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Brücke Gottes

Soweit sind wir ja noch nicht. Aber da wir eh ein so zackiges Tempo vorlegen, hallo?, dachte ich mir, kann man bis zum großen Finale auch öfters mal zu Fuß gehen.

Am andern Tag also zurück in Arba Minch wollte ich ein wenig durch den örtlichen Nationalpark „Nechisar“ mit seinen vierzig Quellen spazieren, die der Ortschaft ihren Namen gaben. Der lag zum Teil auf einer schmalen Landzunge zwischen den beiden Seen Chamo und Abaya und wird im Volksmund „Die Brücke Gottes“ genannt.

Entzücken

Aber für das bisschen Wildlife und Vegetation, das ich bereits aus anderen Ecken der Erde kannte, war mir eine staatlich geführte Tour wohl zu teuer, denn allein durfte man da zum Beispiel nicht hinein.

Stattdessen folgte ich meiner Intuition, schlenderte ein wenig durch die Hoods und wurde prompt von dem bereits erwähnten Studentenpärchen aufgegabelt.
Ich unterhielt mich vorwiegend mit Bekem, während seine Freundin eigenhändig und direkt vor meinen entzückten Nüstern die Bohnen für den bunna röstete, mahlte und schließlich aufkochte.

Zeremonie

Fast wie bei einem altvorderen Ritual stand daneben ein kleines Kohlenfeuer, auf dem der Weihrauch seinen anregenden Odem verbreitete, denn die Zubereitung des traditionellen Kaffees mutiert schnell einmal zu einer vollendeten Zeremonie. Dazu legen sie zum Verfeinern oft ein Stengelchen Weinraute, dessen äthiopischen Namen ich mehrere Male schon vergessen habe.

Vom Geschmack her kam es mir jedoch sehr bekannt vor, es ging irgendwo in Richtung Minze, aber da war noch was, eine leicht herbe und bittere Note, die ich olfaktorisch nicht so richtig festnageln konnte. Jedenfalls tunkt man das Kraut je nach Belieben in den fertigen Kaffee, was dem Gebräu eine frische und würzige Note verleiht.

Hood

Als ich ihnen im Gespräch eröffnete, dass ich schero (die rötliche Linsensoße) sehr mag, hielt die Dame des Hauses wiederum nichts auf ihrem Plastikhocker und sie begann sofort mit den Vorbereitungen für ihre eigene, spezielle Version des Gerichts. Weil ich aus reiner, quasi scheinheiliger Höflichkeit zunächst ablehnte, brach sie darüber beinahe in Tränen aus.

Das klingt vielleicht alles nach spießiger Rollenverteilung, war es augenscheinlich zum Teil auch. Aber ich bin mir sicher, sie hätte sich zumindest mehr an unserer Unterhaltung beteiligt, wäre ihr Englisch besser gewesen. Alles in allem hänge ich noch immer an dem Glauben, dass es für alle Beteiligten eine Art Win-win-Situation war:

Verbindung

Ich erhielt eine entspannte Portion authentischen Alltagslebens, sie konnte sich vor ihren Freundinnen damit brüsten, einen leibhaftigen ferenj bekocht zu haben, und Bekem errichtete einen potentiell hilfreichen Fußkontakt in Deutschlands Türe.

Denn er möchte sich auf ein Stipendium bewerben, um ihn Deutschland studieren und lehren zu können, und ich erbot mich dienlichst, ihm über unsere mannigfaltigen bürokratischen Hürden zu helfen, insh’allah. Ich hoffe nur, dass ich es nicht noch schlimmer machen werde.

Ausgebreitet

Um jene basisdiplomatische Verbindung zu festigen, begleitete Bekem mich sogar in der drückenden Nachmittagshitze des geologischen Talbeckens auf einen Hügel in der Nähe seiner Uni, wo meine Augen einen kleinen Orgasmus erlitten, denn vor mir breitete sich an der Seite Arba Minchs ganz prachtvoll der Abaya-See aus.

Leider war es jener Tage allseits zu diesig, als dass die umliegenden Berge dem irdischen Paradies ihre Krone aufsetzten, zumindest für das kurzsichtige Auge meiner Kamera.
Mein Gott, ich fürchte, mein neuer Apparat hatte da noch mehr zu leiden als der alte.

Diesig

…Bilder einer rußschwarzen Fabrik mit (faktischen) Sklavenarbeitern zur Zeit der Industriellen Revolution stiegen in mir auf, mit einer kalten und grauen Vision meiner Selbst in einem maßgeschneiderten Anzug, monokel- und zigarrenbewehrt auf einer Plattform aus rostigem Gitternetz, die über der qualmenden Eisenhölle schwebt…

…stets einen geringschätzigen Ausdruck in meinen toten und zu bösartigen Schlitzen verengten Augen, während ich ungeduldig das Ziffernblatt meiner aus Gold, Silber und Tränen gefertigten Taschenuhr taxiere. Selbst der dicke Tabakstengel in meinem vor infernalischer Gier triefenden Mundwinkel scheint rot und mißbilligend zu glimmen…

Missbrauch

Wupps! Schon wieder ausgeschert. – Jedenfalls, mein Auslöser glich einem wildgewordenen Stroboskop, egal wo, ich misshandelte das arme Ding brutal.
Und all das ohne die geringste Vorwarnung! Ich hatte das Ding gekauft, ausgepackt – und bevor es noch verquollen und verschlafen seine Linse öffnete, an die neunmal vergewaltigt.

Weit

Naja, ich denke, ich werde das dann im nächsten Leben aufarbeiten, wenn es endlich Artenschutzgesetze für technische Hilfsmittel gibt.

In der Zwischenzeit machte ich mich flugs auf nach Konso, denn trotz seiner traumhaften Lage besaß Arba Minch nicht das gewisse Etwas, das mich zum Verweilen hätte verleiten können. Ungeduldig saß ich im Bus und wartete auf mehr Mitfahrer innerhalb der weiten Schotterbrachen des Terminals…

 

Verweilen

Traumhaft

Zwischenzeit

Träume

Zu Fuß

 

 

 

 

 

Pracht

Vorstufen von schero

Etwas

 

 

 

 

 

Dienlich

Irdisch

Fliegen

 

 

 

 

 

Geologie

Aus dem Staub

Nach Konso

 

 

 

 

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