Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Zuviel Darwin…
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Wo wir wieder bei Herausforderungen wären. Der Schamane nannte es meine Palenque-Initiation. – Jaja. Deine Mudder, Alder!
Ich war da doch schon mal! Von wegen Einweihung. Außer man glaubt daran, dass Zeit nicht existiert und es nur eine Frage von multidimensionalen Verschachtelungen ist, die wir in unserer Beschränktheit nicht richtig unterscheiden können.
Naja, da ist vielleicht sogar was dran. Mit Schubladen hatten wir ja schon immer so unsere Probleme: „Hee, schau mal, der trägt Wildledersandalen, dann frisst der sicher auch Körner!“
Jedenfalls, es war nicht schön. Wenn man sich zweimal am Tag mit Kokosnuss- und ätherischem Teebaumöl einreiben muss und zum Schlafen zusätzlich noch mit ayurvedischem Wick Vaporub, dann steht die Hinfälligkeit schon vor der Tür. Kommt nur nicht an die Klingel ran, zu weit oben.
Echt, ich kam mir vor wie ein schwindsüchtiger griechischer Olympionike.
Die haben sich ja immer mit Olivenöl eingerieben, viel besser, wegen dem Teint, und damit sie die leicht berobten Mädels beeindrucken konnten. Bei mir hat das aber nicht funktioniert.
Immerhin, der Wachhund hat sich ab und zu an meiner Wade gerieben, aber vielleicht bloß, um noch mehr Zecken abzuladen. Wer weiß, das kann schon sein, die sind ja auch nicht blöd. Wie hieß der noch, Ashoka, Ananda, Asthanga? Irgendwie so.
Jedenfalls, was in San Mateo begonnen hatte, das schien sich in Palenque fortzusetzen. Demnach sehnte sich mein ganzer Körper nach einem Ölwechsel und wollte sich häuten. – Nicht, dass mir das nicht schon seit längerem aufgefallen und bewusst geworden wäre, aber anscheinend wollte er dabei auf Nummer gehen.
Draußen vor der Hütte Holz zu holen war also keine gute Idee.
Erstaunlicherweise gab es innerhalb vom El Jardín dahingehend überhaupt keine Probleme, das konzentrierte sich wirklich nur auf die offenen Weideflächen ummadum mit ihren wiederkäuenden Kreuzfahrtschiffen für Ungeziefer.
Ja, weil der befand sich eben nicht genau mitten im Dschungel, der kam gleich dahinter. Aber dazwischen waren eben diese vermaledeiten Bauernwiesen!
Ich muss Blutgruppe Null haben, weil so wie es aussieht, lieben die die Biester.
Trotzdem folgte ich dem Beispiel meines Körpers und ging hernach kein Risiko mehr ein, sondern verlegte mich lieber auf das Fegen der Wege und der Aufenthaltsbereiche. Mir gefiel das auch besser, denn ich wollte schon immer mal ein Kehrer werden.
Lacht nicht, auf der Scheibenwelt von Terry Pratchett geht das. Da gibt es sogar einen weisen Mönch, der so heißt und der kann die Zeit kontrollieren. Wahrscheinlich kommt das daher.
Und wie ich kehren konnte! Unermüdlich, unerschöpflich fegte ich immer weiter wie ein größenwahnsinniger Duracell-Hase. Man konnte mich nur anhand einer wandernden Staubwolke ausmachen, die sich in einem ewigen Orbit um den zentralen Ruhepol meines Bewusstseins zu befinden schien.
Danach kamen Mio und Iyara glucksend daher, und ich konnte zwar ein belustigtes, doch unüberhörbar erstauntes: „Ay, muy limpio!“ nicht überhören.
Da musste ich schmunzeln und war ganz stolz. Zudem bin ich mir ziemlich sicher, dass der Garten nie wieder so aussehen wird; wie ein geschorenes Schaf, das ganz schön blöd aus der Wäsche guckt.
Eine der gefährlichsten und Nerven aufreibendsten Tätigkeiten bestand aber darin, das Bücherregal, das aus alten und hipp verottenden Weinkisten bestand, zu reinigen und neu zu arrangieren. Denn in den Ritzen dazwischen hatten einige belesene Skorpione ihren Claim abgesteckt.
Sie gehörten zur mystischen Elite der Krabbelviecher und diskutierten in ihrer Freizeit über Baudelaire und die Vorzüge von Kriya-Yoga während der Präzessionswende. Gleichwohl bestand die unmittelbare Gefahr nicht in ihren durchaus beeindruckenden Stacheln als vielmehr in ihrem messerscharfen Intellekt.
Darin und in den ätzenden Verwesungsgerüchen, die aus manchen der etwas vergilbteren Buchexemplare strömten und die bei genauerem Hinsehen nur mehr aus existentialistischen Staubpartikeln bestanden. Man musste also gut auf der Hut sein, wenn man sich mit den Burschen auf einen philosophischen Wettstreit einlassen wollte; am Ende dann doch auch wegen der Stacheln.
Tanja tat sich an dieser Stelle ganz besonders hervor und machte sich mit bewundernswerter Unerschrockenheit und deutscher Gründlichkeit ans Werk, während Elian vielmehr wie ein feingeistiger Satellit und mit reichlich gesundem Abstand um sie herumschwirrte und das eine oder andere Mal vielleicht galant und anmutig seinen Putzlappen schwang.
Den sah ich auch eher selten einmal beim Abwasch, wobei ich mir fast sicher bin, dass er das nicht böse meinte. Ich glaube, für viele Dinge, wie zum Beispiel das Leben an und für sich, war er einfach zu langsam, denn er wirkte oft wie ein zerknatschter Koala-Bär, der sich ständig fragen musste, wo denn das viele Licht auf einmal herkomme.
Da musste ich wieder grinsen und fegte weiter.
Und so zogen die Tage scheinbar unscheinbar ins Land. Abstrakte Konzepte wie Zeitmessung oder kalendarische Systematik waren so greifbar wie ein neundimensionaler Gugelhupf und wurden mit dem Regen fortgewaschen.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht