Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Hey hey Wickie…
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Aber, ne? Lustig.
Zurück zu Kayon. Gleiches Spiel, wenn er nicht gleich etwas zu essen bekam. Holla, da war aber das Heu herunten!
Und das war praktisch immer der Fall, weil das kleine Krümelmonster vertilgte mehr als ein ausgewachsener Scheunendrescher und ließ selbst Tom, den Biber, oder mich selbst -selbst zu unseren besten und ungeduldigsten Zeiten- aussehen wie ein zweidimensionales Hungerhaken-Model mit Brechdurchfall, das so ausschaut, als ob seine Haut nur wie ein lappriger Gucci-Mantel auf dem Kleiderständer seines Knochengerüstes hängt.
Der brachte den Essenslieferanten ganz schön ins Schwitzen, und wehe, es gab keine „Nana!“ (Bananen).
Oh ja, es wurde auch ordentlich und viel geplärrt, aber selbst das konnte ich auf die Dauer gut ertragen; zu anderen Zeiten wäre ich da gewiss schneller auf den Bäumen gewesen als der alte Baron.
Vor allem die arme Lilith hatte es arg übel erwischt, im wörtlichen Sinn. Fast jede Nacht musste sie sich mehrmals übergeben, krümmte sich dabei vor Bauchschmerzen und klagte uns mit ihrem herzerweichenden „Aaauaaa!“ ihr unsägliches Leid. Das machte sie aber nicht minder schön und liebenswert.
Sie war beileibe (Tihi, schon wieder so ein armseliges Wortspiel!) nicht die einzige, die sich zuvor etwas eingefangen hatte, unten am Strand von Mazunte. Mehrere Erwachsenen hatten ebenfalls so ihre Probleme und Beschwerden.
Selbst meinem überaus formidablen Immunsystem, an dem sich im Normalfall sogar Chuck Norris die Zähne ausbeißen würde, war etwas mulmig zumute in jener verhängnisvollen Nacht…
Auch nach weiteren zwei Jahren bleibt es dabei: Lateinamerika ist kein leichtes Pflaster und bleibt eine Herausforderung für mich, keine Frage.
In dieser einen Nacht eben musste ich zum Beispiel ganz dringend aufs Klo. Das war jetzt kein Durchfall, aber durchaus so eine Situation, wo man aufwacht und sich denkt: „Scheiße.“
Bis man dann begreift und notgedrungen akzeptiert, dass das in der Tat wörtlich gemeint war und man sich aus dem Schlafsack und schließlich hinaus in die düstere und sturmumtoste Kälte der Welt quält, kann es dann oft schon zu spät sein:
„Passagier Z-Zein?, Karsten Steffen, begeben Sie sich bitte umgehend zum Gate After Eight, Ihr Stuhl geht in wenigen Sekunden!“
Schlaftrunken und mit der Stirnlampe auf Dreiviertel Neun wankte ich einige schräg in den Lehmboden gehauene Treppen zum Kompostklo hinunter. Das langte auch vollkommen, dass es mich der Nase nach auf meine Schokoladenseite pfefferte, die abgesehen davon die Welt stets mit offenen Armen empfing, warum auch immer.
Im Prinzip kam ich sowieso glimpflich und mit einigen Schürfwunden davon, nur muss ich irgendwo an einem Ast oder einer Wurzel hängengeblieben sein, so dass ich mir über der Außenseite meines Knöchels einen ordentlich tiefen und somit beachtenswerten Cut zulegte, so einen, mit dem man im ewigen Lausbubenalter der Eis-am-Stil-Ära gerne angegeben hätte.
In der Tat war ich gleichermaßen stolz wie peinlich berührt über meinen nächtlichen Aus- oder vielmehr Kunstflug, als ich mein blutig verschorftes Bein den Anderen zeigte, die mich abwechselnd mit indischer Heilsalbe, Propolis, Betaisadonna, Drachenblut und Sagrotan versorgten.
Aber was soll’s. Solange sie Zeilen vollmacht und ein paar Mundwinkel zum Schmunzeln bringt, insh’allah, so hat jene zutiefst karmische Episode ihren Sinn und Zweck erfüllt.
Dieses Drachenblut muss ich mir vor allem besorgen, allein schon wegen dem Namen. Der bringt mein Blut nämlich ähnlich angenehm zum Köcheln wie „Gondolin“ oder „Turin Turambar“.
Und all das nur wegen diesen gschissenen Frijoles! (Bohnen) – Dann doch lieber Pizza.
Samstagabend war nämlich Pizzatag im Casa Abuelita, und da hielt es natürlich niemanden, vor allem Inja nicht, ein weiterer dieser halbwüchsigen und doch großartigen Indianer; Verzeihung, Indigener.
Oder darf man das auch schon nicht mehr sagen? Ich kenn’ mich da ja nicht mehr aus.
Pff. Political Correctness… meinetwegen zum Henker damit. Das ist und war doch schon immer ein Widerspruch in sich! – Oder?? Ist doch wahr.
Jedenfalls kletterten wir wie hungrige Piraten mit Aussicht auf fette Beute auf den Pick-Up oder schusterten die paar Meter geradewegs ins Dorf, um uns dann in einer ansehnlichen Stammesrunde um eine große Tafel unter Grandmas Fittichen niederzulassen und alles, echt alles!, in eine Steckdose zu stecken, was auch nur im entferntesten nach einem Stecker aussah.
Man kann sich das vielleicht so vorstellen wie ein Kamel, das nach einer monatelangen Dürre (oder wann auch immer es für so ein Viech eben brenzlig wird) endlich an einer Wasserstelle anlangt und sich just daran erinnert, dass es ja über Höcker verfügt.
Das machte in Wirklichkeit auch keinen Sinn, weil wir benutzten diesen neumodischen Kram eh nicht. – Stop. Man soll nicht projizieren: Ich nutzte ihn nicht. Aber es war einfach ein schönes Gefühl. Und als dann unsere dünnen und herrlich krossen Pizzen endlich kamen, da war die Welt nur noch eine kreisrunde Scheibe des Glücks.
…Nicht zu fassen, hatten die Katholiken doch recht.
Whoa!, oder einmal, da hat Chepes Familie für uns aufgekocht. Ich meine, das tat seine Frau eh immer, aber bei der Gelegenheit kam tatsächlich die ganze Sippe angerückt und machte sich den liebenlangen Tag daran, ihr vollkommen eigenes und von Generation zu Generation weiter gereichtes Rezept einer traditionellen „Mole“ zuzubereiten!
So richtig mit einem Riesentopf, in dem sie andächtig und gewichtig rührten, hier noch etwas darüber streuten und dort einmal kritisch schnüffelten, wie Miraculix, wenn er seinen Zaubertrank braut. Und wie Obelix wäre ich aus Versehen am liebsten hineingefallen. Echt, das war sooooo lecker! – Die O’s könnt Ihr im übrigen beliebig und bis ins Unendliche fortsetzen, das geht locker.
Mannmannmann, Herr Mannesmann. Drei Tage lang aßen wir davon, und am Ende war immer noch mehr als die Hälfte da. Die meisten von uns konnten die dunkelbraune Soße schon gar nicht mehr sehen, aber ich hätte zu allen Zeiten getötet und wäre dafür gestorben, viele Male.
Ich habe jetzt keine Lust, die Mole-Soße näher zu beschreiben, googelt das mal lieber nach, auf jeden Fall schmeckt die gottesgeil! – Aber dreimal dürft Ihr raten, woher ihre typische Farbe kommt.
Heutzutage kriegt man das Zeug wahrscheinlich überall in Mexiko, aber ursprünglich kommt dieses Gericht tatsächlich aus der Region um Oaxaca.
Das nur als kleiner, nutzloser Fact am Rande, wer’s mag.
Ansonsten gab es meistens Suppe. Und Papayas oder Mangos. Bananen gab es keine, weil die waren alle für Kayon. Stattdessen gab es unter den Baumwipfeln im Tal des Rio Hondo manches Mal eher sonderbare Leckerlis zum Nachtisch.
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Bitte umblättern: Ist Elon Musk…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht