Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Dunkle Gedanken…
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Aber als ich dort ankam, umgarnte mich sieben Meter unter dem Meeresspiegel bei säuselnden Temperaturen ein fast tropischer Windhauch, der die um mich stehenden Palmen verspielt und leise rascheln ließ, und ich atmete so befreit auf wie gefühlt schon lange nicht mehr auf dieser Reise.
Einen Tag vor dem angeblichen Neujahrsspektakel waren durchaus einige Leute in der Stadt, aber es handelte sich bei weitem nicht um die geschminkte und geschniegelte Sintflut, von der bis dahin meine lokalen Ratgeber in schillernden Farben berichtet hatten.
Im Gegenteil, ich wurde etwas ansichtig, was für immer aus meinem zerfransten Gedächtnis gelöscht worden zu sein schien (…Jesses): einer Fußgängerzone.
…Versteht Ihr das? — Ein- eine verkehrsberuhigtes Areal mitten im blärenden, hupenden und röhrenden Hexenkessel dieses überhitzten und Polka tanzenden Verbrennungsmotors eines Landes!
Das ist wie, wenn man sich ein einsam schlotterndes Streichholz auf Pluto vorstellt, wie ein Eiszapfen, der dampfend sein Leben aushaucht in der Gluthölle der Sonne!
Es ist wie ein verängstigter Funken Verstand im verklobten und verhärteten Gehirnkerker eines Faschisten.
Es war sogar so warm, das ich juchzend wie ein zugeballerter Hippie all meine Winterklamotten in weitem Bogen von mir warf und gleich dem Vakuum des leeren (?) Raums die verführerisch schmeichelnde Atmosphäre am „Meydune Shohada“ gierig in mich hineinschlang.
Es war ein ähnlich verwirrendes Gefühl, in die Fremde heimzukommen wie vor einem scheinbaren Lebensalter, damals in Allahmabad.
Die Gebäude in den Seitenstraßen hier wirkten ähnlich schäbig und abgeranzt wie in Indonesien, das mich mehr geprägt zu haben scheint, als mir bisher bewusst war.
Apokalyptisch dunkel und bedrohlich wirkende Regenwolken, gemeinhin ihrer Erlösung beraubt, wogten zornig am Firmament und verleihten der Szenerie ein unheimlich schönes Licht.
Alles hier sang ein wehklagendes Lied vergangener und verlebter Erfahrungen, das sich ähnlich dem Wetter in meinem Bauch zu einem klebrigen Grießbrei mit Zimt aus Oma’s altgedienter Küche zusammenschmotzte.
Und noch etwas erblickte ich bereits auf der Fahrt in dieses geile Kaff, was mir in all der Zeit bisher noch nicht untergekommen war: Wälder.
Keine vereinzelten Sträucher und Bäume, sondern ausgedehnte, dicht bestandene Wälder, die das Flachland und das angrenzende Alborz-Vorland wie einen atmenden Teppich bedeckten.
„A sight for a sore eye…!“ (frei nach Mr. Gibbs, Erster Maat der Black Pearl)
Am nächsten Morgen jedoch sammelte ich die Wintersachen geschwind wieder ein, denn es war wieder novembriges Regenwetter angesagt. Mit einem kleinen Stück Kandiszuckerl kommt hierzulande stets die hallende, knallende Peitsche.
Damit muss man in dieser Region nach sieben Wochen Iran im Vollwaschgang nämlich auch erst einmal klar kommen. Grau bedeckte Himmel und langanhaltende Regenfälle, welche die Feuchtigkeit des Kaspischen Meeres nur wenige Kilometer vor der massiven Wand der Berge auch schon wieder ausschütten.
Die dünne Küstenregion verfügt mit Längen Abstand über die höchste Wassersäule im ganzen Land und stellt nicht umsonst die Reis- und Teekammer Irans dar. Dementsprechend quillt der hiesige Markt über von kleineren Gebirgen aus Oliven, Fischen, Nüssen, allerhand Gemüse und hhhh…Obst.
Ich habe Erdbeeren gesehen.
Ein verhältnismäßig beschaulicher Ort zum Verschnaufen. Endlich konnte ich das tun, was mir allenthalben so sehr gefällt und bisher kaum Gelegenheit zu hatte: ziellos und gedankenverloren in den fotogenen Sträßchen und Gassen umherzuschweifen und den Leuten in ihrem Alltag zuzuschaun.
Und es gab dort ein Café, das einem Weltreisenden gehörte, aber der war eher so hardcore über mehrere Jahre unterwegs inklusive Gelegenheitsjobs etc. Jener Rucksack-Extremist roch bei meinem Anblick also gleich Lunte und fragte mich nach fünf Minuten gleich, ob ich denn Osho kenne. „Loogo Oida, der Osho und ich sind so digge!“
Meine Tagesabläufe waren demnach gesichert. Der Schaum auf dem Cappucchino war zwar nur mit dem Dritten Auge erkennbar, aber das Gesöff war braun und roch nach Bohnen, also alles shiny.
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(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht