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Chaos vor dem Herrn

Und geraucht wurde da! Jesses. Kim machte Anstalten, sich in einen psychotischen Schub zu verheddern, und redete derart wirres Zeug, wo wir nicht wussten, ob wir jetzt lachen oder lieber besorgt die Stirn runzeln sollten. In unserer Verwirrung taten wir manchmal beides.

Natascha aber war sofort zur Stelle und untersagte ihm jegliche weitere Zufuhr der pflanzlichen Droge.
Das war aber auch ein Chaot vor dem Herrn, meine Güte. Eine ganz eigene Geschichte ist das, lasst mal sehen.

Heißes Pflaster

Erst einmal musste er seinen Flug nach Kairo verschieben, weil jemand sein Smartphone geklaut hatte. – (H)awassa war und blieb ein heißes Pflaster.
Auf den ersten Blick hörte es sich jedoch nach einem gehörnten Anfängerfehler an; zugegeben, er war erst 24.

Er begab sich also in eine Bar unweit vom Circle of Life, um ausgelassen zu trinken und zu tanzen – was man eben so tut in den wilden Zwanzigern. Lernt er da doch prompt ein paar junge Locals kennen, die sich mit ihm anfreunden und ihn unterhalten. Irgendwann fragt ihn schließlich einer, ob er -nur kurz- sein Telefon haben könne, um jemanden anzurufen.

Adrett

Tja, und weg war er.
Da will man sich freilich an den Kopf langen. Und warum nicht, zu vertrauensselig war er allemal. Allerdings muss ich zu seiner Verteidigung einräumen, dass die Burschen jetzt nicht gerade nach Verbrechern aussahen.
Ich weiß das woher, aber eins nach dem anderen.

Vielmehr waren sie Studenten und adrett gekleidet außerdem. Ein Mädel war anscheinend auch dabei, also einfach ein paar Kids, die einen drauf machen wollen, wie es schien. Nichts, was auf Anhieb Verdacht erregen täte.

Existenz

Sei es, wie es will, was ein guter Korri ist, der kopiert und speichert sein ganzes Leben auf seinem Smartphone ab. Sprich, ohne seinen Knochen war er praktisch nicht existent. Also verschob er seinen Flug, in der Hoffnung, es wiederzufinden.
Hm.

Er zeigte den Diebstahl auch gleich bei der Polizei an, aber aus der Richtung herrschte selbstverständlich erst einmal Funkstille. Zwei Tage nach meinem Geburtstag erbarmten Elvis und ich uns schließlich und begleiteten ihn erneut auf die Wache, sonst würde er wahrscheinlich heute noch im Circle of Life sitzen.

Säue mit Flügeln

In Wirklichkeit waren das von Anfang an Perlen vor die Säue, denn er hatte nur noch einen Tag übrig bis zu seinem neuerdingsen Flug.
Ja, er überlegte sich ernsthaft, noch einmal umzubuchen und weitere 150 Dollar Gebühren zu berappen.

Das klingt verrückt, aber wenn ich ihn richtig verstanden hatte, dann brauchte er sein Fon sogar, um Geld auf sein Reisekonto oder-was-auch-immer zu überweisen. Angeblich war er ohne das nicht einmal in der Lage, seinen Freund in Kairo zu kontaktieren, der schon seit Tagen auf ihn wartete und keinen blassen Schimmer hatte, was da los sei in Äthiopien.

Zur Wache

Kim hat keine E-Mail-Adresse, er benutzt weder Facebook noch whatsapp, weil die Korris dafür wohl ihre eigenen Messenger hernehmen, und die funktionieren, wenn man solche Dinge glauben mag, nur auf diesen vermaledeiten Dingern! Eine herkömmliche Internetverbindung sei in seinem hoffnungslosen Fall leider keine Abhilfe.
Hm. Ich check’s auch nicht, aber so war das eben in Kim’s Welt.

Überwachung

So ganz kaufte ich ihm das also nicht ab, aber es ist definitiv die Wahrheit, wenn ich sage, dass der arme Myoungwurst hoffnungslos verplant war.
Also sind wir zur Pozelei und ohne Umschweife oder Faxen direkt zum Commander mit seinen drei Sternen auf der prächtigen Schulter, aber Englisch konnte der deswegen auch nicht.

Nach vielfältigem Hin und Her fuhren wir schließlich unter hochdekorierter Eskorte zu jener schicksalhaften Bar, denn diese verfügte sogar über eine Überwachungskamera. Leider fiel das den Bullen erst ein, als wir, hoch die Internationale!, zu dritt andächtig auf ihren Bürostühlen saßen und bittfällig dreinschauten.

Leider waren die kleinen Diebe zudem richtig clever, denn die Kamera zeigte lediglich ihre entzückenden Rücken, während Kim close-up und völlig losgelöst zu bestaunen war, wie er vor ihnen abdancete. Soviel dazu.

