Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Und täglich grüßt…
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Ich wollte einfach nach Bluefields.
Nicht nur, weil es eines der zwei oder drei wenigen Dinge war, die ich mir schon vor meiner Reise für ganz Zentralamerika vorgenommen hatte: nämlich hart, feist und libre auf einer swaggenden Karibikinsel abzuchillen, yo.
Nein, das war es nicht einmal.
Obwohl schon wieder die Schmetterlinge im Bauch an ihren Leinen zerr(t)en bei dem Gedanken daran, dabei bin (war) ich gerade genau dort!
Scheiße, kann man Sehnsucht nach einem Ort empfinden, noch während man dort ist?
Aber nein, das war es nicht.
Allein schon der Name: Bluefields… Klingt doch geil.
Ja, irgendwie wollte ich dahin, irgendwas lockte und lockte mich, so sehr, dass ich meinen originalen Katastrophenplan B(ullshit) wieder umschmiss.
Denn eigentlich wollte ich erst nach Ometepe fahren, weil es angeblich der Shit ist und bis hinter den Mond gelobt, gerockt und gehyped wird.
Um ehrlich zu sein, war mir der Trubel um Ometepe fast schon wieder etwas suspekt und unheimlich: Da stimmt doch was nicht…
Im Gegensatz dazu waren einige Leute gar nicht so angetörnt von Bluefields: eine gar hässliche Stadt sei es. Früher! Ja früher, mit den alten Kolonialbauten, da sei es ja noch ganz nett gewesen, aber nachdem es von einem Hurrikan erwischt wurde, sagt man, nur noch ekelhafte und hässliche Betonbunker, schnell und viele.
„Mmmegal, es geht doch um Bluefields!“
Ja, und das Hinkommen per Flug sei so teuer und über Land gar so beschwerlich mit all den schlechten Straßen, und überhaupt der Seegang, alle kotzen und scheuern sich den Hintern wund, furchtbar.
„MIMIMIMIMII! Diese bekackten Messer- und Gabel-Esser. Es ist die fucking KARIBIK, Mann! Scheiße. BLUEFIELDS!!“
Ach, mmm, und die Corn Islands, mei ja, pfff, sind schon schön, gell, aber nach drei, vier Tagen ist einem dann auch langweilig. Sind halt Inseln.
„Snhalinsln- Dir vielleicht, Du, Du tölpelhaft eingestellter ADHS’ler, Du! Banause, Lackaffe, Hinterwäldler… nichtswürdiger.
ICH – WILL – NACH – BLUEFIELDS!!!“
Aber Geduld, mein Schatz. Zuerst machte ich noch Halt in Matagalpa, ein weiterer, gelobt authentischer Bergort und angeblich sogar schöner als Estelí. Naja.
Gewiss, das Bergpanorama um die Stadt war recht beeindruckend, und es eignete sich sicher gut als Basis zum Wandern in den umliegenden Schönheiten, aber die Stadt selbst war ein fulminanter Fail.
Mit Sicherheit nicht schöner als Estelí, vor allem was die Einwohner anging. Die waren weder höflich noch nett, sondern ganz einfach ätzend und zwider. Ich mein, man muss mir jetzt sicher nicht mit einer Maglite in den Arsch kriechen, aber auch, wenn einem andere Menschen generell eher suspekt erscheinen, kann man sie zumindest mit Anstand und Respekt behandeln.
Bitte, das mag anderen Reisenden ganz anders ergehen, aber ich für meinen Teil kam mit den Leuten dort gar nicht klar.
So langsam hatte ich das Gefühl, dass es sich dabei um ein globales Problem handelte, respektive ein nationales. Mir schmeckten die Leute dort immer weniger, teilweise gar nicht. Es gab wohl einige wenige ganz vorzügliche Ausnahmen, aber ich gewann immer mehr den Eindruck, dass die Locals nicht so auf Touristen abfahren.
Bis jetzt wollte ich darüber noch nichts sagen, denn das erschien mir allzu sehr als ein subjektiver Eindruck beziehungsweise konnte das einfach auch mit der allgemein aufgeheizten Stimmung im Land zusammenhängen.
Doch ich bekam immer mehr das Gefühl, dass ich ganz allgemein einfach nicht willkommen war.
Mittlerweile tröpfelten auch die ersten vorsichtigen Bestätigungen anderer Reisender ein bezüglich dieses Themas, obwohl die wie an anderer Stelle erwähnt auch eher einen Balken im Arsch zu haben schienen; wo wir schon wieder bei unvorsichtigen Urteilen sind.
Aber mei, ein Stück weit muss und will ich das so formulieren, weil ich will Euch ja einen guten Eindruck davon vermitteln, wie es mir geht, und nicht, was die Wahrheit ist. Das wäre auch ganz schön bescheuert, das zu versuchen, solange man noch zumindest den Eindruck hat, über ein eigenes Selbst zu verfügen.
Egal, wo ich hinkam, aber so richtig wohl fühlte ich mich nirgends. So richtig entspannen war irgendwie nicht drin, ein Rest Vorsicht und Habachtstellung blieb da immer zurückm selbst im schönen Tisey.
Und das ist ziemlich beeindruckend, weil so ist es mir tatsächlich noch in keinem Land ergangen, das ich bisher bereiste. …Ob es doch die Unruhen waren? Ich weiß es nicht, aber war nicht so wirklich cool.
Da ist es schon von Vorteil, wenn man als Tourist eine auf den ersten Blick recht unscheinbare Truhe besäße, die jedoch insgeheim über Tausend Füße verfügt, ähnlich wie eine physikalische Konstante praktisch unzerstörbar und besiegbar ist, und die in ihrem Inneren größer ist als ihr Außenumfang. Das wiederum liegt an den höheren, verschachtelten Dimensionen.
Aber mit so einer Allzweckwaffe Schrägstrich zähnefletschendem Haustier täte man sich schon gelassener fühlen, wenn man nachts durch Downtown L.A. spaziert, vor allem weil ja keiner weiß, was die Truhe in Wirklichkeit kann! Und der Überraschungsmoment ist dann immer so amüsant, wenn den Gangstern mit jähem Schrecken aufgeht, auf was sie sich da eingelassen haben.
Auf der anderen Seite war es mir wiederum auch ganz recht, denn so lief ich schon nicht Gefahr, in Matagalpa zu versacken, oh nein, lieber Herr. Wenn das „authentisch“ sein soll, dann kann ich liebend gern darauf verzichten. Nein, pack’ Deine Sachen gleich gar nicht aus und nichts wie weg hier!
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Bitte umblättern: Alea iacta est…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht