Zu schnell? Einmal zurückblättern, sehr gern: Verlorene Welten…
———————————————–
Oder: Was ist geiler? Diamanten oder Fußball?
Nach der kleinen Stippvisite am Mweru-See setzte ich meine Reise nach Norden fort. Als erstes kam ich nach Mununga, wo ich umsteigen sollte. Sambia bestritt an jenem Tag aber seines erstes Match im AFCON, der afrikanischen Fußball-Meisterschaft, gegen Äthiopien. Aus Fahrgastmangel fuhr der Bus demnach nicht, und ich musste widerstrebend auf ein teures Taxi ausweichen.
Immer weiter drang ich in das Hinterland von Sambia vor, was wiederum bedeutete, dass die Straßen stetig schlechter, Englischkenntnisse nach und nach lückenhafter und das Staunen in den Gesichtern der Locals immer größer wurde. Mit anderen Worten, ich kam wieder einmal in den Genuss von holterdipolter Organschaukeln, nicht unähnlich einer Fahrt mit der „Wilden Maus“ auf der Wiesn.
Mein Reiseführer beschrieb die Pisten in der Gegend als „schlecht bis sehr schlecht“, aber ich darf mit Demut an dieser Stelle sagen, dass mir, der ich sogar die berüchtigten Bergstraßen Nepals mehr oder eher minder überlebt hatte, die Fahrerei dort oben kaum ein müdes, wenn auch vorsichtiges, Gähnen entlockte.
Also. Es war schon so, dass es nicht ganz ungefährlich war, einen Apf-el – zu – ess-n.
…Okee ja, ich hab’s getan. Und jaaa, mir geht es schon viel besser, herzlichen Dank. Und jetzt haltet das Maul. Ich kann das Zeug trotzdem nicht leiden.
Wenn Ihr also ein leichtes Ziehen in der Milzgegend verspüren solltet, so macht Euch keine Sorgen. Es kann sich lediglich um die Umkehr allen Seins handeln. Halb so schlimm, am besten sitzt Ihr die Chose einfach aus. …Und in Zukunft beim Abbiegen auf der Straße vielleicht etwas mehr auf der Hut sein als sonst.
A propos auf der Hut. Unser Fahrer war trotz der relativ langatmigen Ereignislosigkeit während der Fahrt ganz schön auf Zack, denn diese wurde unversehens unterbrochen. In einiger Entfernung vor uns kam auf der Straße mit einem Mal Bewegung ins Spiel. Personen sprangen wild gestikulierend hin und her, während sie versuchten, einen langen Baumstamm quer über die Straße zu legen.
Ich brauchte einen Moment, bis ich endlich begriff, was dort soeben geschehen wollte.
Die wollten uns den Weg versperren! Eine Barrikade sollte schnell errichtet werden, um in der Folge die Insassen unseres überladenen Karren ganz altmodisch und bescheiden um ein paar Kreuzer Wegzoll anzugehen.
Die spitzen Landwirtschaftsgeräte hatten sie wohl nur zufällig dabei.
Aber nicht mit unserem formidablen Kutscher! Geistesgegenwärtig riss er das Lenkrad herum, trat das Gaspedal durch, der Motor grollte und greinte in seiner Qual, und rechts vom Hindernis, halb im Straßengraben brach der Teufelskerl durch die wild auseinander spritzende Menschenmenge!
Mit einem derart tollkühnen Vorgehen hatten die armen Gauner beileibe nicht gerechnet. Im Rückspiegel konnte ich noch erkennen, wie sie hoch erhobene Fäuste schüttelten und drohend mit ihren behelfsmäßigen Waffen rasselten, hilflos in ihrem Zorn und ihrer Enttäuschung.
(Für meine Oma: Ich war natürlich NICHT Teil eines so leichtsinnigen und wagemutigen Unternehmens, sondern ich habe den Zug genommen.)
Die Landschaft änderte sich in der Tat nicht großartig. Sie war gezeichnet von leicht hügeliger Savanne, hohem saftigen Gras, Miombo-Wäldern, Bambusdörfern und glotzenden Augenpaaren. Nur etwas mehr Palmen gab es, je weiter ich nach Norden gelangte.
Am frühen Abend erreichte ich mein Tagesziel Kaputa. Die Straßen waren wie leer gefegt, eine schwangere, unheimliche Stille lastete auf den Dächern des Ortes. Das Spiel hatte begonnen.
Trotzdem wurde ich sofort von zwei Officern in Zivil zur Seite genommen und nach meinem Tun und Lastern befragt. Dafür kamen sie extra in meine süße Lodge marschiert und führten also aus:
„Yu know. Some people alrreaty called because dey are VERRY concerned. Dey say, there is a strrange guy! Wwhat is he up to?“
Da wusste ich, dass ich unumkehrbar im hintersten Outback gelandet war. Es verhielt sich nämlich so, dass nur etwa zehn Kilometer entfernt die Grenze zur politisch mh, eher „instabilen“ und aufgrund ihrer Diamantenvorkommen übel umkämpften Demokratischen Republik Kongo lag.
Aus dem gleichen Grund passierte ich auf der Weiterfahrt am nächsten Tag auch zwei Militärposten. Aber Du, sogar die Soldaten in dem Land waren imstande, ein quasi sympathisches Grinsen aufzusetzen und sich anständig mit den Leuten zu unterhalten. Wenn ich da an so manche Exemplare unserer lieben Pozelei denke… naja.
Sei’s wie’s will, die Officers baten mich deswegen, am Morgen doch bitteschön meinen Pass im Immigration Office her zu zeigen: „Dat is VERRY important, yu know.“
Haaaha! Zu dumm, dass ich meinen Dynamit-Baukasten aus dem Yps-Heft und etwa den Plan einer vielversprechenden Mine in Nchelenge hatte liegen lassen.
Kurz nach dem Anpfiff schaffte ich es an die Bar. Es gab ein wenig schmeichelhaftes 1:1 für den afrikanischen Meister gegen nur zehn Äthiopier.
Hatte ich erwähnt, dass das Busfahren in Sambia ganz in Ordnung ist?
Nun. Von Kaputa aus bis zu meinem nächsten Ziel Nsumbu am nunmehr dritten See durfte ich in einem Truck fahren, denn selbst hart gesottene Busse trauten sich da nicht mehr hin…
————————-
Bitte umblättern: The Bright Side…
(N)Euer Senf – mittelscharf, wenn’s geht