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Dunstkreis

Ach, aber es ist und bleibt Äthiopien, egal wie alternativ und fortschrittlich. Bewegt man sich auch nur eine Handbreit aus dem kuschligen Dunstkreis jener liebenswürdigen und freundlichen Community-Mitglieder, sogleich begegnen einem wieder die alten Dämonen mit ihren zwiespältigen Seitenblicken und Kommentaren und dem abfälligen Gelächter hinter dem eigenen Rücken.

Umgebung

Selbst als ich mit israelitischem Begleitschutz in Funktionstarn die Umgebung von Awra Amba erkundete eines Morgens, flog von irgendwo her ein Stein in unsere nicht nur ungefähre Richtung. Ich kann jetzt nicht mit letzter Sicherheit sagen, dass es die zwei Lausbuben waren, denen wir kurz zuvor auf einem Hügel begegnet waren, aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eben schon.

Denn von solch unliebsamen Ereignissen höre ich wohl nicht das erste Mal, wenn ich andern Reisenden Glauben schenken mag. Und überdies scheint es sich auch nicht nur auf Touristen zu beschränken.

Bälger

Egal, ob ferenji, Local oder ein armer, verlauster Straßenköter, manche verzogenen Bälger scheinen sich einen Spaß draus zu machen, Steine zu schmeißen, und niemand scheint in letzter Konsequenz etwas dagegen unternehmen zu wollen!

Es sah fast so aus, als schienen die hehren Prinzipien und Werte dieser vorbildlichen Gemeinschaft noch immer Schwierigkeiten in ihrer Verbreitung zu haben.
Da muss man sich tatsächlich wundern.

Dach

Egal, wo ich hinschaue, den Leuten in Awra Amba selbst scheint es signifikant besser zu gehen als dem Durchschnitt in Äthiopien: alle haben zu essen, saubere Kleidung, ein Dach über dem Kopf, sie bekommen eine solide Ausbildung, und das Dorf insgesamt scheint gepflegt und einigermaßen sauber.

Wie bereits erwähnt, steht älteren Menschen steht eine eigene und dabei ansehnliche Unterkunft, sogar mit medizinischer Versorgung zur Verfügung, von der manche deutschen Altersheime nur träumen können. Selbst an eine kleine, süße Bibliothek wurde gedacht, wo ich mir am andern Tag „The Adventures of Huckleberry Finn“ ausgeliehen hatte.

Weite Flur

Übrigens, falls Ihr zufällig englischsprachige Bücher habt, die Ihr nicht mehr braucht, dann schickt sie dahin:
Awra Amba Library, P.O. Box, Woreta 36, Ethiopia.

Ja, die Menschen dort machen, wenn auch vielleicht keinen glücklichen, so doch zumindest einen zufriedenen und ausgeglichenen Eindruck.
Und doch… bleiben sie die einzigen auf weiter Flur.
Und doch tun es ihnen ihre Nachbarn nicht nach.

Zügellos

Wenn ich die im Vergleich zu den meisten anderen Orten geradewegs paradiesischen und vorbildlichen Lebensumstände von Awra Amba also in Betracht ziehe, dann wundert es mich, dass ihnen die Leute aus der Umgebung nicht die Bude einrennen.

Aber so ist das mit dem alten Menschengeschlecht: alte Vorurteile sterben nur langsam und unwillig, und einigen scheint ein kühles Bier am Morgen oder die regelmäßige Dosis Zügellosigkeit dann doch lieber und vielversprechender zu sein als ein gesundes Leben auf einigermaßen sauberen Straßen.

Ortsausgang

Da nehme ich mich genausowenig aus wie den jungen Burschen, der da entspannt in einem dunklen Seitengang am Ortsausgang saß und genüsslich mit seiner Buddel klimperte: „Here and now, boys! Here and now…“

So dauert es in der Tat nicht lange, bis man aus dem flauschigen Kokon aus herzerfrischender und luftig schwebender Utopie wieder auf den Betonboden der äthiopischen Realität plotzt mit all seinen Schattenseiten, die einem das Leben als Backpacker „im Kontakt mit den Menschen“ doch recht schwer machen und man sich–

Kokon

Ich kann nicht GLAUBEN, dass die folgenden Worte meinen krampfenden Fingern entschlüpfen! –- Seufz… und man sich, vielleicht zum allerersten Mal in seinem Leben – aber danach sicher nicht zum letzten! – heimlich, still und leise nach dem flauschigen Kokon einer Package-Tour sehnt.

So! Da habt Ihr’s! Soweit habt Ihr mich gebracht, soweit! ist es mit mir gekommen.
Aaah, die Schande! – Wild fuchtelnd und unverständliches Zeug brabbelnd, während gelb eiternder Schaum aus seinem Mundwinkel troff, sprang er zeternd und Mordio schreiend von dannen …und ward niemals mehr gesehen von Menschen Augen.

Nein, so schlimm war es natürlich nicht. Aber eine durchaus schräge Mischung, weshalb ich mich lieber unter der halb zugewachsenen Laube vor meinem Guest House verschanzte und mich in meiner eingeseiften Blase suhlte, soll mich die Welt doch kreuzweise!

Kreuzweise

Einzig

Sauber

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Bitte umblättern: …Und ein Paket…