Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Charity Time…
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Und wie in so vielen südlichen Ländern hat sich auch in Sambia zumindest ein Mitteleuropäer dazu entschlossen, mit erhobenem Mittelfinger auszuwandern und eine Bäckerei zu eröffnen; in diesem Fall war das ein Schweizer. So kann Mpulungu sich rühmen, über die wohl einzige Linzer Torte in weiten Teilen Afrikas zu verfügen.
(Ich bin nicht mehr naiv genug zu sagen: in ganz Afrika. Neinnein.)
Am Samstag war große Aufregung, denn die legendäre „MV Liemba“ legte im Hafen an und brachte unter anderem Kokosnüsse und Ananas, die es aus mir unerforschlichen Gründen vor Ort nicht zu geben schien.
Welch ein Affront! Noch eine Aktivität etwa?? Indigniert meinen Blick abwendend schoss ich dennoch ein paar Fotos.
Im kaiserlichen Deutschland gefertigt, wurde das Schiff damals mit dem sinnlichen und melodisch klingenden Namen „Graf von Götzen“ getauft und in Einzelteilen an den zum deutschen Kolonialgebiet gehörenden Lake Tanganyika verbracht.
Seit 1915 wurde es dort als Frachter eingesetzt, bevor es während der Wirren des Ersten Weltkrieges gar zweimal gesunken ist. Zu guter Letzt wurde der Kahn zum dritten Mal, und dabei voll funktionstüchtig!, von den Briten gehoben und versieht nunmehr seit 1925 seinen treuen Dienst als Passagier- und Frachtschiff auf dem Vier-Länder-See.
Einem literarischen Instinkt folgend versuche ich es normalerweise tunlichst zu vermeiden, mich in kaltherzigen Fakten zu ergehen, die sind spitz und gefährlich. Doch der Lake Tanganyika verdient es wirklich, sich zur Abwechslung einmal in den schaurigen Sphären aus superlativen Daten zu verheddern:
Mit circa 1.400m Tiefe und 34.000 Quadratkilometer Fläche ist er der zweitgrößte See Afrikas wie auch der zweittiefste der Welt. Ein Sechstel ALLER Süßwasserreserven weltweit sind in seinem Becken gespeichert, in dem sich die meisten, ältesten und unterschiedlichsten Fischarten überhaupt und so tummeln, insofern sie nicht bald allesamt weggefischt werden.
Durch seine Lage im „Rift Valley“ des Afrikanischen Grabenbruchsystems, das sich von Jordanien bis hinunter nach Mosambik erstreckt, erscheint er sehr schmal und lang gezogen, wie auch der benachbarte Malawi-See zum Beispiel. Dabei gebietet er über eine nordsüdliche Länge, die von Berlin nach München reicht.
Unermesslich in der Tat, wahrscheinlich hatte er sich früher einmal mit Geologie angesteckt.
Dergestalt aber zogen die Tage ins keuchende und schwitzende Land, bevor ich es leider endlich schaffte, diesen honiggleichen Treibsand in Richtung Mbala (zu deutsch „Schirrantilope“, tihi) zu verlassen.
Dabei handelte es sich um eine ehemalige Garnisonsstadt der Briten, die 1915 als Bastion gegen die vorrückenden Deutschen verwendet wurde, da sich die damalige Frontlinie von dort bis nach Karunga in Malawi zog.
Lustigerweise kamen die Angehörigen der jeweiligen Kolonialmächte untereinander anscheinend recht gut zurecht bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem sich ihre Regierungen in Europa zu dem wohl dümmsten und unnötigsten Krieg in der Geschichte der Menschheit entschlossen haben.
Also mussten sie halt auch aufeinander schießen.
Allerdings konnte so schnell keine Seite die Oberhand erringen, so dass das Gemetzel schlussendlich in den europäischen Zentren der Macht entschieden werden musste.
Etwa zweihundert deutsche Soldaten mit ihren afrikanischen „Askari“-Kämpfern warfen am Tag ihrer Kapitulation ihre Waffen eben dort bei Mbala in den Chila-See. Noch heute fischen die Anwohner ab und an Gewehre aus seinen Gewässern, während sich zudem in der näheren Umgebung des Ortes alte Schützengräben begutachten lassen.
Abgesehen davon musste ich immer wieder schmunzeln, wie sich die Städte in Sambia im Allgemeinen präsentierten. Zum Beispiel: Mbala beherbergt an die 200.000 Einwohner, aber die „Stadt“ schien nur aus einer Hauptkreuzung sowie zwei, drei kleineren Nebenstraßen zu bestehen. Wo also waren die ganzen Leute? Verstecken verstecken?
In gewisser Weise. Oft lag das Geheimnis tatsächlich darin begründet, dass in den Wohnvierteln so viel Grün an und zwischen den einzelnen Anwesen wuchs, dass die Zeichen der ähem Zivilisation beinah zur Gänze unter dem wuchernden Blätterdach verschwanden und ich also meist nur einen winzigen Ausschnitt einer Stadt wirklich zu Gesicht bekam.
In Mbala stoppte ich jedoch nur kurz ab und schnappte mir einen willigen Driver, um den mit -here we go again- 221 Metern zweithöchsten (für Platz Eins reicht’s wohl nie) Wasserfall Afrikas zu erleben.
Weil der war schonnn gewaltig. Aber es geht natürlich immer noch heftiger.
Sagen wir so, duschen würde ich da drunter nicht, das Ding zerquetscht Dich wahrscheinlich glatt zu Amöbengelee. Naja, aber Bilder sprechen mehr und so, ne?
Da habt Ihr nur ordentlich Glück gehabt, denn durch eine klitzekleine Unkoordiniertheit meiner ungeduldig schusselnden Finger gesellte sich meine teure Kamera beinah zu den purzelnden Tropfen.
Lediglich ein kleines Gestrüpp, das über die Abbruchkante des Pfades hinaus wuchs, fing sie in meiner Not auf und hinderte das gute Stück daran, ebenfalls hinab in den Abgrund zu stürzen. Mich errettete das heldenhafte Gewächs zusätzlich vor unsäglichen Seelenqualen.
Außerdem gab es dort ein süßes Museum mit dem lustigen Namen „Moto Moto“ zur Geschichte Sambias und der Kultur der „Bemba“, mithin die mächtigste unter den zahlreichen eingewanderten Bevölkerungsgruppen aus anderen Teilen des Kontinents.
Also, zahlreich. Noch heute werden in dem Land an die achtzig unterschiedliche Sprachen gesprochen. Demgemäß schaute ich mir pflichtschuldigst soziale Organisationsstrukturen, traditionelle Werkzeuge und Initiationsriten der Bemba an, dazu Kräuterheilkunde sowie ein kleiner Schuss Magie und Hexerei.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der prähistorischen Ära unserer Welt, da gerade in der Region um die „Kalambo Falls“ viele, also quasi zahlreiche, Knochen und Schädel gefunden wurden, die Aufschluss geben können über die Wiege der Menschheit.
So war das. Jetzt aber nichts wie weg und weiterrrr!
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht