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Taxieren

Arba Minch („vierzig Quellen“) war eine schizophrene Stadt.
Kein Wunder, denn sie bestand aus zwei Ortsteilen und lag in der Mitte zweier Seen: Lake Chamo und Lake Abaya. Und diese Tatsache wirkte sich auch auf das Gemüt der Menschen dort aus:

Eben noch beschimpft Dich ein aufgebrachter und enttäuschter Guide, weil Du auf sein äußerst preisgünstiges Angebot nicht eingegangen bist – oh, ich vermittelte ihm durchaus und überdeutlich, dass bei mir bis zum Ende aller Tage nichts zu holen sei. Trotzdem war er beleidigt.

Andere Welt

Kurz darauf wirst Du von zwei herzlichen Studenten auf einen Kaffee aus frisch gerösteten Bohnen eingeladen, der sich in der Folge zu einem ordentlichen Mittagessen auswuchs.

Schizophren. In der einen Straße taxieren sie Dich mit abschätzigen Blicken, die mitunter fast angriffslustig oder gar bösartig wirken. Schwer zu sagen, ob sie Dir am liebsten gleich an die Kehle wollen oder einfach nur verunsichert sind.

Biegst Du in eine andere Gasse ein, lacht Dir jeder mit offenen Augen zu, begrüßt Dich, fragt, wie’s Dir geht und ob auch eh alles in Ordnung sei, weil Du um Himmels willen zu Fuß unterwegs bist bei der sengenden Hitze.

Sequenz

Selbst das „Hellooo! Moneymoney!“ wirkte verspielt und kam mit einem Augenzwinkern, einem schelmischen Glitzern in den tiefschwarzen Glubschern.
Ein paar Jungs fragten mich etwas Unverständliches auf Amharisch, und ich entgegnete mit „Algabanim“, sorry, das habe ich nicht verstanden: „Amharic no.“ Ihre Retoure: „Amharic no… moneyyy…. yes?“ – „No.“

Nicht nur sie und ich, sondern auch ein paar Passanten, die unsere rudimentäre Unterhaltung mitangehört hatten, mussten über diese spontane Sequenz herzhaft und schallend lachen.
So einfach und unverblümt kann Liebe entstehen.

Hoods

Im einen Moment schenkt Dir ein Mädchen einen unsterblichen Blick, im anderen wird man von einem recht sterblichen Betrunkenen schwach von der Seite angemacht.
Obwohl, das könnte auch eine ausgefuchste Strategie der ganzen Nachbarschaft gewesen sein, um mich in ihr Fischrestaurant zu locken.

Erst fragten mich nämlich zwei ältere Damen, ob ich denn nicht am liebsten Fisch zum Abendessen möchte, als ich mich eher pauschal nach einem Restaurant erkundigte. Hm. Why not? Kaum bog ich um die angezeigte Ecke, stand auf einmal er da, taumelnd und derangiert.

Stadtgebiet

Um seinem Blick zu entgehen, der gebrochen schien und zu lange zu viele Dinge bereits in den Kerkerdimensionen gesehen hatte – Dinge, im Vergleich zu denen das Böse auf der „Event Horizon langsam die Knie an den Körper zieht, sie zitternd umfängt und dabei leise zu weinen beginnt. Um diesem Blick also zu entgehen, musste ich mich quasi in besagtes Restaurant abdrängen lassen.

Hier Stadt, dazwischen wieder nix, als ob sie sich nicht entscheiden konnten, ob sie jetzt zusammenleben wollten oder nicht: „Den Leuten drüben im Sumpfdotterweg kann man nicht trauen, ich habe es schon immer gesagt!“
Schizophren.

Gastgeberin

Da könnte ich auch wieder sagen: „Na, das passt doch ganz vorzüglich, schließlich bin ich selber auch gespalten und nicht wenig stolz darauf.“ Ja, mehr noch, denn an dieser Stelle muss ich rüde widersprechen! – Pah. Als ob ich mich mit nur zwei Persönlichkeiten begnügen würde, meine Herrschaften, das erscheint uns lächerlich geradezu. Nicht wahr, Willikins?

In diesem gigantischen, famosen und hochkomplexen Gehirn ist doch allemal locker Platz für einen ausgewachsenen russischen Salonabend!
Eigentlich bräuchte ich in meinem Oberstübchen so eine überschwängliche und leidenschaftliche Gastgeberin, die sich um alle kümmert und sich für alles interessiert, und deren Herz brennt wie ein Neutronenstern; nur um ihren galanten Schützlingen einen schöne Zeit zu bereiten.

Ernte

Sie ist überall und zugleich nirgends. So eine fällt nur dann in Ohnmacht, wenn es die Umstände taktisch erfordern. Lest „Der Idiot von Dostojewski, dann bekommt Ihr ein besseres Bild.

Hupende Auto- und bajaj-Corsos mit Menschen, die aus Seitenfenstern hingen und im Rhythmus der blärenden Musik mit ihren Händen gegen die Karosserie donnerten, pflügten die Hauptstraße entlang. Nach Timkat beginnt sogleich die Heiratssaison, welche auch die Zeit der Ernte ist.

Panorama

Ab und zu, kaum wahrnehmbar im allgemeinen Treiben, kam ein Jeep daher mit getönten Scheiben, hinter denen sich bleiche und schemenhafte Gesichter verbargen: die Package-Touristen auf ihrem Weg zum Resort oder ihrer Lodge mit Panorama-Blick auf die Seen und ins Himmelreich.

In Freilandhaltung gab es die dort allem Anschein nach nicht, kein Wunder, die waren so blass. Wenn die immer in ihrem Vehikel sitzen, kommen sie ja nie an die Sonne! Aber dazu später mehr.
Dabei ist dieses Land einfach zu schön! Selbst Müllhalden und Schrottplätzen schien eine gewisse perfide Ästhetik innezuwohnen.
Perfide Ästhetik… arschgeil.

Ästhetik

Sumpfdotterweg

 

 

 

 

 

 

Umringt

High Noon

Rush Hour

 

Zwillinge

Hauptstraße

Schwer zu fassen

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