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Kreuzzug

Aus diesem Grunde machte ich mich Tags darauf auf in die Stadt zum Shopping, flankiert und heckengeschützt durch meine treuen Kameraden, um eine -seufz- neue Digicam zu kaufen.

In etwa zehn Läden fanden wir genau vier Exemplare, allesamt vom gleichen Modell und sogar in der gleichen Farbe. – Stimmt nicht! Eine war silbern. Aber sollte ich erwähnen, dass es sich trotzdem auch um eine Sony handelte?
Lieber nicht.

Shoppen

Das macht schon Sinn, denn wer kauft schon extra einen Fotoapparat, wenn jedes halbwegs anständige Fon über eine ansehnliche Fotofunktion verfügt?
Und für das, was das Mitleid erregende Ding konnte, war es mir eigentlich viel zu teuer.

Aber wenn ich eine andere Marke hätte haben wollen, so hätte man die Digicam in Addis Abeba bestellen und nach Awassa liefern müssen. Mei, im Grunde hatte ich Zeit. Für diesen Fall musste ich mich jedoch zudem vorab informieren, was ich denn genau will und wie das Modell heißt.

Einzigartig

Meine diesbezüglichen Recherchen trugen nur einige wenige Früchte, aber das war auch egal, weil die einzigen anderen Kameras, die auf diesem Wege augenscheinlich erhältlich waren, waren zwei Nikons für umgerechnet 600 bis 700 Euro.

Nein, danke. Vielleicht hatten sie auch einfach keinen Bock auf die Action, kann schon sein. Schweren Herzens begab ich mich denn zum ATM und hob das notwendige Bündel Cash ab, um diese schwindsüchtige Sony in Silber zu kaufen. Zumindest dahingehend war sie einzigartig.

Umdrehen

Jesses, sogar mein alter Knochen hatte einen besseren optischen Zoom als dieses bessere Spielzeug mit Grauem Star. Das war im übrigen das einzige, was mir im Prinzip an einer neuen Kamera wichtig war. Ich drehte mich um, um mich zu vergewissern, dass Murphy uns nicht gefolgt war.

Bei dem Schlawiner weiß man nie; wahrscheinlich stand er grad um die Ecke und verputzte kichernd ein paar Sambusas.
(Ja, das sind wirklich die Pendants zu den indischen Samosas, diese dreieckigen Teigtaschen, gefüllt mit Linsen oder Kartoffeln und hoffentlich in Öl frittiert, das weniger als eine Woche alt ist.)

Reiz

Wenigstens ist sie schön handlich und verdoppelt mithin meine Akku-Kapazitäten.
Bei einem weiteren Spaziergang entlang der beschaulichen Uferpromenade probierte ich sie ungeduldig aus und unterzog sie einer Feuertaufe, denn die vielgestaltigen bunten Vögel, die Fischer, die im hellgrünen Schilf ihrem Tagewerk nachgingen und die bleichen, fernen Berge sorgten für allerlei optischen Reiz.

Das Gute an Awassa ist, dass es etwa mitten in der Stadt einen kleinen Hügel gibt, wo man hochkraxeln kann, um sich mal in Ruhe umzuschauen, wo man eigentlich ist. Eigentlich sollte jeder Ort über eine Erhebung verfügen, damit man ein Bild bekommt von dem menschlichen Termitenbau, in dem man tagtäglich blind herumwuselt.

Awassa

Elvis und ich sind einmal da hoch gewandert, von dem aus man wirklich eine schöne Aussicht auf Awassa, den See und der vagen, diesigen Umgebung hatte. Nur verlor sich auch da mein Blick in der Ferne, da sämtliche Farben in einem weißlich grauen Staubnebel verschwanden. Der Aufstieg dauerte fast fünfzehn Minuten, gar nicht so schlecht.

Von da oben sah die Stadt tatsächlich besonders grün aus. Ich mag es, wenn die Gebäude fast vollends unter einem grünen Teppich verschwinden und kaum Anzeichen eines zivilisatorischen Doppelblindversuchs ausmachen sind.

Bergpredigt

Viele Leute predigten dort. Mehr noch, es wurden ausgewachsene Gottesdienste Im Freien abgehalten, was mich durch die Exotik in der Sprache der Priester und den vielstimmigen Antworten der Jünger an Geschichten wie die Bergpredigt in der Bibel erinnerten.
…Oder an „Das Leben des Brian“.

Obwohl oder vielleicht eher weil die Mehrheit der Leute in Äthiopien orthodoxe Christen sind, handelte es ich dort vor allem um frei laufende Protestanten. Ich fragte Elvis, ob die Armen etwa keine Kirche hätten, wo sie sich verstecken konnten, aber er meinte, nein, daran läge es nicht, Kirchen gäb’s genug.
Hm, naja vielleicht stehen sie einfach drauf.

Orthodox protestantisch

…Was wohl passiert wäre, wenn ich mir einfach meinen Sarong um die Schulter geworfen hätte, meine Haare in ihrer vollen Pracht entfesselt und mit zum Segen erhobenen Händen dort auf und ab marschiert wäre?
Man hat nicht oft die Gelegenheit, eine neue religiöse Splittergruppe zu gründen.

Aber das ist müßig. Lieber stiegen wir herab von Golgatha und verzehrten auf dem Heimweg in unseren Garten ein vorzügliches Mahl in einer winzigen Straßenklitsche, nicht viel mehr als ein Verschlag aus Stroh, Bambus und allem Möglichem, was man so auf der Straße findet.

Liebevoll

Aber liebevoll mit einigen Pflanzen dekoriert und mit Tüchern lauschig verhangen, damit die Abgase nicht bei jedem Bissen den Geschmack meines herrlichen „tekabino“ (wie schero, nur dicker in der Konsistenz, ähnlich wie Püree) verdarben.

Also. Ein bisschen was tat sich schon in dem Brutofen, der nach Süden hin nur noch schlimmer wurde. Dorthin nämlich führte mich mein Weg. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass mir dort jemand über die Leber lief, dem ich auf Reisen lange nicht mehr begegnet bin.

Weiterrr…

Das war der liebe Herr Angst. All die Berichte von Diebstählen und dass man gewisse Gegenden des Nachts besser meiden soll, selbst in einer so verschlafenen Kleinstadt wie Awassa, ließen mich ein ums andere Mal zögern. In solchen Momenten hätte ich mich am liebsten zwei Monate lang im Circle of Life eingenistet oder wäre wieder in Happy’s schützende Aura eingetaucht.

Wenig Angriffsfläche

Aber es gibt kein Zurück. Und Stagnation fühlt sich noch ekelhafter an als die lähmende, brennende Furcht vor dem, was da kommen mag.
Nein, es geht nur voran und weiterrrr in den Sonnenuntergang wie einst Lucky Luke, der einsame Cowboy.

Außerdem wiederholten sich Dario’s und Elvis’ Platten langsam, nochmal umdrehen bringt nichts. Ich mein, hallo? Wer soviel redet, dem müssen ja irgendwann die Geschichten ausgehen: „Hm, probieren wir die A-Seite nochmal, vielleicht liegt das letzte Mal lang genug zurück, dass sich keiner mehr daran erinnern kann?“

Mauern

Nein, herzlichen Dank. So langsam drifteten unsere Ansichten über gewisse Dinge auch immer mehr auseinander. Meist hörte ich nur gleichmütig zu, doch das eine oder andere Mal ließ ich den Hauch einer Gegenrede erahnen, schön smooth und ohne viel Angriffsfläche für beleidigte Leberwürste.

Zu spät

Vielleicht war es auch nur die Idee, der Samen eines Gedankens, den ich heimlich in ihre Köpfe pflanzen wollte, ähnlich wie Leo DiCaprio in „Inception“. Deswegen glaube ich nicht, dass das denen überhaupt aufgefallen wäre. Das war mir auch recht, schließĺich wollte ich nur an ihr Unterbewusstsein ran. Dafür reichte es allemal.

Ach Schmarrn, in Wirklichkeit war ich nur viel zu faul für eine ausgewachsene Diskussion. Wie könnte es auch anders sein, wenn ich den bekloppten Versuch unternehmen wollte, Mauern aus Granit, gehärtet in den blutheißen Feuern der Ego-Schmiede, mit bloßen Händen zum Einsturz zu bringen?

So brachte mich der arme Robel in aller Herrgottsfrüh um fünf Uhr morgens zum Busterminal, wo schon der Hobel tuckernd bereit stand, der mich nach Arba Minch bringen sollte.

Das ist auch so eine Eigenheit in diesem Land. Die meisten öffentlichen Busse, vor allem die Langstrecken-Eumel, fahren nur einmal am Tag, und zwar zwischen Vier und Sechs, wo kaum ein Hahn kräht, damit man noch vor Dunkelwerden ankommt.
Eigentlich gar nicht so dumm, aber ganz ehrlich – das ist doch scheiße.

 

Lauschig

Schlabben

 

 

 

 

 

 

In den Sonnenuntergang

Hügel

Grün

 

 

 

 

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