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Täglich

Mein täglich Ful aß ich im „Dymend Snack“ (was wohl „Diamond“ heißen sollte), einem ganz bezaubernden Plastikstuhl-Ensemble etwas abseits der Hauptstraße, aber immer noch mit Palmen in der Mitte. Mit der Bedienung verstand ich mich blendend, obwohl unsere sämtlichen Kommunikationsversuche mit wehenden Fahnen scheiterten; vielleicht auch gerade deswegen.

Nach einigen Tagen begrüßten wir uns wie alte Kumpels: Händepatsch und die dabei involvierte Schulter an Schulter. Das ist da so ähnlich wie der Kuss auf die Backe, einmal, zweimal oder auch dreimal, why not.

Leger

Im Allgemeinen war das aber gar nicht so leicht mit dem Essen. Oft sagten mir die Läden nicht zu, oder das Publikum war schräg, der Preis zu hoch, ja, und gar nicht selten waren die Gerichte auch einfach nicht so geil und lecker wie sonst fast überall in Äthiopien.

Es dauerte also eine Weile, bis ich meine Ecken gefunden hatte, zumindest länger als anderswo. Wie eben das legere „No Name Café“ zum People-Watchen oder der kleine Shop um die Ecke vom Africa Hotel, wo ich von der Orange bis zur Nyala-Zigarette alles bekam, was mein Herz und meine Sucht begehrte; und das zu einem anständig lokalen Preis, da sein junger und überaus trefflicher Besitzer ein Freund der Reisenden war.

Laden

Bis dahin zahlte ich halt zwanzig statt zehn Birr für ein halbes Kilo Bananen.
Die zahlreichen und abscheulich teuren Tour-Angebote lehnte ich großzügig ab und kaufte mir stattdessen lieber noch eine Packung „Ricco“, die erste essbare und darüber hinaus sogar ganz ordentliche Schokolade, in die ich mich dort getraute, hinein zu beißen. – Ist das gleiche wie KitKat und gehört hoffentlich nicht auch zu Nestlé.

Sympathisch

Einen sympathischen Saftladen entdeckte ich, wo es leckere und frisch gepresste Juices aus Avocado, Mango und Guaven gab; mehr war saisonbedingt leider nicht drin.
Ja, meine emotionale Obstallergie scheine ich mittlerweile fürwahr verdaut zu haben.
In seiner lauschig schummrigen Sitzhöhle konnte man sich zudem ganz hervorragend erholen von dem Geplärr und dem Gleißen auf der Straße draußen.

Schatten

Axum lag zwar auf knapp über 2.000 Metern, aber davon merkte ich nicht viel. Es war sauheiß, wenn man von den gelegentlichen Gewitterschauern am Nachmittag absieht, deren schattige Brisen mir Linderung verschafften. Dann prasselte klatschend der Regen auf die fiebrige und poröse Haut von Mama Africa; ein Geräusch, das ich schon beinah vergessen hatte.

Pilger

Um die Stelen und Kirchen herum gab es breite Promenaden aus Kopfsteinpflaster, die zu der Zeit jedoch eher von den zahlreichen Pilgern als von Touristen poliert wurden, für die Axum noch immer zu den heiligsten Stätten des Landes zählt.

Alte, lederhäutige Ommas verkauften frische Kichererbsen vom Strauch als Snack zwischendurch – war mir auch neu, schmeckt ein bisschen wie Mais. Denen waren die Runzeln wie tiefe Furchen aus knorrigen Jahresringen in die Haut gegraben, so als ob die Weisheit in ihrem unstillbarem Durst auch das letzte Quentchen Flüssigkeit aus ihren Körpern gesaugt hätte. Sie oder der Überdruss, das müsste man sie selbst fragen.

Kreativität

Der hehre Stand der Bajaj-Community schwang sich noch einmal empor zu neuer Kreativität, die sich im vielfältigen Dekorationsdrang ihrer Besitzer Ausdruck verschaffte.
Arg viel mehr nahm ich nach meinen Tagen der Erkundung jedoch nicht wahr, denn ich erholte mich noch immer, sukzessive von einigen Wellen leichter Erkrankung.

Community

Erst dachte ich ja, ich hätte was Falsches gegessen, aber als sich dann auch noch eine latente Erkältung zu meiner Magenverstimmung und der allgemeinen Schwäche gesellte, tippte ich auf eine Art Borderline-Hitzschlag. Und das, obwohl ich brav und ausdauernd meine neue äthiopische Kopfbedeckung trug, die ich mir von den Webern in Awra Amba gekauft hatte.

Auf das oder auf den Überdruss.
Den fühlte ich mitunter sogar beim Schreiben, und dann – wird es verdammt nochmal Zeit, nach Hause zu gehn.
„Aber nicht, bevor ich mir Yeha angeschaut habe!“

Abseits

Sobald ich meine Spirits wieder einigermaßen beinander hatte, raffte ich mich noch einmal auf und hopste in zwei kurzen und schmerzlosen Minibus-Etappen in das kleine Dorf abseits der Hauptstraße, um mir seine Ruinen anzuschauen.

Dazu musste ich in Adwa umsteigen, wo sich übrigens, gar nicht weit entfernt, ein historisch einzigartiges Schlachtfeld befand, bei dem jedes äthiopische Herz einige Takte höher schlagen muss.

Schlachtfeld

Denn am 1. März 1895 schlug dort Meneliks Armee die italienischen Invasoren und warf sie eindrucksvoll aus ihrem Heimatland, nachdem die Äthiopier die Hälfte ihrer Streitkräfte vernichtet hatten.

An die 10.000 Italiener sowie fast alle ihre Kommandeure verloren dabei ihr Leben. Für die Locals bedeutet diese Schlacht in etwa soviel wie Hastings für die Engländer, oder jener berüchtigte Independence Day für ihre einstigen Abtrünnigen.

Zu regelmäßig

Yeha selbst wiederum bildete die Geburtsstätte von Äthiopiens ältester bekannter Zivilisation vor etwa 3.000 Jahren, die angeblich auch mit den Leuten aus Saba sowie mit dem heutigen Yemen verbandelt waren.

Da gab es zum Beispiel einen etwas zu regelmäßig geratenen Steinhaufen, der vielleicht einmal ein Palast gewesen war mit großen, monolithischen Säulen. Leider wurde auch jener Ort mit viel furchtbarem Geschick entstellt und blieb fast zur Gänze unter dem ewigen Schatten eines rostenden Wellbleches verborgen.

Mauern

Etwas sehenswerter, da man ihn tatsächlich sehen konnte, war da der uralte Tempel oder was, dessen Mauern ähnlich wie die Gräber um Axum derart passgenau gefertigt waren, dass nicht einmal ein Blatt Papier dazwischen passt. Wer braucht da schon Mörtel? Da sollten es sich der Wolf aus dem Märchen aber zweimal überlegen, ob er es fertig bringen will, den umzublasen.

Wall

Darüber hinaus hatte sich das Gebäude mit Geometrie angesteckt, denn es sah aus wie ein riesiger Würfel oder Quader oder wie die Dinger heißen.
Aber all das waren nicht die eigentlichen Gründe, wieso ich nach Yeha gefahren war – wie ich einige Minuten später herausfinden sollte.

Ich umrundete einmal das Kirchenareal außerhalb der Wallmauer, um mir eine gute Weile die betörende Berglandschaft der umliegenden Gegend anzuschauen.
Und dort, unter dem Schatten eines hübschen Feigenbaumes wurde mir nämlich mit einem Mal bewusst, warum ich in diesem abgelegenen Dörflein gelandet war.

Abschied

Denn es war Zeit, Abschied zu nehmen von diesem Land. Und am besten lässt sich das bewerkstelligen in der Ruhe und Abgeschiedenheit der Provinz – auf dem Land.
Vor mir lagen, ausgebreitet wie ein malerischer, grüner und brauner Teppich, weite Viehweiden und ein paar dieser goldigen Strohballen, die aussahen wie aus einer Sandkastenform gegossen und die ich so sehr lieb gewonnen hatte.

Kakteen, Eukalyptus- und Mangobäume hauchten dieser zauberhaften Szenerie den Atem des Lebens ein, die gekrönt wurde von einem stolzen Kranz aus emporstrebenden Berggipfeln.

Dergestalt hatte sich mir Äthiopien ins Gedächtnis eingeprägt, und so sollte es bleiben.
Denn es kann mit Verlaub kein schöneres und trefflicheres Abschiedsbild geben als da draußen, verwurzelt und fernab von jeder Leuchtreklame.

Atem

Ausgebreitet

Hübsch

Sandkasten

Heimatland

Zauberhaft

Kranz

Kein Blatt

Palmen

Sauheiß

Ras

Fari

Ta

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