Nonchalant

Und jetzt kommt das Beste. Und zwar in Form von drei Typen, die sich ungezwungen neben uns an die Bar setzten und ein Bier bestellten.
Kim’s Augen wurden so groß, wie ich es bei einem Asiaten niemals für möglich gehalten hätte:

„Das sind sie! Das sind sie!!“ Elvis und ich: „WhhaaATT?? Kim! Ab zum Commander, auf dass er sie auf zumindest mindesthaltbarer Tat ertappe!“
Aber was macht der? Anstatt sie ordentlich in die Mangel zu nehmen, stellt er sich ganz nonchalant zu ihnen an den Tresen und fängt an, ausgelassen mit ihnen zu plaudern und zu schäkern!

Ballade

Unser aller Augen wurden noch um einen Gutteil größer. Ach Du Kacke, am Ende war der Commander der Bruder, Schwippschwager oder Taufpate und dementsprechend so dicke mit dem Dad von dem Teilzeit-Gangster! Zumindest sah die Chose so aus.

Folgerichtig war das Ende der traurigen Ballade, dass, also nein, diese vorzüglichen und unbefleckten jungen Herrschaften könnten unter gar keinen Umständen für den Diebstahl verantwortlich sein, nicht einmal mit etwas Phantasie dafür gemacht werden.
Schachmatt.

Ermittlungen

Trotzdem Bullshit, dachte ich mir, denn es brauchte keinen hauptberuflichen Empathen, um sehen zu können, dass denen eine gehörige Portion süffisanter Verschlagenheit aus ihren unsympathischen Visagen sprang.
Aber check das mal mit 24 und xen Bieren im Oberstübchen.

Aber der Commander versicherte uns unter Aufbietung all seiner verbliebenen Integrität, dass die Ermittlungen weiterhin auf glühenden Hochtouren liefen: „Come back tomorrow.“ – Ischschi, herzlichen Dank auch.

Parallelwelt

Vielleicht rechneten sie ja nicht mit unserer Beharrlichkeit, dennoch hatten sie für diesen unwahrscheinlichen Fall noch ein Ass im Ärmel, denn am kommenden Tag gab es natürlich noch keine Ergebnisse, „maybe thrree, fourr days?“ Aus irgendeinem Grund wollten sie nämlich noch einmal in die Bar und die Kamera überprüfen.

Wer weiß, womöglich hat sie es sich nochmal überlegt und eigenständig die Perspektive geändert, in Zeiten der Teilchenverschränkung und Parallelwelten ist ja nichts unmöglich.
Ähnliche Gedanken müssen Kim durch den Kopf gegangen sein, denn er spielte seine Karten bis zur letzten Sekunde – eigentlich weit darüber hinaus, aber das war ihm Gott sein Dank nicht klar.

Blechkübel

Nachdem auch diese letzte Anstrengung keine erbauliche Ernte einbrachte, preschten Elvis und er um drei Uhr am Nachmittag zum Busbahnhof, um ihn in den nächstbesten Blechkübel nach Addis Abeba zu pflanzen.
Die Fahrt dauert normalerweise an die fünf, sechs Stunden, und um Acht musste er am Flughafen sein…

Unglücklicherweise war besagter Bus fatzenleer, keine Chance, dass der vor übermorgen abfährt.
Und jetzt? – Nun, in derlei Situationen verfügen verzweifelte Traveller oftmals und glücklicherweise über ganz eine erstaunliche Armee an Schutzengeln.

Schutzengel

Just als Elvis mit einem am Boden zerstörten und völlig fassungslosen Bündel Kim aus dem Terminal schlabbte, krakeelte der Fahrer eines Privatautos nach Mitfahrern in Richtung… Addis Abeba.
Der gute Mann brauchte Spritgeld in harter Birr-Währung, Kim hatte aber nur noch Dollar in der Tasche. Ahaa.

Wie Arya Stark sprang da in letzter Sekunde noch der letzte Schutzengel in Form eines hilfsbereiten Locals herbei und überzeugte den guten Mann unter Berufung auf ein ordentliches Trinkgeld, dass er Kim doch direkt zum Abflugterminal vom Bole Airport schubsen soll, weil dort könne er das Geld schließlich in Landeswährung umtauschen, und alle lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Valar morghulis.

Straßen von (H)awassa

Deal. Es war Schlag 16 Uhr. Unter Tränen und mit den Nerven hart auf Grundeis bedankte sich Kim übermenschlich bei Elvis und dem Schöpfergeist und winkte ihm noch lange nach, während das rettende Taxi entlang des kochenden Teers in den Sonnenuntergang entschwand.

Und dieses eine Mal hoffte ich inständig, dass der Typ sämtliche Sicherheitsbedenken und Sorgen und Ängste eines behüteten Reisenden in den Wind schlug und ordentlich auf die Tube drückte. Insh’allah…

The End.

Sonnenuntergang

Perspektive

Geduld

 

 

 

 

 

 

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