Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Blutende Herzen…
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Hübsch und flauschig wurde jener ereignisreiche Tag abgerundet mit Keksen, ordentlich Kaffee sowie einem wahren und reichhaltigen Festessen am Abend, denn es gab Spaghetti, Gemüse, Kartoffeln sowie frisch frittierte Bananen als Nachtisch.
All das wurde herzerfrischend kommentiert von unserer deutschen Furie mit ihrem nordisch unterkühlten Temperament, die circa 387mal und in einer ätzenden Art und Weise nachbohrte, ob da auch jaa kein Glutamat drin sei!
Wiederum, zu ihrer Verteidigung und um der Wahrheit und Vollständigkeit Genüge zu tun: ich konnte es in dem Fall fast verstehen, weil wegen dem Mist wurde sie angeblich bereits zweimal ohnmächtig, in einem Flugzeug noch dazu, und musste deswegen ins Krankenhaus. So etwas will man natürlich nicht unbedingt mitten in den Bergen ohne jegliche Flugrettung weit und breit.
Klar könnte man so etwas auch vorher abchecken, aber das gestaltet sich in Äthiopien durchaus schwierig: „Yesyes, no prroblem.“ Jaja, red Du nur.
Trotzdem geht das auch anders, weil der Ton macht schließlich die Musik. Zefix.
Und unser emsig furchtsamer Koch war wirklich gut, der hatte sogar eine Haube auf.
So, jetzt muss ich mich aber niederlegen in mein deutsches Vaude-Zelt, in der irrigen Hoffnung, diesen Blitzkrieg an Eindrücken auch nur ansatzweise verdauen zu lernen.
…Ich dachte ja, das sei von den Franzosen… Also das Zelt… Weil, der Na-hhHA!-me klingt so franzzssshcccchhhh….
…Aaah, und was für ein Fest wiederum am Morgen, denn es gab Erdbeermarmelde, Honig und sogar Erdnussbutter zum Frühstück. Mit eingezogenen Schultern kuschelten wir uns um den Tisch, denn es war hurtig kalt auf 3.200 Höhenmetern. Erst als wir uns gegen halb neun endlich in Bewegung setzten, spickten die ersten wärmenden Strahlen der Sonne über die Anhöhe von Sankober.
Der zweite Tag unserer Wanderung stand unter keinem guten Stern.
Zunächst marschierten wir wie gewohnt am Ende der Welt entlang, das Land weit unter unseren Füßen wurde nun wunderschön beleuchtet vom Morgenlicht.
Die Landschaft änderte sich nur wenig, bis wir an einer schwarzen, unerbittlich senkrechten Schlucht anlangten, in die theoretisch ein prächtiger Wasserfall hinunter stürzte. An jenem Tag jedoch produzierte das kleine Rinnsal erwartungsgemäß nur eine fahle und kaum wahrnehmbare Erinnerung an das Tosen der regenreichen Monate.
Lobelia fiel aufgrund einer just aufblühenden Erkältung sowie ihrer PROFESSIONELLEN Tätigkeit bald weit hinter uns zurück, und mehrmals mussten wir warten, mitunter eine geschlagene Stunde! Ihre nörglerische Art schlug allen Teilnehmern immer mehr aufs Gemüt, oder um mal in der Sprache unserer Zeit zu bleiben, sie ging uns allen gehörig auf den Sack!
Denn sie weigerte sich beharrlich, auf ein Maultier zu steigen, da es ihr zu teuer war und sie anscheinend zu sehr einschränkte.
Wenn sie nur gewusst hätte, wie sehr sie alle Anderen einschränkte; physisch, mental und emotional. Zu dem gesellte sich unsere Sorge, dass wir in einem derartigen Schneckentempo das zweite Camp nicht vor Einbruch der Dunkelheit erreichen würden.
Nach einem kurzen Stück entlang der uns treu begleitenden Schotterstraße (Hmpf), wo in kurzer Folge zwei Trucks vorbeibretterten und uns mit einer wohligen Decke aus Staub einhüllten, der sich mit unserem Schweiß auf der Haut zu einer ganz köstlichen Marinade aus Mineralstoffen, Spurenelementen und Dreck verband, erreichten wir nach einem kurzen Abstieg einen gemächlichen Bachlauf mit einigen Becken, wo wir ein spätes Mittagessen einnahmen.
Frisch gestärkt von dem Veggie-Sandwich sowie einer Banane unternahmen wir noch einmal eine versammelte Anstrengung und redeten auf Lobelia ein, sie möge doch bitte endlich und in Gottes Namen auf diesen verfluchten Esel steigen, und siehe!
Sie gab zu guter Letzt nach und ließ sich für den abschließenden Aufstieg bis zum Geech-Camp tragen, halleluja und gesegnet sei der Herr!
Wahrscheinlich hatte auch ihr letzter Hustenanfall, der ihren eigenen Angaben gemäß etwa zwanzig Minuten gedauert haben musste, sein eigenes Gewicht in die Waagschale der Diskussion geworfen.
Ich schwöre, ich habe noch nie einen so eigensinnigen und gleichzeitig misslaunigen Menschen auf meinen Reisen getroffen. Die war störrischer als jedes Reitviech, das man ihr unter den Arsch hätte schieben können.
Noch einmal, gewiss hat sie ein ordentliches Packerl zu tragen, das seine Spuren hinterlassen haben muss, keine Frage, aber am Ende macht sie sich das Leben selbst – und anderen! unnötig und ungebührend zur Hölle. Immerhin waren es ihre höchst eigenen Entscheidungen gewesen, die sie in diese Situation gebracht hatten.
Wie zum Beispiel die Tatsache, dass sie trotz bestehender Erkältung mit ihren fast sechzig Jahren, während der Trockenzeit, eine dreitägige Wanderung auf über 3.000m angetreten und stattdessen nicht etwa um einen Aufschub gebeten hat.
Es war auch ihre höchst eigene Entscheidung gewesen, den Einflüsterungen und offenkundigen Lügen ihrer vollkommen inkompenten Tour Agency Glauben zu schenken, sich von denen alles Mögliche versprechen zu lassen, „yesyes“, und dafür auch noch – wiederum nach eigenen Angaben – dreihundert Euro zu zahlen!
Zum Vergleich, ich hatte lediglich 130 hingeblättert.
Ich weiß auch nicht, ob sie sich von der Firma selbst oder nur von einem Schlepper in Bahir Dar hat bequatschen lassen, aber auf alle Fälle hieß ihre Agency „Omega Tours“. Keine Ahnung, was am Ende wirklich an ihren Tiraden dran ist, aber spitzt bei den Yoschis vielleicht mal verstärkt Eure Lauscher und runzelt die Stirn präventiv.
Wie auch immer, sie wurde von denen also ordentlich über den Tisch gezogen, somit war ihr Unmut zumindest zu einem Teil berechtigt. Leider aber ließ sie ihren Frust an uns und vor allem an Abraham aus, der nun wirklich am Allerwenigsten dafür konnte und trotz ihrer ekelhaften Art alles versuchte, um die Situation zu kitten.
Selbst auf die Scouts prügelte sie verbal unbarmherzig ein, obwohl die eh kaum Englisch konnten, aber das war ihr naturgemäß egal oder vielleicht auch gar nicht bewusst.
…Gott, der arme Abraham. Dabei war das ein so lieber und aufmerksamer Kerl.
Bei ihm hatte ich sofort ein gutes Gefühl, denn nicht zuletzt verlebte ich bereits mit seinem Namensvetter in Tis Abay eine gute Zeit. Ein gutes Omen also; zumindestens für mich.
Leider nicht für Dani.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht