielgestalten Infrastruktur, bestehend aus Coffee Shops und mehr oder weniger authentischen Art Galleries. 

Alles dort ist traditionell. Auch die Restaurants, in deren Menü lediglich ein verschüchtertes iranisches Auberginen-Gericht aus einem Ketchup-verseuchten Urwald aus Pizzen und Pastas hervorlugt.

Yazd war selbst im Vergleich zu Shiraz oder Esfahan der am weiten touristischste Ort, in den ich bis dahin gestolpert war. Es gab Halb-, Tages- und Zweitagestouren in die wunderliche Welt der umliegenden Dörfer mit ihren alten Karawansereien und Festungen sowie Kamelritte in die friedvolle Einsamkeit der wandernden Sanddünen…

Falle

…Nur leicht vermüllt von den durchziehenden Neujahrs-Nomaden, die wie eine siechend schnatternde Heuschreckenplage jegliche Romantik aus der weiteren Region saugen und innerhalb von Sekunden eine ganz neue Dimension einer starrend knochenbleichen Wüste aufspannen.
Star gazing nennt man das, ganz wichtig.

Sogar eine Free Walking Tour durch die Lehmgewirre wurde angeboten.
Nun, da musste ich aus zwei Gründen daran teilnehmen. Erstens, weil einige meiner Freunde in München als Tour Guides arbeiten und ich so ihren hehren Berufsstand in Ehren halten wollte.

Irrgarten

Und zweitens, weil ich mir dachte, dass ich so einen besseren Einblick in den Irrgarten aus Gässchen und Dead Ends kriegen würde, die für einen Ignoranten mit Hornhautverkrümmung und ohne Orientierungssinn natürlich alle gleich aussahen.

Bei diesem zweiten Punkt handelte es sich jedoch um eine von Fanfaren und tosenden Tuschs begleitete Fehleinschätzung, denn ich war nicht nur von unserem Guide sowie einem work and travelnden Australier abgelenkt, sondern ich selbst befand mich an meinem zweiten Tag in der Stadt noch volle Kanne im Riesel-Modus. 

Linke Hirnhälfte komplett in einem derart kuschlig flauschigen Energiespar-Standby, dass selbst ein autarkes Dorf sich vor Neid in einen Neutronenstern verwandelt hätte.
…Ich weiß gar nicht, ob das physikalisch nicht gar ein großer Haufen Biomasse ist, aber es klingt irgendwie geil.

Lehm

Grün

 

 

 

 

 

 

 

Modus

Aus den Bergen

Infrastruktur

 

 

 

 

 

 

 

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