Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Draußen wie drinnen…
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Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, aber Zimbabwes zweitgrößte Stadt hat echt was. Die Kolonialgebäude sind wirklich schön und erinnerten mich ein wenig an die romantischen Klinkerbauten in Norddeutschland.
Ein sehr entspannter Vibe breitete sich aus über baumbestandenen Boulevards und mit trashigen Laternen in der Mitte. Die Straßen waren derart großzügig angelegt, dass ich beinah ein Fernglas brauchte, um die Fußgängerampel auf der anderen Seite erkennen zu können.
Wie uns denn ein gelehrter Taxifahrer berichtete, wurden sie mit Bedacht so gebaut, um in alten Zeiten auch mehrspännigen Pferdefuhrwerken jederzeit die Möglichkeit zum Wenden zu geben. Siehe da. Unsere Autobahnen täten sich da vor Scham in eine dustere Gasse aus Kopfsteinpflaster verwandeln.
Als letztes Überbleibsel hielten einspännige Eselskarren die Erinnerung wach an jene zweifelhafte Gründerzeit. Glücklicherweise wurde das Aufkommen den verkehrstechnischen Möglichkeiten bei weitem nicht gerecht.
Darüber hinaus präsentierte sich die Innenstadt topfeben und dahingehend wie geschaffen für Fahrräder, obwohl wir auf unseren Spaziergängen recht wenige Radlfahrer gesehen haben. Abgesehen davon war das einzige, was fehlte, ein Fluss.
Na. Das stimmt nicht ganz. Es gab einen von der Farbe ausgelaufenen Schweröls, der Lusakas Fleischertheken geruchsmäßig bei weitem in den Schatten stellte. Je nach Windrichtung blätterte unvorsichtigen Passanten bereits in einem Umkreis von hundert Metern die Haut mit einem Todesseufzer von ihren Knochen, während sich Zehen- und Fingernägel soweit einrollten, dass sie eine Singularität hätten erschaffen können.
Unglücklicherweise floss diese menschenrechtswidrige Giftbrühe direkt durch den Stadtpark. …Man sollte den hierfür verantwortlichen Landschaftsarchitekten in diesem seinem eigenen Entwurf ertränken und ungewaschen öffentlich zur Schau stellen.
Auch Bulawayo vermittelte eine melancholisch bröckelnden Patina aus vergangenen Zeiten der Blüte. Wir staunten nicht schlecht über liebliche Springbrunnen in großzügigen Parkanlagen mit öffentlichen Toiletten und – Mülleimern. Das war natürlich lieb gemeint, aber jetzt einmal im Ernst: echt jetzt? – Immerhin, München braucht in der Hinsicht auch nicht anzugeben.
Noch weniger konnten wir unseren Augen trauen, als wir den dortigen Centennial Park betraten und unversehens vor einer ausrangierten Schmalspureisenbahn, die von emsigem Grün überwuchert vor sich hin rostete. Sogar einen waschechten Minigolfplatz gab es da.
— Ein MINIGOLFplatz, Mann! Wie um alles in der Welt hätte ich mich auf den Backflash vorbereiten sollen, der mich mit der Gewalt eines Raketenstarts in meine Kindheit zurück versetzte? Das ist doch nicht normal.
Alles wirkte einigermaßen sauber und aufgeräumt, nur blieb vieles wiederum dem Verfall und Niedergang überlassen. Nach der Hyperinflation vor etwa fünf Jahren, nach der Myriaden von Nullen auf jeder Banknote gestrichen werden mussten, hatte Mugabe mittlerweile den US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel eingeführt, sehr zum Leidwesen meines selbst auferlegten Budgets.
Laut Arnold ging die Entwertung ging in der Tat so schnell vonstatten, dass bereits wieder neue Scheine benötigt wurden, bevor noch die österreichischen Lieferbanken mit dem Drucken der vorher gehenden Edition fertig wurden.
Falls dies überhaupt möglich ist, waren die Menschen in Zimbabwe noch ein Ticken freundlicher und sympathischer als ihre nördlichen Nachbarn.
Doch das steht ausführlich und umgehend auf einem anderen Blatt.
So wir nicht zu den Vibraphon-Klängen der nahebei gelegenen Musikschule, die uns wie tönende Mantras sanft umschlangen, im Park die Sonne vom Firmament dösten, saßen wir züchtig Espresso schlürfend in der kleinen Oase des örtlichen Art-Gallery-Cafés.
Die Burger und Paninis dort machten abhängiger als eine HBO-Serie und ihre Kuchen ließen die Welt neu erstehen. Sicherlich hätte so manches Wiener Kaffeehaus respektvoll den Hut gezogen und sich aus freien Stücken als Döner-Bude reinkarniert.
…Und das konstatierte aus freien Tortenstücken der Öschi, nicht der Piefke!
In diesem Zusammenhang gab es auch kulinarische Neuerungen zu verzeichnen.
Wir bekamen endlich Gelegenheit, die berüchtigten Mopane-Würmer zu probieren, die der Tradition gemäß gegrillt zu „Sadza“ (ist gleich Nshima) gereicht werden. Sie schmeckten nach halbfertigem Popcorn und gar nicht schlecht.
Der Ochsenschwanz nahm uns da mehr ein, jedoch vermochte nichts an das göttergleiche Antilopen-Carpaccio heran zu reichen, das von der Konsistenz her an feinsten Räucherlachs erinnerte, der in der Sonne schmilzt wie Speiseeis; nur dass es sich auf der Zunge eben wie Wild ausnahm.
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Bitte umblättern: Who the fuck…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht