Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Nemesis…
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Schön und gut, aber was ist oder, aus was besteht denn nun jene berühmte Nomadenbehausung, die sich vor allem bei Hippies und Ethnologiestudenten so großer Beliebtheit erfreut?
Aaalso, fangen wir mit dem Holzgerüst für die Außenwände an.
Es besteht aus einem fünfteiligen, leicht gerundeten und zusammenklappbaren Gitternetz ähnlich eines längs gebogenen Gartenzauns. Nachdem sie aufgestellt sind, werden die jeweiligen Enden der Einzelteile mit einem Strick zusammengebunden, und schon hat man die klassische, kreisrunde Jurtenform zur Hand.
Der dementsprechend runde Dachkranz wird von den zwei bereits erwähnten Stützbalken in der Mitte getragen sowie über exakt 81 Verstrebungen mit dem Wandgerüst verdingst. Dann wird das Ganze je nach Jahreszeit und Temperatur mit mehr oder weniger Lagen Filzdecken ummantelt und schließlich mit einer hoffentlich wasserdichten Außenplane fest verschnürt.
Der Spitze des Daches bekommt eine extra Abdeckung, die je nach Bedarf an Sonnenlicht und Frischluft über Zugseile geöffnet oder geschlossen werden kann, ein Skylight quasi. Ein kleines Loch bleibt jedoch immer frei für das Ofenrohr. Bei heftigen Stürmen hängt man einen Stein an einem Seil von der Dachspitze nach unten wie ein Pendel, um der Behausung mehr Stabilität zu verleihen.
Die ebenfalls aus Holz bestehende Tür ist dabei stets nach Süden ausgerichtet, da die pfeffrigsten Winde meist aus nördlicher Richtung wehen. Übrigens geziemt es sich deshalb auch, nur in südlicher Richtung und abseits von den Weideflächen der Tiere den Wald aufzusuchen, wenn man mal „nach den Pferden schauen“ muss.
Plumpsklos gibt es nicht immer.
Der Boden besteht oftmals aus einer dicken Plastikplane. Ofen rinn, darauf wird auch gekocht, rundherum alles schön mit kitschigen Wandbehängen ausstaffieren und fertig ist die Laube.
Und da wir uns mittlerweile im auf- und verklärten 21. Jahrhundert befinden, gehören zum funky modernen Nomadenleben natürlich auch ein Flatscreen und eine Satellitenschüssel, angetrieben von einer Solarzelle Schrägstrich Autobatterie.
Wie schon einmal angedeutet, ändern sich die Zeiten, oder die Zeiten ändern, und das alte romantische Bild des Steppenreiters mit seinem Langbogen, der abends ums überdachte Lagerfeuer hockt und Angriffspläne schmiedet, scheinen unwiederbringlich dahin.
Dementsprechend lassen sich Viehzüchter, die immer noch auf Pferden reiten, buchstäblich an einer Hand abzählen: die sind längst ratternd und knatternd verdrängt worden von Enduros.
Teh. Da soll mir einer noch was von der unabänderlichen „Natur des Menschen“ erzählen! „Das-war-schon-immer-so“; ja von wegen und au contraire. Die Welt war und ist im Wandel zu allen Zeiten – und wir mit ihr, auch wenn unser bescheidenes Leben manchmal einfach zu kurz ist, um großartigere Veränderungen bewusst er-leben zu können.
Wenn Menschen dort wie andernorts es schaffen, mit jahrhundertealten und in Stein gemeißelten Traditionen Stück für Stück zu brechen und sich dem Zeitgeist anzupassen, zum Guten wie zum Schlechten, dann können auch wir als Menschheit das auch irgendwann schaffen.
Dann können wir es wirklich schaffen, uns endlich von den überkommenen Wertvorstellungen eines Nationalismus oder Kapitalismus zu befreien, die in uns wuchern und geifern wie der Krebs in einem tödlich verwundeten Raubtier.
Und wer weiß. Vielleicht gelingt es uns am Ende sogar, mit unserem lähmenden Hass und seiner zugrunde liegenden Angst vor dem Fremden fertig zu werden. Denn meistens sind das keine teuflischen Invasoren, die grausam und gewalttätig und an für sich unmenschlich sind.
Mittlerweile hegen ja tatsächlich einige Leute den Verdacht, dass etwa sämtliche -oder zumindest viele- Ausbrüche sogenannter barbarischer Horden -unter anderem- auf mittelschwere Klimaveränderungen zurückzuführen waren, die demgemäß ausreichend einschneidend waren.
Ob das jetzt die Hunnen waren, Mongolen, Araber oder die alten Seevölker, die während dem Kollaps der späten Bronzezeit über die Mittelmeernationen herfielen. Wenn man genau hinschaut, waren sie doch selber nur Opfer, die vor einem noch größeren Schrecken davon liefen, nämlich unseren vier altbekannten, apokalyptischen Reitern:
Krieg, Hunger, Pest und Tod.
Immerhin, was würde denn mit unserer ach so überlegenen Zivilisation passieren, wenn ein Vulkan ausbräche, dessen Aschewolken den Himmel über Jahrzehnte hin verdunkelten? – Das sollte man immer auch im Hinterkopf behalten, wenn man sich als Gesellschaft großflächigeren Flüchtlingsströmen gegenüber sieht.
Heutzutage gehen sie halt eher in die andere Richtung.
Aber deswegen macht Reisen nicht nur Spaß, sondern ich finde es darüber hinaus verdammt wichtig, wenn wir unsere Ängste abbauen und, als Menschheit, endlich erwachsen werden wollen.
…Das tut mir jetzt leid. Ich wollte nicht zu einem Moses-X-Man mutieren und mit Steintafeln und Moralkeulen um mich schmeißen.
Doch. Eigentlich schon. Weil es macht mich wahnsinnig. – Aber gut. An dieser Stelle ist so etwas eher fehl am Platz oder auch nicht. Jedenfalls, ne?
Ich mein nur: Wenn ich mir das Leben eines Nomaden vor Augen führe und verstehe, dass es doch im Grunde nur darum gehen kann, mich den ständig sich verändernden Gegebenheiten dieser Welt anzupassen und sie zu akzeptieren, insoweit ich sie nicht ändern kann. Weil ein Schneesturm nun einmal die besseren Argumente hat.
Andere wiederum behaupten, dass den umherziehenden Hirten sowieso bald die Lebensgrundlage entzogen wird wegen der maßlosen Ausbeutung der Bodenschätze (vor allem Gold, Kupfer und so Schmarrn), die zudem eben erst anlief.
Dann hätten wir noch die mit der Abholzung von Wäldern einhergehende Bodenerosion im Angebot, eine Monotonisierung des Viehbestandes: Kaschmir-Pullis für Jedermann!, was noch, Überweidung und halt all die Dummheiten, die aus Abhängigkeit von und der Geilheit auf Geld entstehen. –- Ja glaubt Ihr, das wär’ dort anders?
Wie gesagt, wahrscheinlich muss man sich um die am wenigsten Sorgen machen. Wer hat denn besser gelernt, mit den Unwägbarkeiten, die sich zwischen Mutter Erde und den blauen Himmeln abspielen, zurande zu kommen, und wer kann derartige Umwälzungen am ehesten noch unbeschadet überstehen als die Nomadenvölker?
Und wenn sie es nicht können, was heißt das dann für den Rest von uns?
Nun, wir werden sehen. Spannend wird es auf jeden Fall.
Aber gerade deswegen ist es doch schön zu sehen, dass es auch in der Mongolei wilde Stürmer und Drängler gibt, die gegen althergebrachte Konventionen aufbegehren und sie tapfer in Frage stellen. Das heißt ja nicht gleich, dass sie deswegen umgeworfen werden müssen. – Vielleicht nur geprüft; vom Gesellschafts-TÜV, Abteilung Jugendverband.
Wo Jungs wie Mädels vorsichtig damit anfangen, ihre Haare rebellisch lang beziehungsweise kurz zu tragen. Wo die Party-Crowd neuerdings Cider statt Vodka trinkt.
Wo kleine Schritte stattfinden, aber die Revolution lebt:
Viva la revoluçion!
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Bitte umblättern: Die Sache hatte…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht