Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Himmlische Botschaft…
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Weil, jetzt ist genug gekehrt im unteren Hinterstübchen. Also, reißen wir die Fenster einmal weit auf, schauen hinaus und nehmen einen tieeefen, frischen Atemzug, um dann der Welt mit klarem Geist und offenem Herzen Hallo zu sagen!
Axum im Jahre des Herrn 2019 war wie Tomb Raider ohne Angelina Jolie, ist wie Indiana Jones ohne Hut: jugendfrei und umzäunt und Coke Zero, ohne Zucker.
Ein uraltes und bestechendes Enigma, dem sein letzter Zahn gezogen und der zuständigen Fee zum Fraß vorgeworfen wurde.
Es fehlten die Spinnweben, die dreckige Faust im Nacken, der Schweiß und der knarzende Peitschenhieb, das heisere und irre Gelächter des Bösewichts dabei. Wie überall in der polierten Welt des Tourismus fehlte dort der Saft, fehlte das Leben.
Aaah, ich könnte grad so weitermachen!
Abgesehen davon war Axum ziemlich cool. Vielleicht ein bisserl was zum Rahmen.
In der Tat ranken sich einige Mysterien um die Hauptstadt des alten Großreichs, das sich über Eritrea bis in den Süden der arabischen Halbinsel erstreckt haben soll und den Handel durch das Rote Meer zwischen Europa, Afrika und Asien kontrollierte.
Bevor die Araber dann persönlich Einspruch erhoben.
Wir reden hier grob von den Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt.
Ob es sich darüber hinaus jedoch tatsächlich um das sagenhafte Reich der Königin von Saba handelte und somit noch etwa tausend Jahre weiter zurückreichte, darum streiten sich die Geister; zumeist die einheimischen mit den gelehrten.
Das passiert in Äthiopien ziemlich oft, weil die Locals haben überwiegend ihre eigene Ansicht von der Geschichtsschreibung. Hatten sie die Bundeslade wirklich nach Axum in Sicherheit gebracht, als Jerusalem angegriffen wurde, wie Graham Hancock das in seinem kontroversen Buch „The Sign and the Seal“ beschreibt?
Die Äthiopier behaupten sogar, Menelik I., Sohn von König Salomon und der Saba Queen, habe sie kurzerhand gestohlen, wobei das epochenmäßig vielleicht etwas schwierig in Einklang zu bringen sein wird. Keine Ahnung, das soll jemand anderes auskarteln.
Verlieh sie ihren Armeen tatsächlich die Macht, so à la „Jäger des verlorenen Schatzes“, als einziges afrikanisches Land die einfallenden (in diesem Fall italienischen) Kolonisten zurückzuschlagen?
Angeblich seien ja die zwanzig bis dreißig Meter hohen und grob um die zweihundert Tonnen wiegenden Stelen von Axum mit Hilfe einer „magischen Maschine“ errichtet worden. Ob am Ende da auch die Ark of the Covenant dahinter steckt?
Historiker fahren wiederum ihre beliebtesten Geschütze auf: Seile, Flaschenzüge, Elefanten und viele, viele, viele Menschen. Auch da weiß ich nicht, was ich davon halten soll, dazu fehlt mir mithin das notwendige Wissen und das letzte Interesse.
Immerhin, der Steinbruch von Gobodura liegt nur fünf Kilometer entfernt, und das Gelände zwischen dem und ihrem heutigen Standort verläuft in der Tat einigermaßen eben. In diesem speziellen Fall ließe ich mir Rollen aus Baumstämmen noch einreden, ansonsten aber eher nicht.
Aber zurück zu den Seilen. Ich meine, wenn das Ding schon halberts steht, dann schaut das auf einem Bild ja ganz adrett aus, wie hundertfuffzig Sklaven an umpzig Seilen das Trum nach oben ziehen. In der linken unteren Ecke reckt ein Elefant seinen Rüssel in die Höhe, damit verdeutlicht werde, dass er bei der ganzen Chose irgendwo auch eine Rolle zu spielen hatte.
Soweit so gut. Aber was geschieht davor? Du musst das Ding doch quasi direkt aus der Horizontalen nach oben in die Senkrechte lupfen. Da ist dann nicht nur das obszöne Gewicht der Obelisken im Spiel, sondern was weiß ich was für Hebelkräfte!
Nur, damit das klar ist, wir reden hier von einzelnen Monolithen: riesenhaften Blöcken am Stück, nicht geschnitten, und zwar aus feinstem Granit; die wurden nicht an Ort und Stelle zusammengebaut wie ein Lego-Musterhaus, mm-mm.
Ich weiß nicht, vielleicht ist das anderswo auch so, aber in Äthiopien fiel mir das krass auf, dass regionale Traditionen, Erzählungen und Geschichten gern und etwas arg leichtfüßig belächelt, über den Kamm geschoren, abgelehnt und zu guter Letzt der Lächerlichkeit preisgegeben werden, sicher ist sicher.
Vielleicht wäre es da sinnvoll, ein bisschen genauer und vor allem unbefangener zuzuhören und nicht immer nur auf die geheiligten – und sowieso oft recht dürftigen – Fakten zu vertrauen.
So langsam scheint sich da auch was zu tun, denn in den letzten Jahrzehnten wurden weltweit immer mehr kritische Stimmen laut, die am allseits gewohnten Hergang unserer Geschichte zweifeln, da immer neue Puzzleteile auftauchen, die nicht mehr so recht ins althergebrachte Bild passen wollen.
Aber neue Geschichtsbücher zu schreiben ist halt nervig und kostet Geld.
So werden manche Dinge, bewusst oder unbewusst, auf die lange Bank geschoben, übersehen oder schlicht und einfach totgeschwiegen: „vielleicht kriegt es eine Weile ja niemand mit; zumindest solange, bis ich in Pension bin.“
Ich bin beileibe kein Experte, aber was die Überbleibsel alter Zivilisationen anbelangt, wird überall und egal wo ich hinkomme, alles gleich pauschal mit Grabes- und Religionsriten erklärt. Als ob es sonst nichts anderes gäbe.
Wie zum Beispiel unser liebes Firmament, vor allem des Nächtens sehr hübsch.
Ich sehe ja ein, dass es sich beim Glauben an den Tod durchaus um ein wichtiges und lebensbestimmendes Element der Menschheit handelt – aber mindestens genauso wichtig waren ihnen die Gestirne und ihr Einfluss auf unsere Welt.
Das ist so schreiend offensichtlich wie dass ein Zebra Streifen hat, wenn man sich die uralten Bauwerke in Ägypten, Mittelamerika oder zum Beispiel in Kambodscha anschaut, um nur ein paar zu nennen. Die Frage ist nur, sind sie weiß oder schwarz?
Also die Streifen.
Aber erzählt einem das jemand offiziell? – „Neinnein, mein Herr, das war mit Sicherheit ein Grab jawohl, und die Rinnsteine da drüben, das waren keine Wasserleitungen, sondern sie waren dazu da, um das Blut und das Gedärm der religiösen Opfer abzuleiten, klare Sache.“ Immer schön auf die reißerische Tube drücken.
Immerhin, bei den Maya und Azteken scheinen sie ein wenig mehr Offenheit und Verstand zu haben.
Und warum nicht beides? Hm?
Warum können solche altvorderen Stätten und Bauwerke nicht multifunktional gewesen sein und etwa als hybrisches Grabmonument oder Altar für antike Tarantinos gedient und sich gleichzeitig nach den Sternen ausgerichtet haben, um auch die Gegenwart respektive Zukunft zu ehren?
Ja, was spricht in der Tat dagegen? Warum das Schöne nicht mit dem Nützlichen verbinden? – Fragt sich nur, was da was ist.
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Bitte umblättern: Steine und Lanzen…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht