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Ecke

Eigentlich wollte ich „nach getaner Arbeit“ und aufgrund der zu erwartenden Preislage Lalibela schnell wieder den Rücken kehren, denn von der Wasserflasche bis zum Abendessen war das Leben dort leicht einmal doppelt so teuer als an jedem anderen Ort in Äthiopien.

Jedoch, mit ein bisschen Geduld fand ich auch außerhalb der heiligen Bezirke ein paar Ecken, wo man sogar als ferenji einen anständigen Preis zahlte.
Damit einhergehend fanden sich dort, mannigfaltig und facettenreich, umher streunende Guides und Kinder, die mich um Geld, Bücher, „pen“? und Süßigkeiten anbettelten.

Streuner

Allerdings muss ich gestehen, dass sich dahingehend die meisten höflicher, gewitzter und charmanter präsentierten als in anderen Teilen des Landes.
Aber das half am Ende auch nichts, wie Ihr bald sehen werdet. Denn meine Haut war diesbezüglich leider stetig dünner geworden.

Letztes Hemd

Ja, ich spürte es ganz deutlich: so langsam war es an der Zeit, schleunigst das Weite zu suchen. Und damit meine ich richtig weit, Europa-weit.

Leute, ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich zu dem Zeitpunkt wieder auf zu Hause freute, wo ich mir nicht ständig wie ein lebendiges Ausstellungsstück zum Anfassen und Betatschen vorkommen muss, denn wieder einmal fühlte ich mich wie in einem erzrabiaten Streichelzoo, wo mir das sprichwörtliche letzte Hemd vom Leib gerissen werden sollte. Keine Taschen.

Selbst diese unfassbar nervenden Fliegen, die – nicht nur mir! Ich hab’ gschaut – im Wortsinn und ohne zu übertreiben auf der Nase herumtanzten, wirkten in Äthiopien und grade in Lalibela aggressiver und erbarmungsloser als in jedem anderen Teil der Welt.

Höhe

Vielleicht lag’s an der Höhe und der geringen Sauerstoffzufuhr, dass alle dort serienmäßig durchdrehen, ich weiß es nicht. Vielleicht war ich noch sensibler als sonst, aber irgendwas war da im Busch, keine Frage.
Fakt war, ich musste mich immer mehr zusammenreißen, damit ich nicht chronisch unflätig und bösartig wurde.

Meine neueste Strategie bestand zunächst darin, möglichst jeden Blickkontakt mit Einheimischen zu vermeiden, koste es, was es wolle. Ich hatte mir auch schon ernsthaft überlegt, ein Schild zu basteln mit der Aufschrift:

Monument

„Hello. Thank you, I’m fine. I’m from Germany. Yes, good place. Yes, I like Lalibela. No, I don’t need your help. No, I don’t need a guide. Yes, also not tomorrow, thanks very much. Yes, I am sure, ciao.“

Ins Herz

Umso mehr genoss ich die Momente im Garten des Asheton (Klingt irgendwie grandios und… mondän, findet Ihr nicht?: „Wie, Du bist nicht im Asheton abgestiegen?? Ach, Darling!…“), wo mich lediglich bunte Blüten, Vogelgezwitscher und eine monumentale Satellitenschüssel umgaben. Aber auch das sollte mir bald verleidet werden.

…Spürt Ihr schon, wie sich der Spannungsbogen langsam immer weiter dehnt und dabei stets unerträglicher wird?

Und PAOH!! Am dritten Tage endlich trafen mich Traurigkeit und müde Niedergeschlagenheit wie ein Pfeil mitten ins Herz. Aber auch eine Wut, die grundlegender war und tiefer schürfte als dass sich lästiges Ungeziefer dafür hätte verantwortlich zeichnen können, denn ich kannte sie bereits gut von anderen Reisen, von andersartigen und doch irgendwo ähnlichen Situationen.

Komparsen

Womöglich waren meine anfängliche Gereiztheit und Unausgeglichenheit lediglich Vorboten gewesen, die den Weg bereitet hatten für diese neuerliche Gemütslage.
Ja, womöglich tat ich in diesem speziellen Fall dem Land und seinen Menschen Unrecht, indem sie nur Statisten waren und Komparsen für mein innere Tragikomödie, deren Ursache ich reflexartig nach außen in meine Umwelt blasterte.

G’lernt isch halt g’lernt, gell.
Vielleicht waren sie nur der Auslöser für etwas, das in Wahrheit tief in meinem Sein begründet liegt. Vielleicht hatte mich mein Weg deshalb auch nach Äthiopien geführt.
Damit ich dieses Thema doch bitte noch einmal genauer unter die Lupe nähme.

Zustand

Hmpf, na gut.
…Da schwang aber auch eine seltsame Hilflosigkeit und eine Verlorenheit mit, die weiter zu reichen schien als alle anderen Gefühle und Gemütszustände, Zustände, von denen ich meinte, sie auch bei meinem verstorbenen Vater des öfteren beobachtet zu haben.

Ahnen

Und auch er schien nicht gewusst zu haben, was er damit anfangen soll.
Zumindest brachten meine derzeitigen Gefühle derartige Assoziationen hervor. – Wer weiß, am Ende reichen solche Seelenzustände noch weiter zurück als das eigene Leben undoder greifen über die eigene Entwicklung hinaus.

Vielleicht treten hier Dinge zutage, die meine Ahnen bereits beschäftigt und deren Fackel ich beim Eintritt in diese Geburt übernommen hatte, wiederum im Gleichklang und Übereinstimmung meiner eigenen seelischen Vervollständigung.

Dualität

Denn das muss ja nicht immer nur das eine oder das andere sein, für mich macht es mehr Sinn, wenn das alles ineinander greift, sich durchwebt und gegenseitig stützt und trägt. Wirklich. Je genauer ich mir die Dualität anschaue, desto mehr kommt es mir so vor, als ob es sie eigentlich gar nicht gibt.

Verbundenheit

Beispiel: Glück und Freude lassen mich „strahlen“, und ich möchte hinaus in die Welt und sie umarmen! Wohingegen mich Schmerz und Trauer mehr nach innen führen und in Kontakt zu mir selber bringen.

Obwohl sie in unterschiedliche Richtungen unterwegs zu sein scheinen, haben diese gegensätzlichen Pole am Ende doch dasselbe Ziel, sind sie eben doch nur zwei Seiten ein- und derselben göttlichen Münze:
Verbundenheit.

Vielleicht bin ich auch einfach nur verrückt.
Und jenem Einen sei Dank dabei nicht der einzige. …Teh.

Illusion

Fackeln

Durchwebt

Erzrabiat

Hinaus

Hinein

Weit

Gemüt

Ineinander

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