Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Luxusnöte & Preisinflation…
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Die Fahrt selbst verlief ohne großen Zwischenfälle. Zumeist schaute ich lauernd aus dem Fenster und ließ die mittlerweile vertraute Wüstenlandschaft mit ihren graubraunen Hügeln und ausgetrockneten Flüssen an mir vorüberziehen. Ab und an drückte ich in Laissez-Faire-Manier auf den Auslöser, so circa fünfhundert Mal.
Schade, dass es so gespiegelt hat.
Ja, und plötzlich klappte es auch mit dem Wildlife! Denn irgendwann zwischen Nowhere und Erewhon wurde ich einer ganzen Herde Kamele gewahr, die gedankenverloren unter Akazien flanierten und manches Mal in Laissez-Faire-Manier von ihren Zweigen naschten.
Da sieht man’s mal wieder. Wenn man den Kopf machen lässt, alles hübsch durchplant und extra zu einem „Kamelmarkt“ fährt, dann yelem. Aber sobald man die kognitive Handbremse auch nur ein wenig löst, läuft auf einmal alles wie von selbst.
Das ist vielleicht die wichtigste Lektion, die Murphy versucht, mir seit Jahren beizubringen.
Hm? Warum man es trotzdem macht?
Tja, ich schätze aus dem gleichen Grund, aus dem ein Leben meist nicht ausreicht zur Erleuchtung. Erst muss man ein paar Runden drehen in der großen Spirale der Maya, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Welt der Erscheinungen: Wir befinden uns an der Stelle gedanklich in Indien, nicht Mittelamerika; Anm. des Sammlers.)
Ich redete mit niemandem außer einem aufgeweckten jungen Herrn, der, ich konnte meinen entzündeten Äuglein kaum trauen, einen knallroten Rucksack auf seine Schultern schwang! Ein äthiopischer Backpacker. Wow. Hat man da noch Worte.
Den Rucksack hatte er aber aus Frankreich, gell.
Trotzdem erstaunlich, denn obwohl kaum teurer als der Bus, schien sich in den Waggons doch eher die obere Mittelklasse bis hin zur parfümierten Crème brulée zu versammeln. Das hinderte die jungen Munchkins jedoch nicht daran, angeregt und ausgelassen zu schnattern.
Aus diesem Grund musste ich mein Hörspiel „Wolf Brother“ auf volle Lautstärke drehen, um Sir Ian McKellen auch nur ansatzweise verstehen zu können während jener akustischen Götterdämmerung.
Ich selbst verhielt mich wie gesagt stille, denn die pubertierenden Schnicksen in meiner Sitzgruppe waren mir jetzt eher so semisympathisch.
Einmal stand ich auf, um mir etwas zu essen zu holen, aber das war schon alle. Nochmal yelem. Blieb ich also bei meinen Erdnüssen, die sind gut für’s Gehirn.
Nach einem Zwischenhalt in Adama fuhren wir noch immer pünktlich, das muss ich schon sagen, um kurz vor Neun am Abend in- Halt, um! Addis Abeba ein, und eine Stunde später checkte ich ziemlich geschafft in mein üppiges Zimmer mit breiter Fensterfront auf einen deprimierend kahlen Innenhof ein.
Das war in der bescheidenen, aber makellosen „Selam Pension“, weit weg von Piazza und nur einen Steinwurf weit entfernt vom Khul Center.
Was für ein Zufall.
An meinem Brückentag in Addis passierte mithin nicht viel, außer dass ich mein herrlich unkompliziertes Busticket nach Bahir Dar buchte und versuchte, meine rasenden Gedanken und Bilder zu sortieren; was von meiner Seite durchaus so geplant gewesen war, siehe oben.
Am Abend besuchte ich Happy’s Yoga-Stunde und ratschte kurz mit ihm. Leider war er sehr beschäftigt an jenem Tag: Termine, Termine. Ich ging früh zu Bett, denn um halb fünf Uhr morgens musste ich fertig verpackt und verschnürt wieder auf der Matte am Meskel Square stehen.
Kurz darauf verließ ich zum zweiten Mal Äthiopiens Hauptstadt, Angelpunkt und Drehkreuz, dieses Mal in Richtung Norden.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht