Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Von der Schönheit…
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Es war also gar nicht leicht, das urgemütliche Bulawayo zu verlassen… aber nach einigen tiefen Atemzügen sowie einem letzten Espresso im Art Gallery Café machten wir uns frischauf zum Bahnhof.
Ha! Ja. Meine erste Zugfahrt in Afrika!
Arnold und ich waren mächtig gespannt auf die Reise. Doch keiner von uns vermochte sich auch nur in Ansätzen auszumalen, welch liebreizender Luxus uns dort erwarten sollte. Denn wir hatten Tickets für ein Zweier-Abteil ergattert und waren somit für uns allein.
Unsere fahrbare Suite verfügbare über einen ausklappbaren Tisch, einen Spiegel und sogar ein kleines Waschbecken, das ebenfalls mit einem Klappmechanismus versehen war. Zum beschaulichen Zeitvertreib während der langen Nachtstunden waren auf der Unterseite des oberen Stockbettes kitschige Landschaftsbilder und noch ein Spiegel eingelassen.
Alte britische Wertarbeit, liebevoll gestaltet, versetzte uns zurück in die romantische Nostalgie des frühen 20. Jahrhunderts. Wir kicherten wie kleine Schulkinder, während wir mit all den kleinen Gimmicks herumspielten.
Zuerst fand ich es etwas schade, bei Dunkelheit abzufahren, da ich gehofft hatte, mir die abendliche Landschaft noch ein wenig vor die Linse zu knüpfen. Doch diese Tatsache sollte sich schnell als unser größter Vorteil herausstellen.
Schon bald nachdem wir die Lichter der Stadt hinter uns gelassen hatten, entfaltete sich nämlich über unseren Köpfen der prachtvollste Sternenhimmel, den ich je gesehen hatte. Nur schade, dass meine Kamera für dieses Spektakel blind war.
In der abklingenden Hitze der Subtropen wirkte ein geöffnetes Zugfenster selbst bei voller Fahrt lediglich wie eine leichte und angenehm kühlende Brise. So saßen wir da, versonnen grinsend, mit ausgestreckten Beinen und einem kühlen Bier in Händen und betrachteten das stille Nachtwunder weit außerhalb unseres kleinen Reiches.
Dreimal dürft Ihr raten, welche Musik uns dazu begleitete.
Immer wieder lehnten wir uns todesverachtend aus dem Fenster, da wir nicht genug kriegen konnten vom funkelnden Schwarz.
(Für meine Oma: WIR waren natürlich keine so leichtsinnigen Spitzbuben, sondern wir haben den… Oh.)
Wenn es mir je zu erleben vergönnt gewesen war, wie das gesamte Universum in klingender Harmonie ineinander griff, so war es in jenem einzigartigen Moment. Und ich war wild dazu entschlossen, ihn hinaus bis in die Ewigkeit zu dehnen, solange ich meine Augen nur offen halten konnte.
Noch als wir uns zum Schlafen hingelegt hatten, schaute ich auf dem Rücken liegend lange Zeit nach draußen und war in meiner Seele froh.
Den Höhepunkt hatten wir damit wohl überschritten, aber die Fahrt war noch lange nicht zu Ende.
Auch unser eigener Stern wollte nun zeigen, was er konnte, und so erwartete uns am nächsten Morgen ein flammender Sonnenaufgang, wie er in keinem Buche steht!
Das war lustig und gar nicht so leicht, denn zu dem Zeitpunkt fuhren wir fast genau nach Westen, was bedeutete, dass die Sonne ziemlich exakt in unserem Rücken aufging.
Je nachdem wie der Zug schwenkte, sprang ich freilich wie ein panisches, kopfloses Huhn von einer Seite auf die andere, um die besten Schnappschüsse vom Fenster zu picken. – Es ist nicht leicht, ein Freak zu sein. Aber, es macht höllisch Spaß.
Wenig später durchfuhren wir im goldenen Morgenlicht die schönen Ebenen des „Hwange Nationalparks“, bevor wir endlich in Vic Falls einfuhren.
So erspähten wir schon einige Giraffen, den einen oder anderen Elefanten sowie die allgegenwärtigen Pavian-Horden, ohne eine einzige Tour gebucht zu haben.
Mit Granit behauener Sicherheit war diese Nachtfahrt eines der denkwürdigsten Ereignisse meiner bisherigen Reise gewesen, das, ich merke es bereits, einfach nicht in seiner vollen Tragweite erzählt und gewürdigt werden kann. Zumindest und immerhin wollte ich dieser vergleichsweise kurzen Episode ein eigenes Kapitel widmen.
Gewährt mir einen letzten, klaghaften Versuch:
Es war einfach sagenhaft und so wunder, wunderschön. Vollkommen ahnungslos wurde ich in ein Fass geworfen, das bis über den Rand angefüllt war mit reinem, goldenen Glück. Diese Fahrt wird mir für immer ins Gedächtnis eingebrannt bleiben.
…Und das muss sie auch, denn alles andere bliebe nicht haften an jenem mysteriös porösen Gebilde, von dem der Putz bröckelt wie von einem altertümlichen Fachwerkhaus. – Ohne ist es sowieso viel schöner.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht